Kategorien
Interview

Timeless

"Da pas­sier­ten Sachen, die man immer wie­der auf sich selbst zurück­führt, weil man sel­ber auch was ver­kackt hat. Das gibt einem schon das Gefühl, der schwar­ze Kater zu sein." – Tim­e­l­ess im Inter­view über dein Titel sei­nes neu­en Albums, die Zusam­men­ar­beit mit sei­ner Frau und Fri­su­ren sei­ner Kindheit.

Der Weg hin zu die­sem Inter­view gestal­te­te sich auf­grund diver­ser Ter­min­schwie­rig­kei­ten tat­säch­lich als ein wenig holp­rig. Lag dies etwa dar­an, dass Tim­e­l­ess getreu sei­nem Künst­ler­na­men gene­rell über zu wenig freie Zeit ver­fügt? Oder han­del­te es sich doch eher um eine klei­ne Pech­sträh­ne, wie auch der Titel sei­nes neu­en Albums "Schwar­zer Kater" andeu­tet? Wor­an es auch lag – am Ende hat es den­noch geklappt und wir konn­ten mit dem FvN-​Künstler über Unter­schie­de zwi­schen sei­ner alten und der neu­en Plat­te, die Zusam­men­ar­beit mit sei­ner Frau und expe­ri­men­tel­le Fri­su­ren sei­ner Kind­heit reden. 

MZEE​.com: Zwi­schen dei­nem ers­ten und zwei­ten Album lagen etwa drei Jah­re, die­ses Mal mel­dest du dich schon nach zwölf Mona­ten wie­der zurück. Gibt es einen Grund für die­sen neu­ent­deck­ten Fleiß?

Tim­e­l­ess: Ich hab' ja schon mal gesagt, dass sich mein zwei­tes Album "Anti­held" mehr wie ein Debüt anfühl­te als mein ers­tes Album. Ich glau­be, das ers­te Album war ein­fach der Start­schuss für die Kar­rie­re. Damals hat­te ich mich noch nicht so ganz gefun­den. Jetzt habe ich das Gefühl, den Leu­ten einen Künst­ler prä­sen­tie­ren zu kön­nen, der in eine gewis­se Rich­tung geht.

MZEE​.com: "Anti­held" mach­te einen sehr rap­t­ech­nisch ori­en­tier­ten Ein­druck, wohin­ge­gen "Schwar­zer Kater" mehr dar­auf fokus­siert zu sein scheint, abge­run­de­te Songs zu prä­sen­tie­ren. War das eine beab­sich­tig­te Ent­wick­lung oder ent­stand sie eher spontan?

Tim­e­l­ess: So 'ne Mischung aus bei­dem. Natür­lich woll­te ich mich nach "Anti­held" stei­gern. Ich woll­te das auf jeden Fall über­tref­fen und nicht irgend­wo ste­hen­blei­ben. Da habe ich auch gespürt, dass noch viel mehr geht und dass ich gera­de erst für mich ent­deckt hat­te, wie man über­haupt ein Album macht. Wie man das abrun­det und so wei­ter. Der Rest ist dann wäh­rend des Pro­duk­ti­ons­pro­zess­ses ent­stan­den. Also, ich habe mir kei­nen Plan gemacht nach dem Mot­to: "Okay, ich muss jetzt Auto­tu­ne benut­zen", oder: "Ich muss jetzt auch Fünf-​Minuten-​Songs mit irgend­wel­chen Poin­ten machen." Das hab' ich nicht so geplant. Alles, was man irgend­wie als neu anse­hen könn­te, ist im Pro­zess entstanden.

MZEE​.com: War der Aus­blick auf eine hohe Chart­plat­zie­rung auch ein Grund für ein mehr auf stim­mi­ge Songs aus­ge­leg­tes Album?

Tim­e­l­ess: Mh, nö. Im End­ef­fekt ist es so: Das, was ich mache, feie­re ich auch sel­ber. Ich bin sehr offen, was Musik angeht und jetzt nicht unbe­dingt auf dem 90er-​Boom bap-​Film oder so hän­gen­ge­blie­ben. Ich hör' auch neue­re Sachen und das fließt dann in mei­ne Mucke ein, weil ich die Vibes irgend­wo cat­che. Das färbt ein­fach auf die Musik ab, die man sel­ber macht, ganz klar.

MZEE​.com: Machst du das Album in ers­ter Linie für dich selbst und erst danach für die Fans?

Tim­e­l­ess: Also, ich mache auf jeden Fall Musik, die mir gefällt und die ich von mir am liebs­ten hören wür­de. Wenn es den Fans dann auch gefällt, hab' ich alles rich­tig gemacht. Ich hab' zum Bei­spiel auf Insta­gram in mei­ner Sto­ry ab und zu mal Aus­schnit­te gepos­tet, unter ande­rem auch so Autotune-​Dinger. Da wur­de ich schon mit sehr viel Gegen­wind kon­fron­tiert, weil unse­re Fan­ba­se dafür ja gene­rell nicht so offen ist. Aber ich hab' dann gemerkt, dass ich damit ganz gut leben konn­te. In mir drin heißt es eher: "Ja, macht was ihr wollt, aber das ist das, was ich sel­ber machen will." Alles cool.

MZEE​.com: Hat sich die­ser Wunsch, nur das zu machen, was du selbst willst, auch auf die Fea­ture­lis­te aus­ge­wirkt? Abge­se­hen vom FvN-​Camp hast du ja vor­wie­gend Gäs­te auf dei­nem Album, die eini­gen Fans viel­leicht gar nicht so viel sagen … 

Tim­e­l­ess: Ja, schon. Ich hat­te ein­fach Bock, mit die­sen Leu­ten Musik zu machen. Das sind halt mei­ne Freun­de und mei­ne Frau. Einen New­co­mer hab' ich noch auf der Bonus-​EP. Den hab' ich ein­fach nur gefei­ert, weil mich ein Song von ihm geflasht hat. Ich hab' ihn ange­schrie­ben und auch direkt was mit ihm gemacht. Ansons­ten ist dann auf der Bonus-​EP noch mei­ne Frau und das war's.

MZEE​.com: Dei­ne Frau war bereits auf "Anti­held" ver­tre­ten, die­ses Mal wirkt sie gleich auf meh­re­ren Tracks mit. Ist die Zusam­men­ar­beit mit der eige­nen Frau anders als mit sons­ti­gen Künstlerkollegen?

Tim­e­l­ess: Schon, aber aus dem Aspekt her­aus, dass es eben Gesang ist. Nicht aus irgend­wel­chen per­sön­li­chen Grün­den, das kann man irgend­wie ganz gut tren­nen. Wenn wir zusam­men an einem Song arbei­ten, ist das wie ein gemein­sa­mes Hob­by. Wir lie­ben das halt. Das ist aber nichts ande­res, als wenn ich mit einem sehr guten Freund an einem Song sit­ze – von der per­sön­li­chen Sei­te gese­hen. Die hand­werk­li­che Her­an­ge­hens­wei­se ist natür­lich schon anders, weil es doch einen Unter­schied zwi­schen einem ein­fa­chen Rap­song und einem Track mit Gesang gibt.

MZEE​.com: Wer von euch bei­den ist bei der Arbeit an einem gemein­sa­men Song dann kritischer?

Tim­e­l­ess: Lus­ti­ger­wei­se bin das eher nicht ich. Alles, was die Gesangs­tech­nik angeht, hört sie ja viel bes­ser raus, ein­fach weil sie viel tie­fer in der Mate­rie drin ist. So wie ich bei­spiels­wei­se den Fünffach-​Reim von dem und dem Rap­per raus­hö­re, den sie viel­leicht nicht unbe­dingt hört. Und dann ist es halt so, wenn sie 'ne Hook singt und ich sag': "Boah, das war super! Lass das so!", dann sagt sie: "Nee, komm, ich mach' das noch mal. Ich kann das viel bes­ser." Da liegt der Unterschied.

MZEE​.com: Seid ihr denn gene­rell in Sachen Musik auf einer Wel­len­län­ge oder tref­fen da ver­schie­de­ne Wel­ten aufeinander?

Tim­e­l­ess: Na ja, "ver­schie­de­ne Wel­ten" wür­de ich nicht sagen. Sie hört auch gern Rap und ich mag teil­wei­se auch Sachen, die sie hört. Wenn ich ihr Songs zei­ge, die mich fla­shen, sind das natür­lich schon meis­tens Rap­songs. Das ver­steht sie aber auch. Und wenn sie mir einen Song zeigt, dann geht das mehr in eine clea­ne Pop-​Richtung. Auf die muss ich mich manch­mal erst ein wenig ein­las­sen, aber gera­de auch als Song­wri­ter – weil ich zum Teil ja auch sehr Songwriting-​affin bin – ver­ste­he. Da sehe ich dann schon, was gut an dem Track ist.

MZEE​.com: Kom­men wir noch mal auf dein Album zu spre­chen. "Schwar­zer Kater" ist noch viel per­sön­li­cher als die bei­den Vor­gän­ger – war­um hast du dich dazu ent­schie­den, nun noch mehr von dir preiszugeben?

Tim­e­l­ess: Als Künst­ler will man sei­ne Musik ja auch ein wenig span­nend hal­ten. Ein Regis­seur kann auch nicht immer die­sel­ben Sze­nen in einem ande­ren Licht abdre­hen und dann sagen: "Ey, ich hab' den neu­en, kras­sen Film gemacht." Einer­seits habe ich also ein­fach ver­sucht, es span­nend zu hal­ten, ande­rer­seits hat­te ich aber auch das Gefühl, noch nicht tief genug rein­ge­gan­gen zu sein. Es gibt da ein­fach noch so viel zu erzäh­len. Dar­um habe ich ein­fach noch mal einen Schritt tie­fer in den Kel­ler bli­cken lassen.

MZEE​.com: Auf dem Cover der Plat­te bist du in sehr jun­gem Alter und mit Iro­ke­sen­schnitt zu sehen. War das damals tat­säch­lich dei­ne Alltagsfrisur?

Tim­e­l­ess: Ja, das war mei­ne Fri­sur. Mein Vater hat­te damals ein Fai­ble für cra­zy Haar­schnit­te für sei­nen Sohn. (lacht)

MZEE​.com: Lief das dann wenigs­tens mit dei­ner Einwilligung?

Tim­e­l­ess: Ich habe nichts dra­ma­tisch Prä­gen­des in Erin­ne­rung, was mei­ne Fri­su­ren angeht. Aber ich gucke mir manch­mal alte Bil­der an und sehe dann mein vier­jäh­ri­ges Ich mit 'ner Glat­ze oder 'nem Iro und den­ke mir schon: "Krass, was hat er da gemacht?" Aber ich hat­te jetzt kein trau­ma­ti­sches Erlebnis.

MZEE​.com: Als Vier­jäh­ri­ger mit Iro fällt man aber sicher­lich auf. Bist du schon immer gern irgend­wie aus der Mas­se hervorgestochen?

Tim­e­l­ess: Ich den­ke mal, es hät­te schlim­mer wer­den kön­nen. Das hat sich mit der Zeit gelegt. Ich war 'ne gan­ze Zeit lang unauf­fäl­lig und bin dann irgend­wann eher durch mei­ne Kunst auf­ge­fal­len als durch irgend­wel­che pro­vo­kan­ten Körperkulturen.

MZEE​.com: Der schwar­ze Kater wird für gewöhn­lich mit Unglück und Pech in Ver­bin­dung gebracht. Waren das auch die Din­ge, an die du bei der Namens­ge­bung gedacht hast?

Tim­e­l­ess: Teil­wei­se schon. Die­ser Mythos hat auf jeden Fall mei­nen Geschmack getrof­fen, sage ich mal. Ich bin ja auch nicht unbe­dingt bekannt für die fröh­lichs­ten The­men in mei­ner Mucke. Da pass­te der Titel ein­fach gut, um das zusammenzufassen.

MZEE​.com: Also kommt der Titel auch aus dei­nem eige­nen Leben? Bist qua­si du der schwar­ze Kater?

Tim­e­l­ess: Ja, ich den­ke schon. Da ist halt auch viel pas­siert, fami­li­är und gene­rell. Sachen, die nicht so geil waren und die man irgend­wie immer wie­der auf sich selbst zurück­führt, weil man sel­ber auch ein biss­chen was ver­kackt hat. Das gibt einem schon das Gefühl, der schwar­ze Kater zu sein. Wie das schwar­ze Schaf in der Familie.

MZEE​.com: Bist du denn immer noch der schwar­ze Kater? Oder ist der Titel eher rück­bli­ckend zu verstehen?

Tim­e­l­ess: Der schwar­ze Kater wird natür­lich auch immer irgend­wie mit der Nacht ver­bun­den. Ich bin auf jeden Fall ein Nacht­mensch, der ger­ne mal im Dunk­len durch die Stadt spa­ziert. Daher passt das schon ganz gut zu mir, aber ich wür­de jetzt nicht sagen, dass ich der in der Fami­lie bin, der immer Pro­ble­me macht. Das hat sich, glau­be ich, erle­digt. Ich ver­su­che ja auch, in eine posi­ti­ve­re Rich­tung zu gehen, Din­ge wie­der gut­zu­ma­chen und aufzubauen.

MZEE​.com: Hast du denn das Gefühl, dass du dich gera­de eher in einer Pech- oder Glücks­pha­se dei­nes Lebens befindest?

Tim­e­l­ess: Aktu­ell bin ich wohl in so einer Zwi­schen­ebe­ne, die mich ein biss­chen tes­tet. Jetzt kommt es dar­auf an, was ich dar­aus mache. Ich habe sicher eine Glücks­sträh­ne, was vie­le Din­ge angeht, aber es kann natür­lich auch immer wie­der irgend­et­was Blö­des kom­men. Erst mal abwar­ten, bevor man sagt, man habe in eine abso­lu­ten Glücks­sträh­ne – und dann pas­siert mor­gen irgendetwas.

MZEE​.com: Kann der Erfolg oder Miss­erfolg des Albums der aus­schlag­ge­ben­de Punkt dafür sein, in wel­che Rich­tung das geht?

Tim­e­l­ess: Erfolg ist ja immer sehr rela­tiv, je nach­dem, was der ein­zel­ne dar­aus schöpft. Für mich ist Erfolg erst mal finan­zi­el­le Frei­heit. Es wäre natür­lich ein Traum, die mit der nächs­ten Plat­te zu errei­chen. Das wäre so das ers­te Ziel. Und dann kann man ja sehen, wel­che schö­nen Din­ge man danach noch tut.

MZEE​.com: Das klingt, als wür­dest du im Hin­ter­kopf schon die nächs­te Plat­te planen?

Tim­e­l­ess: Ja, auf jeden Fall! Ich bin schon beim nächs­ten Album. Ich hab' auch schon die Titel für die nächs­ten drei Pro­jek­te festgelegt.

MZEE​.com: Kannst du davon denn schon was verraten?

Tim­e­l­ess: Nein. (lacht)

MZEE​.com: Na gut. Die letz­ten Wor­te gehö­ren dir. 

Tim­e­l­ess: Ich spü­re auf jeden Fall sehr viel Lie­be im Moment. Da muss ich mich auch bei mei­ner sehr treu­en Fan­ba­se bedan­ken. Dass ich die habe, wun­dert mich immer wie­der. Da war­ten Leu­te wirk­lich auf mei­ne Musik und wol­len immer mehr. Das ist ober­nice. Und das ist auf jeden Fall das Gegen­teil vom abstei­gen­den Ast. Jeder, der es noch nicht gemerkt hat, wird mer­ken, dass der Jun­ge auf euch zukommt. Das sind mei­ne letz­ten Worte.

(Dani­el Fersch)
(Fotos von Kev­lic Winehouse)