Ich war ein komisches Kind, jetzt bin ich groß und seltsam.
Das Cover von Destroy Degenhardts "Das Handbuch des Giftmischers" sieht ein wenig nach Kinderbuch aus. Täuschen lassen sollte man sich davon jedoch nicht. Denn die enthaltene Musik klingt genauso abtrünnig, wie man es von dem Maskenträger gewohnt ist. Mehr noch: Der neue Namenszusatz "Destroy" kündigt eine weitere Zuspitzung der Destruktivität im Schaffen des Protagonisten an.
Giftmischer Degenhardt reichert auf seiner neuen Platte einen vernichtenden Cocktail an. Auf den insgesamt 13 Songs protokolliert er in erster Linie Zerstörung: gesellschaftliche, vor allem aber seine eigene. In bildhafter Sprache buchstabiert er seine kompromisslose Antihaltung aus und gibt dabei schonungslos sein Inneres preis. Dieses schwer zugängliche Panorama zwischen Hilferuf und Hass-Manifest ist stimmungsvoll verwoben mit Instrumentals, die zumeist von Hiro Ma stammen. Aber beispielsweise auch Gossenbeats oder die Kamikazes steuern atmosphärische Beats bei, die mit langsamer Wucht den klagenden Rap von Degenhardt untermauern. Ein besonderes Feindbild des Düsseldorfers sind dabei Pseudo-Psychopathen innerhalb der Rapszene. Diese "Elendstouristen" bekommen auf "Carhartt Depression" mit Prezident ihr Fett weg. Künstlerisches Abarbeiten an der inneren Abtrünnigkeit proklamieren die beiden Lyriker allein für sich und grenzen sich damit von der vorherrschenden Oberflächlichkeit in hiesigen Rap-Texten ab. Nicht zu Unrecht: Sowohl Prezi wie auch Degenhardt sind meisterhaft darin, den Abgrund in unbequem-treffender Manier zu beschreiben.
Die auditiven Mixturen des Giftmischers entfalten ihren destruktiven Effekt äußerst wirkungsvoll. Das düstere Soundbild und Destroy Degenhardts nachdrückliche Lyrics erzeugen einen Sog mitten in die Finsternis. Doch Vorsicht vor den Nebenwirkungen – schlechte Laune und Melancholie sind nicht selten die Folge dieser tiefschwarzen Giftmixtur.
(Florian Peking)