Mein Lehrer hat gesagt: 'Yasmin, niemand wird dich bitten.'
Also bin ich eher ungefragt gekommen, um zu spitten.
2017 bereitete ich mal ein Interview mit Yasmo vor. Dabei wirft man zunächst eigentlich alles zusammen, was einem spontan einfällt, um einen sinnvollen Fragenkatalog aufzubauen. Damals kamen allerdings erst mal nur Fragen zu Stande, die sich auf Yasmo als weibliche Künstlerin bezogen. "Wie siehst du das als Frau in der Szene?" und Ähnliches. Deshalb verwarf ich diesen Ansatz sofort wieder und begann von vorn – ohne Geschlechterbezug. Das Interview hat sich (aus anderen Gründen) leider nie ergeben – war vielleicht aber auch ganz gut so. Andernfalls hätte ich mich eventuell auf dem neuen Album "Prekariat und Karat" wiedergefunden …
Denn genau dieses Vorgehen prangert Yasmo hier ohne Umschweife an. Journalisten, die sie auf ihr Geschlecht reduzieren, kriegen sogar direkt einen ganzen Track gewidmet. Und damit wären wir nur beim ersten Punkt einer langen Liste von Dingen, die die Künstlerin stören. Auch "Popsong[s]" samt ihrer Banalität, unangebrachte Selbstzweifel und das Bedürfnis von Männern, Frauen ungefragt erklären zu wollen, was sie zu tun und zu lassen haben, werden kritisiert. Untermalt wird das Ganze vom jazzigen Sound der Klangkantine, der teilweise so erfrischend spontan anmutet, dass man meinen könnte, er wäre on-the-fly eingespielt worden. Dies verbindet sich großartig mit Yasmos vielleicht ungewöhnlichem, weil vorwiegend gesprochenem, aber gerade deshalb so pointierten Flow. Ihre Vortragsweise ist dabei in erster Linie der Aussage ihrer Texte zuträglich. Kombiniert mit einer ordentlichen Prise Wiener Schmäh klingt das Gesamtbild trotz all der positiven Vibes dann schon fast nach Battlerap. Und keine Form von Battlerap dürfte unterstützenswerter sein als die gegen gesellschaftliche Klischees und Alltagssexismus.
"Prekariat und Karat" beweist erneut, dass Yasmo eine großartige, komplett eigene Künstlerin ist, die sowohl textlich als auch im Zusammenspiel mit der Klangkantine absolut heraussticht. Das Ergebnis ist so individuell und verspielt, in einem Interview mit ihr müssten so viele Fragen auftauchen, dass gar keine Zeit wäre, auch nur eine einzige auf ihr Geschlecht zu beziehen. Gut so.
(Daniel Fersch)