Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Mic Check eine Hilfestellung bieten. Rappern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Auf Facebook hast du deinen Werdegang mal wie folgt beschrieben: "Zur Zeit der Old School geboren, in der Golden Era die True School besucht und in der New School hängengeblieben." – Aber wann und wie genau bist du HipHop erstmals begegnet?
Delano: Ich sollte mein Facebook mal aktualisieren. (lacht) Ich glaube, so ganz genau kann ich die Frage gar nicht beantworten … Ich hab' irgendwann in den 90ern mal ein "Criminal Minded"-Tape zugesteckt bekommen. Leute in meinem Umfeld fingen an, Rap zu pumpen, Graffiti zu sprühen und zu freestylen. Gefühlt kam da so eine Welle über mich, aber ich kann mich nicht wirklich an einen speziellen Schlüsselmoment erinnern.
MZEE.com: Du rappst nicht erst seit dem Release von "Niemals weniger" und hast beispielsweise vor zwei Jahren die Platte "Ich bin deutscher Rap" veröffentlicht. Welchen Track aus deiner gesamten bisherigen Diskographie würdest du als deinen persönlichen Favoriten bezeichnen?
Delano: "Ruhrpott". Weil er exakt das Lebensgefühl widerspiegelt, welches ich zu dieser Zeit hatte. Ich bin von Köln in den Pott gezogen, mir ging es nach langer Zeit endlich wieder gut und ich war monstermäßig motiviert.
MZEE.com: Gibt es auch ein Lied eines anderen Künstlers, das du selbst gerne geschrieben oder gerappt hättest?
Delano: Es gibt selbstverständlich ein paar Songs, die ich im Laufe der Jahre bahnbrechend krass fand, aber diesen Gedanken habe ich ehrlich gesagt noch nie gehabt.
MZEE.com: Du kritisiert auf Tracks wie deiner aktuellen Single "Kein Plastik" – zusammen mit DJ Stylewarz – die negativen Entwicklungen der Szene und auch das Fehlen von Inhalt und Botschaft bei vielen Künstlern heutzutage. Welche Message versuchst du mit deiner Musik zu vermitteln?
Delano: In erster Linie: "Macht euch gerade, gebt Liebe!" Ich finde es wichtig, dass man anderen Künstlern nicht einfach musikalisch nacheifert, sondern seinen eigenen Charakter in die Musik transportiert, um möglichst ein Alleinstellungsmerkmal – sowohl soundtechnisch als auch inhaltlich – herauszuarbeiten.
MZEE.com: Zum Schluss noch ein kleiner Blick in die Zukunft: Den Track "Stauder, Currywurst & Pommes" eröffnest du mit dem Satz "Nie wieder niemand sein – ich arbeite daran". Würdest du das als dein generelles Ziel in Sachen Rap bezeichnen oder hast du viel konkretere Pläne, wohin es mit deiner Musik gehen soll?
Delano: Ich eröffne den zweiten Verse übrigens mit "Nie wieder niemand sein, niemand war ich niemals". Ich denke, in erster Linie geht es mir darum, mich selbst zu verwirklichen und alles zu geben in dem, was ich liebe – und das ist die Musik schon immer gewesen. Ich hatte im Laufe der Jahre mehrere Anläufe, die aus diversen Gründen gescheitert sind und eigentlich hatte ich das Thema Rap schon 2012 oder 2013 fast für mich abgeschlossen. Einen Tag bevor mein Dad 2015 verstarb, hatte ich jedoch noch ein sehr intensives Gespräch mit ihm, in dem er sagte: "Du machst gefühlt schon immer Musik – das zieht sich wie ein konstanter roter Faden durch dein Leben. Du liebst das und hast es schon immer geliebt. Wenn du es nicht noch einmal ernsthaft versuchst, dann wirst du möglicherweise irgendwann an den Punkt kommen, wo du dich fragen wirst: 'Was wäre gewesen, wenn ich es noch mal probiert hätte?'" Mein Vater hat mir eigentlich immer vermittelt, dass man seine Träume nicht verlieren sollte. Ich hab' mich dann ungefähr ein Jahr nach diesem wirklich nachhaltigen Gespräch dazu entschieden, dass ich für mein Leben keine großartig bedeutungsvollen, offenen Fragen haben will. Also änderte ich ein paar grundlegende Dinge, zog in den Pott und hing mich so richtig in die Musik rein. Da ja aller Anfang bekanntlich schwer ist, wir mit den Jungs alles komplett selbst machen, hat das natürlich immer wieder 'ne Menge Baustellen auf den Plan gerufen. Die mussten wir erst mal beseitigen, um zu lernen, wie man es besser machen kann. Um die Frage letztendlich noch konkreter zu beantworten: (lacht) Ich liebe, was ich tue, hänge mich voll rein und will mir in erster Linie selbst beweisen, dass mein ganzer Lebensweg, welcher auch klar von Musik beeinflusst navigiert wurde, genau so sein sollte. Ich möchte damit so weit kommen, wie es mir möglich ist. Auch wenn ich zufrieden und dankbar für die Liebe bin, die ich jetzt schon dafür erhalte, bin ich hungriger und motivierter als jemals zuvor. Ich bin gespannt, wohin mich diese Reise noch führen wird. Endlich mal ein bisschen Respekt für meine Kunst zu ernten und meinen regulären Job um 50 Prozent reduzieren zu können, wäre auch ganz cool. (lacht) Ich bin wirklich jedem dankbar, der uns unterstützt und unsere Vision weiter nach außen trägt. Liebe für die Mannschaft.
Ein Exclusive von Delano könnt Ihr Euch ab sofort auf dem YouTube-Channel von MZEE.com ansehen:
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(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
(Fotos von David Knallpeng und Claudio Cuccu)
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