"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Eine Galerie voll besonderer Gemälde, in der jedes Bild fasziniert – das ist Donatos "Enzo". Ein Album, dessen Tracks jeweils eine eigene Geschichte erzählen und die dennoch zusammenhängen. Selten bietet ein Künstler derart intime Einblicke in seine Gefühlswelt und gibt dem Hörer gleichzeitig den Eindruck, es handle sich um die eigene.
Donato hat mit seinem Release, welches er seinem toten Großvater "Enzo" widmete, eine Art emotionale Reise geschaffen. Das erste Hören mag vielleicht vermitteln, dass es sich eher um ein inhaltlich trauriges Album handelt. Jedoch überrascht es mich bei jedem Mal wieder, wie der Rapper es schafft, mich aus diesem Gefühl der scheinbaren Trauer durch seine hoffnungsvollen Worte wieder herauszuholen. Dass ich einfach nicht anders kann, als emotional berührt zu sein, liegt auch an den Beats, welche überwiegend von Dj s.R. stammen. Donato gelingt es ohnehin, an den richtigen Stellen dem Instrumental seinen verdienten Raum zu geben. Er versteht es, aus verschiedenen Perspektiven Geschichten zu erzählen, viele Themenbereiche aufzugreifen und das Release dadurch durchweg mit einem roten Faden zu versehen. Selbst wenn er von teils tragischen Geschichten rappt, so ist immer wieder etwas Mutmachendes zu spüren sowie Fernweh, das zum Träumen einlädt. Seine Featuregäste Moses Pelham, Jinx und Tatwaffe unterstützen ihn dabei perfekt. Aber es gibt ebenso Songs, die nach vorne gehen. Einer davon ist "STRG-Z". Auch wenn er von Fehltritten im Leben handelt, die man am liebsten rückgängig machen würde, so verbreitet er dennoch Kopfnicker-Feeling.
Es gibt keinen Track, den man nicht als tiefsinnig bezeichnen könnte. Jedes Wort sitzt an der richtigen Stelle. Am Ende bleibt zu sagen, dass dieses Release definitiv würdig ist, hin und wieder mal aus der Plattenkiste hervorgekramt zu werden. Denn: Emotionen sind zeitlos – und davon hat "Enzo" eine ganze Menge zu bieten.
(Dzermana Schönhaber)