Unter den Nägeln – Stricknadeln funkeln.
In Gedärmen Rasierklingen, unter Zwang runtergeschluckt.
"Boese Zwillinge" – ein Plottwist für unkreative Autoren oder eine Möglichkeit, mal die dunkle Seite eines guten Protagonisten zu präsentieren. Letztlich handelt es sich dabei aber ganz einfach um die Idee, dass jeder Mensch ein Spiegelbild besitzen könnte, dessen Eigenschaften das genaue Gegenteil der eigenen sind. Zudem bezeichnet der Begriff nun auch das neueste Werk von Pawcut und Johnny Katharsis. Gut ein halbes Jahr nach "Kosmonautensommer" haben sich die beiden ein paar "Boese Zwillinge" der richtig üblen Sorte ausgedacht und Dealer, Entführer und Mörder entsprechend vertont.
Auf den 70 Minuten Laufzeit des Tapes reiht das Duo eine Horrorstory an die nächste. Oldschoolige Beats aus der Feder von Pawcut bilden den mit Blut vollgesogenen Klangteppich, auf dem Johnny Katharsis mit energiegeladenem Flow die Messer wetzt. Mal erzählt er vom harmlos wirkenden Vogelforscher, der sich als mordlustiger "Eisvogel" herausstellt, mal von der aufstrebenden "Fotografin", deren mörderische Karriere an der Politspitze endet. Katharsis versteht es dabei stets, die Psyche seiner Figuren ebenso detailliert und ungeschönt darzustellen wie die Morde selbst, während Pawcut dazu atmosphärische, eindringliche Beats zaubert. Wer den Sound der alten Schule gepaart mit blutigen Storytellern mag, kommt hier voll und ganz auf seine Kosten. Genauso wie jeder, der schon immer mal wissen wollte, wie man ein Sample aus einem Charles Manson-Song verwendet, während man die Taten von John Wayne Gacy nachspielt.
"Boese Zwillinge" sind manchmal eben doch mehr als simpel geschriebene Figuren oder ein einfaches Gedankenexperiment. Sie können zudem auch kreative Storyteller mit passendem Sound und vor allem unterhaltsamer Nervenkitzel auf Albumlänge sein, wie Pawcut & Katharsis beweisen.
(Daniel Fersch)