Ebow – Komplexität
Bin die Tochter einer Rebellin, Kind von einem Gangster.
Muss keinem was beweisen – mein Talent jederzeit erkennbar.
Das erste Mal von Ebow gehört hatte ich durch ihren Featurebeitrag auf Juse Jus "Übertreib nicht deine Rolle". Und sofort stellte ich mir die Frage, warum ich die Künstlerin mit dem ungezwungenen Style und der melodischen Stimme nicht schon früher auf dem Radar hatte. Ein paar Klicks später erfuhr ich dann vom nach ihr benannten Debütalbum und der Tatsache, dass sie auch als Solokünstlerin mehr als nur überzeugen kann. All jene, denen es geht wie mir damals, und die Ebow noch nicht kennen, können dies dank "Komplexität" nun nachholen.
Schon der Einstieg in das Album der zwischen Wien und München pendelnden Künstlerin zeigt, wie vielseitig Ebow ist. Mit orientalischen Versatzstücken stilisierter Boom bap, dazu lockerer wie melodischer Flow und eine grandiose, selbst eingesungene Hook zeichnen nicht nur den Track "Ghetto Rave", sondern die Gesamtheit des Albums aus. Jeder Song glänzt mit abgerundeter Soundästhetik und so flüssigen Übergängen von Rap-Parts, Bridges und Refrains, dass man selbst beim Nebenbei-Hören erfährt, was Ebow zu sagen hat. Dabei handelt es sich dann um Geschichten von bröckelnden oder gescheiterten Beziehungen, ihrer Kindheit und den Eltern oder dem Leben von Flüchtlingen in Deutschland. Egal, ob die Rapperin wie in "Der Vogel & das Meer" eher lyrisch und abstrakt von Privatem erzählt oder sich offen und direkt für politische Themen wie Frauen- beziehungsweise "Punani Power" einsetzt: Ihre Aussagen kommen stets beim Hörer an. Und das durch einen ganz eigenen, unvergleichlichen Style.
So wie ihr Gastpart auf Juses Album mich einst von Ebow überzeugen konnte, hat "Komplexität" das Potenzial, nun auch vielen anderen ihre musische Qualität und Stärke zu beweisen – ein Album, das durch Aussagekraft wie Soundästhetik besticht und eine der talentiertesten Künstlerinnen der Szene endlich einem breiten Publikum präsentieren könnte, das sie verdient.
(Daniel Fersch)