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Kritik

Nazar – Mosaik

"Nach mei­ner Rache fing ich an mit der Musik. Hab' mei­nen Frie­den zwar gefun­den, doch die Nar­be in mir blieb." – Hier fin­det Ihr ab sofort die Kri­tik zu Nazars aktu­el­lem Release "Mosa­ik" aus den Rei­hen der MZEE​.com Redaktion.

Nach mei­ner Rache fing ich an mit der Musik.
Hab' mei­nen Frie­den zwar gefun­den, doch die Nar­be in mir blieb.

"Mich kriegt ihr nicht" heißt die Bio­gra­fie, die Ard­alan Afs­har Anfang 2018 ver­öf­fent­licht hat. Der Ira­ner erzählt hier von frü­hen Flucht­ver­su­chen, einer gewalt­sa­men Jugend und wie es sich ange­fühlt hat, die Trä­nen der Mut­ter durch Git­ter­stä­be einer Gefäng­nis­zel­le zu ertra­gen. Inten­si­ve, scho­nungs­lo­se Momen­te – von denen man hoff­te, Nazar wür­de sie auf sei­nem Album "Mosa­ik" auch musi­ka­lisch erneut verarbeiten.

Mit sol­chen Ein­bli­cken fängt die Plat­te des Wie­ners auch an: Im "Intro 1984" berich­tet er in knapp vier Minu­ten über die har­ten Jah­re, bevor sein ers­ter Lang­spie­ler in allen Rega­len stand. Jah­re, in denen Geld und Mit­tel knapp waren und er dem Vater nach­trau­er­te, der im Golf­krieg starb. Man ist von Sekun­de Eins an in den Sog der beweg­ten Geschich­te Nazars gezo­gen – um dann ein­fach und hem­mungs­los her­aus­ge­ris­sen zu wer­den. Was auf die ers­te Anspiel­sta­ti­on näm­lich folgt, ist das simp­le Abfei­ern etwa­iger Szene-​Trends: ein Song "nur für die Jungs", Ver­glei­che mit Unter­hal­tungs­grö­ßen wie "Lou­is De Funès" und Schüs­se in die Rich­tung erfolg­rei­cher, ehe­ma­li­ger Weg­ge­fähr­ten. Aus den nar­ra­ti­ven Moment­auf­nah­men sei­nes Lebens wird schnell ein soli­des, aber stan­dar­di­sier­tes Straßenrap-​Album, das sich lei­der zu oft in Battlerap-​Klischees ver­fängt. Immer wie­der blit­zen dabei sen­si­ble Augen­bli­cke des Rap­pers auf, die sich in der schie­ren Mas­se von drän­gen­den Bäs­sen und har­ten Pun­ch­li­nes aber ein­fach zu sel­ten durch­set­zen können.

Hät­te Nazar sei­ne neue Plat­te mit mehr Ver­satz­stü­cken sei­ner inter­es­san­ten Ver­gan­gen­heit geschmückt, wäre das ein unglaub­lich inten­si­ves und durch­dach­tes Album gewor­den. An feh­len­dem Rap-​Talent oder The­men­ar­mut man­gelt es hier näm­lich gewiss nicht – die Ansät­ze gehen nur lei­der oft in einem Her­un­ter­be­ten gän­gi­ger Rap-​Dogmen unter. Scha­de drum, hät­te er doch eigent­lich aus "Mosa­ik" ein viel­schich­ti­ges Gesamt­kon­strukt bas­teln können.

(Sven Aum­il­ler)