Ich mach' das nicht mehr so, als ob es richtig wär'.
Ich feuer' hart nach hinten, so als ob es wichtig wär'.
Degenhardt ist schon immer der Geheimtipp für Liebhaber des etwas anderen HipHops gewesen. Düstere Atmosphäre, nerdige Filmsamples und verkopfte Zeilen für die Missverstandenen der Gesellschaft. Nach zwei Jahren ohne Output drückt der Düsseldorfer nun aber auf Reset und fängt als Vandalismus quasi neu an. Ob das auch Auswirkungen auf die genannten Eigenheiten seiner Musik hat, wird sich mit der ersten Veröffentlichung unter diesem Namen zeigen. Vorhang auf für "Freunde lügen nicht".
Die Platte wird direkt mit einem Zitat aus "Misfits", einer britischen Serie über Außenseiter, eröffnet. Die Liebe zum Film wird also nach wie vor ausgelebt. Das zeigt sich nicht nur an den vielen weiteren Samples, die noch folgen, sondern für Stranger Things-Kenner bereits am Albumtitel. Trotz Namensänderung bleibt Vandalismus' Musik etwas für Nerds. Für die Misfits eben. Doch auf dem Album zeigt sich der Düsseldorfer auch von einer anderen Seite. Die vorher meist düstere, manchmal etwas kryptische Verarbeitung eigener Erlebnisse weicht hier mehr und mehr dem Battlerap. Es werden nicht explizit Namen genannt, aber dafür fallen Lines wie "Gundermann ist tot, weil du nur Scheiße erzählst." (Anm. d. Red.: verstorbener DDR-Musiker) Und das auf meist aggressiven Beats von Polybius² oder auch Silkersoft. Mal ballert der Bass aus den Boxen, mal rieselt ein Sample leise im Hintergrund vor sich hin. Hauptsache, die Atmosphäre ist bedrohlich. Das klingt alles nicht wirklich anders als die früheren Degenhardt-Releases. Doch "Freunde lügen nicht" wirkt weitaus strukturierter. Selbst die Hooks sind Ohrwurm-lastiger, als man es gewohnt ist und bei "She-Hulk" werden live sicherlich erhebliche Synergien zwischen Künstler und Crowd entstehen.
Nachdem er jahrelang in Selbstmitleid gebadet hat, gelingt es Vandalismus, einen musikalischen Sieg über die eigenen Probleme zu erringen. "Freunde lügen nicht" wird den einstigen Geheimtipp wohl auch außerhalb seines Fankreises zugänglich machen, was aber keinesfalls etwas Schlechtes ist. Denn seine Attitüde, hauptsächlich zu machen, worauf er selbst Bock hat, bleibt stets erhalten: Er schreibt "Texte nicht zum Texteschreiben", sondern für sich selbst.
(Lukas Päckert)