Wer haut sich besoffen selbst ein Glas ins Gesicht?
Die Ruffiction Armee gibt auf alles ein' Fick!
Vor drei Jahren bescherte Ruffiction der deutschen Rapszene "Frieden". Doch anstatt diesen in der Folgezeit zu wahren, wurde fleißig am genauen Gegenteil gearbeitet: Es herrscht "Ausnahmezustand". Und den zelebrieren Arbok 48, Crack Claus und Crystal F auf dem gleichnamigen Album.
Wer die Jungs mit dem Panzer-Logo kennt, der weiß, dass sie vor allem für eines stehen: schonungslose Tabubrüche. Hier wird der Drogenkonsum bis zum Exzess ausgelebt, überzogene Gewaltfantasien in bedrückendem Maße erörtert und Rap als Kunstform auf eine harte Belastungsprobe gestellt. Problem dabei sind allerdings weniger die Inhalte als deren Redundanz. Wem es schon zu viel ist, wenn Arbok sich Speedreste spritzt, der wird auch nicht viel geschockter sein, wenn er Steine auf einen Blindenhund wirft. Und wer kein Problem damit hat, dass Crack Claus einem Junkie zur Überdosis verhilft, den wird es nicht mehr sonderlich stören, dass er unter Applaus des Vaters die eigene Mutter schlägt. Das textliche Auf-der-Stelle-Treten wird zumindest durch das Soundkonzept der Platte aufgebrochen. Denn Crystal F und Co. kennen ihre "Ruffiction Armee" nur zu gut und wissen daher genau, was ihre Fans erwarten: Hardcore-Sound, Hooks, die zum Mitgrölen einladen und auch im erbarmungslosesten Moshpit noch ein Wir-Gefühl erzeugen. Wo dies beim durchschnittlichen Raphörer zu Hause auf CD wohl eher wie "asoziale, schlechte Musik" anmutet, wird der "schwarze Block" aus Fans gerade live seine pure Freude daran haben. Letztlich dürften Tracks wie "Allergisch gegen Menschen" oder "Haltung", die aus dem sonstigen Klangbild herausbrechen, sogar beweisen, dass Ruffiction durchaus anders könnten, aber gerade deswegen genau das machen, was sie machen.
Ruffictions "Ausnahmezustand" ist exakt das: Chaos, Lärm und jede Menge Wut. Und deswegen eine bestens auf die Fanbase zugeschnittene Platte, die vielleicht wenig Anklang bei Außenstehenden finden wird, sich gerade deshalb aber so kompromisslos geben kann.
(Daniel Fersch)