Karma fickt Leben, doch Capi fickt Mutter!
Auch wenn man sich viel mit deutschem Rap auseinandersetzt, ist die Szene zu groß und bunt, als dass man sich jedem Bereich widmen kann. Wenn man dann etwa das Straßenrap-Metier stiefmütterlich behandelt, übersieht man so manchen Künstler. Auf herausragende Vertreter der Sparte wird man zum Glück durch Freunde und Kollegen hingewiesen: "Kennst du Capital Bra? Du musst dir 'Makarov Komplex' unbedingt anhören!" Gesagt, getan.
Schnell weiß ich wieder, warum ich dieses Subgenre oft nur oberflächlich betrachte: Was Capital erzählt, habe ich schon etliche Male gehört. "Es geht ums Geschäft", schließlich will man "Geld machen". Eigentlich gibt es aber "nix zu reden". Denn "ich mach alles kaputt", wenn "alle meine Jungs" da sind – aber "Mama bitte wein nicht". Alles ein wenig redundant bis nichtssagend. Warum erwische ich mich dann aber dennoch dabei, die Platte mehrfach zu hören? Es ist nicht entscheidend, was erzählt wird, sondern wie dies geschieht. Interessiert mich der Verbrecher Capital absolut nicht, weiß mich der Musiker Capital umso mehr zu überzeugen. Gekonnte Betonungen, aggressiver Flow, atmosphärischer Sound. Featuregäste wie Bonez MC, Ufo361 und Kontra K sprechen sowieso für sich und verleihen dem Gesamtwerk zusätzlich ihre ganz eigene Note. Dennoch bleibt der Fokus auf Capital Bra selbst, sein Stil ist der rote Faden des Albums. Und auch in nachdenklichen Tracks, auf denen sonst klischeehafte Pianoklänge warten, bleibt Capital seinem harten Sound treu – nur eben auf etwas ruhigere Art.
Capital Bra kann mich mit "Makarov Komplex" zwar nicht auf inhaltlicher, dafür aber allemal auf musischer Ebene überzeugen. Damit ist der Berliner ein Paradebeispiel dafür, dass es in einer vielfältigen Szene selbst in Bereichen, die man sonst gerne aus geschmacklichen Gründen übersieht, immer wieder Überraschungen geben kann.
(Daniel Fersch)