Scheiß auf Trap, das ist Mittelalter-Rap.
Etwa alle drei Jahre kündigt SSIO ein Album an. Dann lässt sich erneut das sonst kaum auftretende Phänomen beobachten, dass realkeepende Rucksackträger und gefährlich aussehende Gangsterrap-Fans zueinander finden. Doch was kommt nach "BB.U.M.SS.N." und "0,9"? Schafft es der dreibeinige Kanalreiniger, mit seinem doch recht simplen Konzept auch ein drittes Mal auf Albumlänge zu überzeugen?
Auf dem neuesten Langspieler "MESSIOS" geht es – wie von SSIO gewohnt – überwiegend um den Verkauf und Konsum von Drogen sowie den Umgang, den er mit Damen aus dem horizontalen Gewerbe pflegt. Ein weiteres Element, dem der Bonner jedoch einen großen Teil der Albumlänge widmet, ist das klare Positionieren gegen aktuelle Strömungen wie das übertriebene Ausschlachten von Afrotrap. So stellt er zum Beispiel fest, dass "Pietro Lombardi […] mehr nach Straße [klingt] als die Shisha Club-Playlist". Mit gewohnter Straßenrap-Härte, die stets mit einer Prise – oder gewaltigen Ladung – Humor um die Ecke kommt, will er den Hörer als "MESSIOS" davon erlösen. Dabei nimmt er auch gerne die eigenen Labelkollegen auf die Schippe. Konsequenterweise wird auf Rap-Features verzichtet, was das Album gegenüber seinen Vorgängern runder erscheinen lässt. Hervorzuheben sind auch die abwechslungsreichen Produktionen von unter anderem Reaf, die zusammen mit dem einzigartigen und doch variablen Flow des Tannenbuschers ein zeitgemäßes Soundbild ergeben, ohne sich dabei Trends anzubiedern.
SSIO weiß auf "MESSIOS" seine Stärken so auszuspielen, dass nicht der Eindruck entsteht, man würde dasselbe Album zum dritten Mal verkaufen wollen. Dem Rapper gelingt ein Spagat zwischen sprachlicher Härte, Lockerheit im Auftreten sowie stetiger Kritik an der Szene – und all das, ohne sich selbst dabei zu ernst zu nehmen.
(Michael Collins)