Seinen Weg gehen macht nur dann Sinn, wenn man auch ein Ziel hat.
Vor vier langen Jahren war Döll noch weit entfernt vom Jetzt. Er veröffentlichte seine EP, tauchte unter und zeigte sich nur kurzzeitig zusammen mit Mädness auf der "Ich und mein Bruder"-LP. Danach wurde es plötzlich wieder still um den Darmstädter und persönliche Krisen holten ihn ein.
The hustle is real. Döll hat in der Zeit seiner öffentlichen Abstinenz einiges durchlebt. Dadurch entstehen Momente, in denen er sich selbst pragmatischen Fragen wie "Was machst du so lange, Döll?" widmet. Er nimmt den Hörer mit auf seinen Pfad, der von Liebesproblemen mit der Ex über starke Selbstzweifel bis hin zu Depression und einer andauernden Spielsucht führt und bei dem Versuch endet, sich selbst mit der Hilfe von guten Freunden aus dem Dreck zu ziehen. Dabei sind die von ihm beschriebenen Ups and Downs so realistisch, dass man glatt meint, selbst darin verwickelt zu sein. Doch nicht nur die Story-Vielfalt macht das Album zu etwas Besonderem, auch technisch stimmt hier alles. Was für viele etwas schroff wirken mag, ist Dölls eigener Style, der sich einem enormen Wortschatz bedient, durch den sein charakteristischer Flow kreiert wird. Ein weiterer interessanter Aspekt der Platte ist das Mitwirken ganzer neun Produzenten, unter anderem Bluestaeb, Dexter und Yassin. Bei lediglich zwölf veröffentlichten Tracks könnte man glatt meinen, es waren "zu viele Köche am Werk", jedoch ist das Klangbild sehr harmonisch, zeitgemäß und gut getimt. Nicht nur klassische Kopfnicker aus der Boom bap-Ecke darf man hier erwarten.
"Nie oder jetzt." ist ehrlich, direkt und sehr bodenständig. Kaum ein anderer MC schafft es, den Hörer auf einer so hohen emotionalen Ebene zu binden, ohne dabei kindisch oder gar unauthentisch zu wirken. Döll zeigt uns, dass Musik einfach unkompliziert sein kann, wenn man bereit ist, genug Herz, Zeit und Schweiß in die Sache zu investieren.
(Jan Menger)