Wer will mir denn sagen, ich hätt's nicht verdient?
Der Weg bis hier war hart und außer diesem Album gibt es nichts for free.
"Meine CDs werden gepresst, doch Kids klauen bloß Musik. Hätte ich übermäßig Geld, wäre es ein Download for free." Als RAF Camora diese Zeilen 2009 rappte, klang das alles noch nach Zukunftsmusik. Jetzt, acht Jahre später, wird seine Musik aber längst nicht mehr geklaut, sondern wie im Falle von "Palmen aus Plastik" sogar in Gold und Platin gehüllt. Zeit also, dass der aus Wien stammende Künstler auch die andere Hälfte der Line in die Tat umsetzt. Und genau deswegen beschenkt er seine Fans nun mit einer Fortsetzung zu "Anthrazit".
"Anthrazit RR" – das RR steht für seinen bürgerlichen Namen Raphael Ragucci – ist dabei aber kein aus der B-Ware der letzten Jahre zusammengestückeltes Nebenprodukt. Weder inhaltlich noch soundtechnisch enttäuscht das Album und wenn auch vielleicht nicht das größte Werk des Künstlers, ist es dennoch ein grundsolides. Dancehall- und Grimeanleihen, melodischer Flow, stimmige Gesangshooks und ein paar bewusst gewählte Featuregäste, um die Strukturen etwas aufzubrechen – also genau das, was man von RAF erwartet. Was dabei besonders auffällt: Ob nun zusammen mit Bonez MC, Gzuz, Ufo361, Bausa oder doch alleine, inhaltlich zeigt sich Camora auf vielen Tracks sehr selbstkritisch und hinterfragt seine bisherige Karriere. Er erzählt von seiner Heimatstadt "Gotham City", davon, im "Turbo" auf der Überholspur zu sein oder sich nie "verkauft" zu haben. Dabei zeigt er sich gleichermaßen skeptisch wie dankbar in Hinblick auf die Erfolge der letzten Jahre.
Das in Camora-typische Soundästhetik gehüllte, gelungen abgerundete "Anthrazit RR" dreht sich vor allem um die Fragen, wie RAF dahin kam, wo er nun ist und wie es von dort aus weitergehen soll. Ob sich auf dem Album auch die passenden Antworten finden lassen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Das große "Danke", welches dahintersteckt, ist jedenfalls unüberhörbar.
(Daniel Fersch)