Pretty face, was ist los? Sie will Es – ich hab' zwei.
Hier dabei, geb' ihr eins. Baby blast, schick' sie heim.
Seit Yung Hurn 2015 mit "Nein" zum ersten Mal auf der Bildfläche erschien, hat nahezu jeder etwas über ihn zu sagen. Dabei gibt es hauptsächlich zwei Lager: Entweder man liebt ihn oder man hasst ihn. Nun ist es mit dem Erscheinen seines Debütalbums "1220" an der Zeit, einen möglichst objektiven Blick auf das Schaffen des Gesamtkunstwerks aus der Donaustadt zu werfen.
Seien es die minimalistischen, von Stickle produzierten Banger "MHM" und "Y. HURN wieso?" oder die ebenso von dem Linzer stammende, wolkige R'n'B-Produktion auf "Fühlen" – Yung Hurns Beatauswahl auf "1220" ist hervorragend. Auch die Vorab-Single "Ok Cool" überzeugt mit einem starken, entspannten Instrumental. Abgesehen davon gibt es auf dem Album – wie man bereits erahnen konnte – weder Strophen für Reim- und Technikfetischisten noch besonders tiefgründige Texte zu hören. Inhaltlich geht es größtenteils um Themen wie Geld, orale Befriedigung durch wechselnde Liebschaften oder die nasale Applikation weißen Pulvers. Hier wären etwas mehr Abwechslung und weniger Vorhersehbarkeit durchaus erwünscht. Während Yung Hurns größte Stärke auf seinen ersten Veröffentlichungen vor allem noch darin lag, von Dogmen befreiten, unvorhersehbaren Dadaismus zu kreieren, sind es auf "1220" viel eher Tracks wie das bereits erwähnte "Fühlen" oder "Leg Dich hin", die besonders positiv auffallen. Hier entfernt sich der Wiener ein wenig von der Persona des ignoranten Koksers, indem er sich einfühlsam an jene Damen wendet, mit denen er seine von Promiskuität geprägten Nächte verbringt. Diese Facette Hurns ist mittlerweile weitaus interessanter als jene, die er auf stumpfen Tracks wie "Lachs Anthem" oder "Du lügst" präsentiert.
Bei "1220" handelt es sich durchaus um ein solides Debüt. Neben einigen richtig starken Tracks wartet es jedoch auch mit einer Handvoll mittelmäßiger Songs auf, die im Vergleich zu recht großen Teilen von Yung Hurns Diskografie aufgrund des Mangels an neuen Ideen ziemlich verblassen.
(Steffen Bauer)