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Kritik

Bosca – Fighting Hessisch

"Einer der letz­ten, der noch Scharf­sinn im Text hat. In mei­nen bei­den Hän­den hab' ich Schlag­ring und Sekt­glas." – Hier fin­det Ihr ab sofort die Kri­tik zu Bos­cas aktu­el­lem Release "Fight­ing Hes­sisch" aus den Rei­hen der MZEE​.com Redaktion.

Einer der letz­ten, der noch Scharf­sinn im Text hat.
In mei­nen bei­den Hän­den hab' ich Schlag­ring und Sektglas.

In Bos­cas Welt ist alles ein wenig dre­cki­ger: die Knei­pen, der Umgangs­ton, die Musik. Dem­entspre­chend klingt auch der Rap des Wies­ba­de­n­ers alles ande­re als zim­per­lich. Sein neu­es­tes Werk "Fight­ing Hes­sisch" bestä­tigt die­sen Ein­druck. Explo­si­ve Aggres­si­vi­tät gehört zu Bos­ca eben­so wie die Vor­lie­be für Alko­hol. So sieht es aus im Leben eines Freun­des von Niemand.

Sei­ne kno­chen­har­te Lebens­welt musi­ka­lisch zu über­tra­gen, gelingt Bos­ca aus­ge­spro­chen über­zeu­gend. Auf staub­tro­cke­nen Bret­tern spuckt er mit rau­er Stim­me Zei­len, die weder Authen­ti­zi­tät noch Skills ver­mis­sen las­sen. Man kann die auf­brau­sen­de Ener­gie, die der Rap­per in der Booth ver­sprü­hen muss, förm­lich spü­ren. Die­se Power ist sei­ne Para­de­dis­zi­plin, was sofort auf­fällt, wenn man das Augen­merk wie­der­um auf die inhalt­li­che Sei­te der Plat­te legt. Denn hier bie­tet Bos­ca eine beschränk­te The­men­pa­let­te und nur wenig Abwechs­lung. Lokal­pa­trio­tis­mus und ein damit ver­bun­de­nes, recht dog­ma­ti­sches Wer­te­sys­tem ste­hen für den FvN-​Member über allem. Es geht um Ehre, Loya­li­tät und Freund­schaft, im sel­ben Atem­zug aber auch immer um Gewalt und Kri­mi­na­li­tät. Ver­ein­zelt kann Bos­ca mit einem solch stump­fen Treue-​Pathos noch mit­rei­ßen, wie etwa auf der Ultras-​Hymne "20 Jah­re UF". Doch spä­tes­tens in punc­to Selbst­re­fle­xi­on geht ihm lyrisch die Luft aus. Denn wenn der Hes­se auf eher ruhi­ge­ren Songs sein Inners­tes nach außen kehrt, bedient er nicht nur text­lich Kli­schees, auch die Beats gera­ten all­zu melo­dra­ma­tisch, wie bei­spiels­wei­se "Auch ver­ste­hen" beweist.

In sei­ner kraft­vol­len Vor­trags­wei­se ver­kör­pert Bos­ca adäquat sei­ne eige­ne Anti­hal­tung – Freun­de von Nie­mand eben. Doch packen sei­ne Geschich­ten und Gedan­ken nicht genug, um wirk­lich zu bewe­gen. So ist "Fight­ing Hes­sisch" letzt­lich ein musi­ka­li­scher Molo­tow­cock­tail: Zunächst explo­siv, erlischt über kurz oder lang das Feuer.

(Flo­ri­an Peking)