Groß machen, Häuser mieten, Strom zapfen.
Trotz Plattenvertrag: Ich kann nicht loslassen.
Die Zeiten, in denen das Gangsterrap-Subgenre auf dem deutschen Musikmarkt eine kleine unwichtige Sparte ausfüllte, sind schon lange vorbei. Besonders in letzter Zeit scheint kein Inhalt zu hart zu sein, solange man ihn auf einem sommerhitverdächtigen Beat präsentiert. Doch diese Entwicklung gefällt nicht jedem. Viele Fans wünschen sich noch immer harten und dreckigen Sound zu ihrem Straßenrap. Und genau diesen liefert Kalim jetzt mit seinem zweiten Album "Thronfolger".
Überwiegend erwarten den Hörer hier Tracks mit düsterem Sound, tiefen Bässen und Einblicken in ein Leben im Zwielicht. Überzeugend dabei ist, dass Kalim es schafft, seine Storys nicht in die üblichen und immer wiederkehrenden Gangster-Parolen zu verpacken. Natürlich dürfen diese auf einem AON-Album nicht fehlen, aber in Songs wie "1994" hören wir auch einen durchaus reflektiert rappenden Kalim. Der Sound des Langspielers besticht mit zum Kopfnicken animierenden Oldschool-Einflüssen, die gekonnt mit aktuellerem Trap in einem sehr stimmigen Klangteppich kombiniert wurden. Auch Titel wie "Bis um 4" mit Ace Tee oder das Trettmann-Feature "Glitz & Glamour" entsprechen dieser Formel und reihen sich trotz entspannterem Vibe nahtlos in den Rest der Platte ein. Kalim scheint von diesen und den anderen Gästen auf dem Album zu profitieren: Man merkt, dass "Thronfolger" trotz seines einheitlichen Sounds deutlich facettenreicher ist, als es sein Vorgänger "Odysse 579" noch war. Besonders verdeutlicht wird das auf dem Track "Kodex". Dort verschmelzen Kalims üblicher, leicht abgehackt klingender Flow mit melodischen Zeilen und einer Hook samt leichtem Autotune-Einsatz – doch auch hier ist alles ausgewogen und rund.
"Thronfolger" ist alles in allem ein gelungenes Gangsterrap-Album. Es dürfte Zuspruch bei Fans der alten Straßenrap-Schule wie auch unter den Befürwortern des aktuell vorherrschenden Trap-Films finden. Man kann also gespannt bleiben, was passiert, wenn er den Thron wirklich an sich reißen sollte.
(Steffen Uphoff)