Und jedes Mal, wenn ich Erkenntnis predige …
Führ' ich eigentlich nur Selbstgespräche.
Veröffentlichen Rap-Urgesteine neue Platten, ist man aus irgendeinem seltsamen Grund immer geneigt, besonders kritisch zu sein. Können die Idole aus vergangenen Zeiten überhaupt mit den Newcomern und ihrem unverbrauchten jugendlichen Hunger mithalten? Im Falle von Curse werden die Umstände weiter erschwert, steht doch der mittlerweile auch als Life-Coach tätige Künstler mit seinem Buch aktuell auf Platz eins der Amazon-Buch-Charts – in der Kategorie "Yoga". Erwarten uns auf "Die Farbe von Wasser" also Kalendersprüche und Meditationsmelodien?
Ganz so ist es glücklicherweise nicht. Zwar legt Curse in seinen Texten großen Wert auf Bewusstwerdung, doch kommt er dabei überwiegend ohne esoterischen Unterton aus. Die Oldschool-Größe weiß allerhand vom Leben zu erzählen und verpackt reflektierte Weisheiten in gewaltige Sprachbilder. Die poetische Ausdruckskraft schwankt bisweilen etwas und man ist fast gewillt, den predigenden Yogalehrer vor dem inneren Auge zu sehen. Aber meistens ist Curse' lyrische Darstellung prägnant und mitreißend. Man merkt ihm dabei deutlich an, dass er schon lange dabei ist: Flow und Technik sind über jeden Zweifel erhaben und so regt die routinierte Vortragsweise des Wahlberliners zuweilen zum Staunen an. Die Gastbeiträge runden Curse' facettenreiche Lebensreflexion ab. Gesungene Hooks von Muso und .fab etwa ergänzen den kantigen Stimmeinsatz des Protagonisten. Das Punchline-lastige Gipfeltreffen mit Samy Deluxe und Kool Savas auf "Manuskript" hingegen bildet einen angenehmen inhaltlichen Gegenpunkt zum Rest der Platte.
Einen Ratgeber fürs Leben liefert Curse also nicht ab. Stattdessen ist die "Die Farbe von Wasser" ein reflektiertes und gehaltvolles Stück Musik, das aber stellenweise zu abstrakt vermeintliche Probleme beleuchtet. So bleiben manche Themen gezwungenermaßen recht oberflächlich. Andere Aspekte, wie die sprachliche Kunst des Rappers, gleichen das wieder aus – und zeigen, dass seine Herangehensweise an Rap auch heute noch Relevanz besitzt.
(Florian Peking)