Rauche Lunten mit den Hittas, gette Paper, Paper.
Mittelfinger für die Hater, Hater.
Polarisieren kann er. Nachdem Sierra Kidd vor einigen Jahren noch als lyrisches Nachwuchstalent der deutschen Rapszene galt, kam mit der Zeit der Wandel. Mittlerweile wird vermutlich mehr über seine Gesichtstattoos und Interviews als über seine Musik gesprochen. Kann der junge Rapper mit dem neuen Album "Rest in Peace" den Gossip um seine Person begraben?
Der positive Ersteindruck könnte fast zur Bejahung dieser Frage führen. Denn Sierra Kidd rappt auf seiner neuen Platte hungrig und äußerst versiert. Flowlich scheint er unaufhaltsam und peitscht die Reimketten mit hörbarer Leichtigkeit über den Takt. Bei genauerem Hinhören blickt man allerdings schnell hinter die Fassade dieser gerappten Lässigkeit und findet dort äußerst wenig Substanz vor. Den Flows, Sounds und Texten von Sierra Kidd fehlt es an Originalität. So bedient er sich reichlich an Quellen des Ami-Raps wie etwa Travi$ Scott oder den Migos, übertritt dabei aber deutlich die Grenze zwischen Inspiration und Kopie. Es ist vom Codeinschlürfen und "Bandos" die Rede, von Pistolen im Schrank und Gangs. Sierra Kidd übersetzt das, was er bei seinen Vorbildern hört, fast unverändert ins Deutsche – und streut zusätzlich floskelhafte Sätze auf Englisch ein. Einzelne tiefsinnige und starke Momente wie auf "Don't Do It Juri" überraschen deshalb zwar umso mehr, doch gehen sie gleichzeitig zwischen all der geballten Nichtigkeit unter.
So verliert sich Sierra Kidd auf "Rest in Peace" im zwanghaften Abtasten nach Coolness und Zeitgeist. Denn durch das bezugslose Wiederholen büßen die vom amerikanischen Rap vorgegebenen Lifestyle-Parolen ihre Bedeutung ein. Was übrig bleibt, sind gut gerappte Tracks mit vereinzelten Höhepunkten, einigen Kopfschüttlern und einem reichlichen Mangel an eigener Identität.
(Florian Peking)