Ich komme grade vom Klo und scheiße immer noch auf alle.
Vor rund einem Jahr nahm Frauenarzt mit großen Schritten Abstand von seinem Atzen-Image in Form einer harten Battlerap-Platte. Nun wird diese Hinwendung zum Untergrund-Sound bedeutsam unterstrichen. Denn kein Geringerer als Taktloss ist sein Kollabo-Partner auf dem gemeinsamen Album "Gott". Zwei Berliner Rap-Urgesteine also – da kann doch eigentlich gar nichts schiefgehen, oder?
Der Opener "Wir sind GOTT" dämpft diese Euphorie zunächst. Denn während das Elektro-Geschwurbel des Beats in den Parts noch aushaltbar ist, wird instrumental in der Hook komplett durchgedreht. Das klingt dann eher nach Techno-Party als nach Battle-Cypher. Doch textlich wird der Anspruch des lyrischen Mittelfingers gegen alles und jeden definitiv erfüllt. Taktloss und Frauenarzt werfen sich die menschenfeindlichen Punchlines regelrecht um die Ohren. Hier bekommt wirklich jeder sein Fett weg, vorrangig aber natürlich die Mutter des lyrischen Dus. Gerade der typisch eigene Rapstil von TAK47 sorgt für besonderen Unterhaltungswert, den man so wohl sonst nirgends bekommt. Die straight geflowten Strophen von Frauenarzt animieren aber gleichfalls zum Kopfnicken, sodass die MCs gut miteinander harmonieren. Nur der Sound will hier und da nicht so ganz passen. Zwar sind adäquate Oldschool-Bretter durchaus vorhanden, doch rücken zahlreiche Elektro-Einflüsse wie auf "Was ist los" die Platte klanglich erschreckend nahe an Frauenarzt' Atzen-Mucke.
Weit davon entfernt, ein misslungenes Projekt zu sein, ist "Gott" dennoch keine religiöse Offenbarung. Die alte Berliner Schule des Battleraps soll hier – klanglich aufgehübscht – heutigen Hörern präsentiert werden. Dafür fehlen aber Beats, die den gewissen Flavour, welcher in den Zeilen von Frauenarzt und Taktloss schon anklingt, wirkungsvoll unterstreichen. Als Substitut für den Untergrundrap der frühen 2000er funktioniert "Gott" deshalb nur mit Abstrichen.
(Florian Peking)