Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Mic Check eine Hilfestellung bieten. Rappern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Laut eigenen Angaben kommst du "aus der Kleinstadt mit all ihren gesellschaftlichen Fesseln und Paradigmen". Wie und wann bist du dort erstmals HipHop begegnet?
blizz: Unsere verkorkste Kleinstadt war in den 90ern und frühen 2000ern eine echte Adresse für Sprayer aus aller Welt. Und es gab Rapcrews wie SOD Suckers on Dope oder die SuderCrew, die dafür sorgten, dass Rap in der Stadt eine Plattform bekam, indem sie Jams veranstalteten. Samy Deluxe, Marius No. 1, Die Beginner, Dendemann – alle waren zu Besuch. Zumindest sagt das die Legende. (lacht) Ich kenne Storys nur aus Erzählungen und war selbst noch viel zu jung, um das Ganze aktiv mitzubekommen. Aber was ich damit sagen möchte, ist: Wächst du auf in dieser Stadt, ist dein Schicksal quasi besiegelt. Die ersten Kontakte waren schnell gemacht. Am Nachmittag skaten mit den Jungs und abends die erste Jam besucht, den Flash meines Lebens gehabt und mir still und heimlich gedacht: "Das, was die auf der Bühne machen, das will ich auch können." Und jetzt, über ein Jahrzehnt später, sind wir es, die dieses kulturelle Erbe antreten und HipHop in der Stadt am Leben halten.
MZEE.com: Du warst schon Support-Act für Namen wie Olli Banjo, Nico Suave und Moe Mitchell und hast auch bereits die "Snipes Jam Session by Out4Fame" gewonnen. Was war dein bisher schönstes, absurdestes oder einprägsamstes Erlebnis bei einem Live-Gig?
blizz: Auf unserer Releaseshow zum "Aus dem Fundus"-Mixtape hat sich ein guter Freund von uns auf der Bühne getraut, seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen – sie hat "Ja" gesagt! Mehr Worte braucht es nicht. Dieser Moment bleibt auf ewig unvergessen. (grinst)
MZEE.com: 2016 hast du "Aus dem Fundus" veröffentlicht, auf dessen Titeltrack du unter anderem davon sprichst, gerade wunschlos zu sein. Ist das wirklich so oder verfolgst du bestimmte Ziele mit deiner Musik?
blizz: In meinem kleinen Kosmos und im Rahmen der derzeitigen Möglichkeiten kann ich ehrlich behaupten, dass ich fast alles erreicht habe, was ich mir vornahm. Unser Projekt, unsere Crew – das alles war nie als 187-Level-Business geplant. Wir machen Musik für uns und die 5, 50 oder 500 Leute vor der Bühne. Wir setzen uns erreichbare Ziele und freuen uns über jede verkaufte CD, über jedes verkaufte Showticket und alle, die unsere Pullover tragen. Ein Wunsch blieb für mich aber tatsächlich bislang noch offen: Das kommende Mixtape "Symbiose" mit meinem Cousin und Freund CHIN. Aber da machen wir Ende Mai auch einen Haken hinter. (lacht)
MZEE.com: Nachdem wir gerade schon "Aus dem Fundus" erwähnt hatten und jetzt ja brandneue Musik von dir kommt: Welcher ist aktuell dein persönlicher Lieblingstrack von dir selbst?
blizz: "Glücklich" und "Kind sein", weil diese Songs sehr persönlich und im Live-Set einfach nicht wegzudenken sind. Aber meine absoluten Lieblinge befinden sich auf der kommenden Platte – dazu dann mehr nach dem Release.
MZEE.com: Laut Pressetext ist das mit CHIN kommende Mixtape "Symbiose" "eine Platte voller Emotionen, voll von Rap und Denkanstößen". Welche Denkanstöße möchtest du mit deinen Texten denn vermitteln?
blizz: "Symbiose" ist eine reine Rap-Platte ohne großen Schnick-Schnack, die in erster Linie darauf ausgelegt ist, live so richtig zu zünden. CHIN und ich sind, waren und werden immer Live-MCs sein. Und "Symbiose" meißelt genau das in Stein. Wer aber schon "Aus dem Fundus" gehört hat, weiß, dass "mitreißend" für uns nicht nur Auf-die-Fresse-Rap bedeutet. Ich versuche meinen Texten den Tiefgang zu geben, die der Song erfordert – und so hat man mitunter viel Platz für Interpretation, aber auch die Chance, sich selbst in den Zeilen zu finden. "Aus dem Fundus" ist ein Mixtape mit 23 Songs und vieles habe ich mir bereits dort von der Seele geschrieben. Beim Schreiben der Tracks für "Symbiose" war etwas mehr Leichtigkeit im Spiel, was mehr Raum für Reime und Flows schaffte. Inhalte und Denkanstöße gibt es aber trotzdem. Ein erster Vorgeschmack ist die Videosingle "Hallelujah".
Ein Exclusive von blizz & CHIN könnt Ihr Euch ab sofort auf dem YouTube-Channel von MZEE.com ansehen:
(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
Du bist der Meinung, Du oder jemand, den Du kennst, sollte sich unserem Mic Check unterziehen? Wir freuen uns über Bewerbungen oder Empfehlungen mit dem Betreff "Mic Check – *Künstlername*" an daniel@mzee.com.