Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Soundcheck eine Hilfestellung bieten. Producern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Du bist als Produzent vor allem in den Staaten aktiv. Im Vergleich dazu: Bist du zufrieden damit, wie Produzenten in der Deutschrapszene wahrgenommen werden?
BoFaatBeatz: Eine ganz ehrliche Antwort: Ich glaube, ich werde in Deutschland überhaupt nicht wahrgenommen. Liegt natürlich daran, dass ich hier gar keine Veröffentlichungen hatte und kaum mit Deutschrappern gearbeitet habe. Ausnahmen sind ein paar lokale MCs. Dadurch habe ich auch gar keine wirkliche Meinung dazu, weil mir einfach die Erfahrungswerte fehlen. Ich hoffe, das ändert sich und dass der Boom bap-Beat-Aufschwung aus den USA hier rüberschwappt. Ich hätte großen Bock darauf, mit deutschen Rappern zu arbeiten.
MZEE.com: Wie ist das mit Producer-Alben wie deinem kürzlich erschienenen "Nothing but kung fu": Denkst du, dass solche Releases denselben Stellenwert haben sollten wie das Album eines Rappers?
BoFaatBeatz: Das wäre ein Traum und ist sicherlich nicht unmöglich. Aber ein Produzent steht halt nicht auf der Bühne und macht Konzerte – es sei denn, er ist auch noch DJ. Daher denke ich, gerade für Plattenlabels, dass MCs für Marketing besser geeignet sind. Bei Produzenten-Alben ist es letztendlich auch wichtig, wen sie auf ihren Alben featuren. Ich habe Ende April mein Album "Nothing but kung fu" über mein eigenes Label BoFaatMusic releast – erst mal nur in digitaler Form und als Limited Edition auf CD. Im August kommt ein zweites Album von mir raus, auf Vinyl durch Chopped Herring Records in England. Es gibt mittlerweile viele Produzenten-Alben und ich denke, der Markt wächst in dieser Richtung.
MZEE.com: Auf "Nothing but kung fu" werden ja bereits einige US-Künstler vertreten sein. Doch mal angenommen, du hättest die freie Wahl: Welchen Rapper würdest du unbedingt einmal auf einem deiner Beats hören wollen?
BoFaatBeatz: Die ersten drei, die mir einfallen, sind Nas, GZA und 38 Spesh. Aber auch Sean P und Prodigy – was ja leider nicht mehr möglich ist. Nas, weil "Illmatic" eines meiner Top Five HipHop-Alben ist und er es nie wieder so hinbekommen hat … Mit meinen Beats könnte man es vielleicht schaffen. (lacht) GZA ist für mich einer der besten MCs. Seine Stimme und Delivery sind einzigartig. 38 Spesh hat mich seit langer Zeit durch seinen Rap-Stil so richtig beeindruckt. Prodigy und Sean P sind für mich Vorbilder im Rap und ich habe beide nie getroffen. Aber was ich von Sean P gesehen habe – es gibt ja zig tausend Videos aus seinem Privatleben – kommt einfach so sympathisch rüber, dass man denkt, mit dem möchte man abhängen. (lacht) Mögen ihre Seelen in Frieden ruhen.
MZEE.com: Genug von Rappern geredet, konzentrieren wir uns mal auf deine Instrumentals. Wenn du nur einen deiner Beats hättest, um jemandem deine Musik zu präsentieren, welcher Beat wäre das?
BoFaatBeatz: Das ist eine sehr schwere Frage … Ich mache andauernd neue Beats, aber ich glaube, der Beat für den Track mit Taiyamo Denku und Big Shug, den ich neulich fertig gemacht hatte, ist da ziemlich nahe dran. Der ist sehr soulig und Big Shug hat das mit seinem Gesang noch auf ein höheres Level gebracht. Wusste selber nicht, dass er auch so gut singen kann. Aber ansonsten würde ich sagen, von meinem "Nothing but kung fu"-Album der Track "No Sleep" mit Cool from the Ave. Der hat so ein bisschen Mobb Deeps "Hell on earth"-Album-Feeling. Sehr minimalistisch und ein ziemlich düsteres Sample.
MZEE.com: Nach eigenen Angaben sind deine Beats "mariniert mit deiner HipHop-Erfahrung". Womit genau marinierst du denn deine Beats?
BoFaatBeatz: Ich benutze natürlich die Erfahrung aus 30 Jahren HipHop-Musik hören. Dazu habe ich viel mit der asiatischen Kultur zu tun, habe für Jahre in Hongkong und auf den Philippinen gelebt und dadurch ganz andere Musik kennengelernt, die ich auch sehr schätze. Und ich habe öfter davon gesamplet. Ich möchte mit meiner Musik zeitlos sein und dass sie neben dem ganzen modernen Trapzeug auch einen ernstzunehmenden Platz in der Musik generell hat. Eine andere Erfahrung, die meinen Beats sicherlich zugutekommt, ist, dass ich eigentlich selbst mal gerappt habe. Ich habe quasi von etwa 1990 bis 2003 selber als MC Musik gemacht und erst 2002 mit Beatbauen angefangen. Hatte aber auch eine längere Pause durch meinen Asien-Aufenthalt und habe erst 2014 wieder damit angefangen, Beats zu machen. Außerdem denke ich, dass meine Beats die Skills eines MCs noch besser rausbringen, da ich doch sehr minimalistisch arbeite und gerade die Rap-Parts nicht mit zu viel Geschnörkel zupacke.
(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
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