Verrückte Welt – jeder geht dahin, wo nur das Cash ist.
Jeder, der mich kennt, weiß, dass meine Geschichte echt ist.
Kianush kann die so oft beschriebene, im Straßenrap unbedingt notwendige Authentizität vorweisen. Schließlich ist er im Münsteraner Problembezirk Kinderhaus aufgewachsen und war drei Jahre lang im Knast. Auf seinem neuen Album "Safe" nimmt er immer wieder Bezug auf seine Vergangenheit. Die Frage, die sich nun allerdings aufdrängt, lautet: Hat die Platte auch mehr zu bieten, als einen authentischen Künstler?
Der Opener "Folg der Musik" lässt das zumindest hoffen. Harte und ehrliche Lyrics in Kombination mit einer rauen, kratzigen Stimme bringen den Hörer direkt dorthin, "wo die Hochhäuser Schatten werfen". Diese Stimmung wird auch im Track "Rückkehr" erzeugt. Kianush rechnet darauf mit den "Brüder[n]" von damals ab, die ihm "in den Rücken gefall'n" sind und "sich gegenseitig für den Erfolg fressen" würden. Im darauf folgenden Mittelteil feuert der Münsteraner dann allerdings die ganze Palette an Straßenrap-Inhalten ab, die man leider schon tausendfach gehört hat. So spricht er immer wieder über Geld, dicke Autos oder darüber, dass er es jetzt geschafft hat. Was thematisch an dieser Stelle auf der Strecke bleibt, kann er jedoch immer wieder mit seiner technischen Versiertheit kaschieren. Das betrifft vor allem seine Doubletime-Parts auf "Rollin" oder "Push". Musikalisch präsentiert sich Kianush hingegen experimentierfreudiger. Hier ist vor allem der Song "So Jung" zu nennen. Untermalt von einem radiotauglichen Beat lässt das Life-is-Pain-Member seine Kindheit Revue passieren. Das mag vielleicht bei Fans von Kianushs hartem Straßensound keinen großen Anklang finden. Dennoch könnte der Track zu einem echten Sommerhit avancieren.
"Safe" wird wahrscheinlich nicht als eine der bahnbrechendsten Straßenrap-Platten aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Ein gewisses Potenzial kann dem Album aber nicht abgesprochen werden. Gerade im Vergleich zu seinem vorherigen Release "Instinkt" hat sich Kianush definitiv weiterentwickelt. Er versteht sein Handwerk und schafft es immer wieder, den Hörer in seine Welt mitzunehmen. Aus diesem Grund kann man die eingangs gestellte Frage also durchaus mit einem "Ja" beantworten.
(Thomas Linder)