Ich hab' gedacht, du bist 'n Echter, Diggi – falsch gedacht.
Fick Rap, mein ganzes Team steht unter Tatverdacht.
Kalim hat man in den letzten Jahren möglicherweise als Signing von Xatar kennengelernt. Spätestens mit der Ohrwurm-Hook im Song "38" hat er sich aber einen festen Platz in einschlägigen Playlists und den Ohren von Straßenrap-Hörern zugelegt. Nach der Trennung von Alles oder Nix möchte der Hamburger nun mit "NULL AUF HUNDERT" seine Karriere beschleunigen.
Den klassischen Kalim-Sound machen Stakkato-artige Flowpatterns aus, auf denen von atmosphärischen Beats begleitete Straßenthemen behandelt werden. Auch auf "NULL AUF HUNDERT" verfolgt der Künstler wieder denselben Ansatz, dieses Mal jedoch stark versehen mit Trap-Elementen. So ist es zum Beispiel keine Überraschung, dass nach mehreren Songs mit Ufo361-gleichenden "Ja"-Adlibs auch das zugehörige Feature nicht auf sich warten lässt. Ebenso harmoniert der Gastbeitrag von Nimo sehr gut mit den Ideen, die Kalim auf seiner neuesten Platte präsentiert. Insbesondere die Kombination verschiedener Flows – seien es schnelle, hektische oder langsame, traplastige – trägt zu einem positiven Eindruck bei. Die Songs, die aufgrund Kalims authentischer Erzählweise auf düsteren Beats überzeugen können, finden sich jedoch vor allem auf der ersten Hälfte des Langspielers. Ab der Mitte von "NULL AUF HUNDERT" verfliegt der positive Eindruck wieder, da dort eher Monotonie im Vortrag herrscht und die Ausrichtung stark an Cloudrap erinnert. Bei "wohin du willst" hat man beispielsweise das Gefühl, dass es sich um einen reezy-Song mit Kalim-Feature handelt statt umgekehrt. So entsteht der Eindruck, der Künstler könne seiner eigenen Platte keinen persönlichen Stempel aufdrücken.
"NULL AUF HUNDERT" hätte ein gutes Album werden können. Es wird seinem Titel allerdings nicht ganz gerecht, da Kalim auf einem signifikanten Teil des zwölf Tracks umfassenden Projekts viel Potenzial verschwendet. Dieses ist jedoch klar vorhanden und wird auf einigen Songs gezeigt. Besinnt sich der Hamburger Rapper bei seinem nächsten Projekt auf seine Stärken, statt ganze Songs nach aktuellen Trends auszurichten, sollte er auch die letzten Zweifler überzeugen können.
(Michael Collins)