Es muss ein' Grund haben – warum wurde ich Rap MC?
Denn die Szene wirkt auf meine Wurzeln wie ein Pestizid.
Wer mit Kunst keine Wurzeln schlagen will, sondern eine florierende Karriere anstrebt, hat zwei Möglichkeiten. Entweder hofft man darauf, mit dem grünen Daumen der Musik geboren zu sein und alles einfach sprießen lassen zu können. Oder man zieht das zarte Pflänzchen der Karriere mit viel Arbeit sorgsam selbst groß. Wie genau RAFRO den Samen, den sein neues Album "Bonshigh" darstellt, zum Blühen bringen möchte, zeigt ein Blick in das Werk.
Was "Bonshigh" zunächst braucht, ist fruchtbarer Boden. Den stellt Produzent Semillian zusammen mit Cestro zu Verfügung. Das Klangfundament ist eine gute Mischung aus gesunder Erde in Form von analogen Pianotönen, Gitarrenriffs und rohen Drums, gepaart mit sphärischen Synthiesounds als Kunstdünger. Zur Bewässerung folgt RAFROs Flow. Routiniert rappt er mal ganz geradlinig, mal mehr singend und verfeinert so die Beats gekonnt mit seiner Stimme. Daraus ergibt sich dann auch die dritte Zutat, die "Bonshigh" zum Blühen bringen soll: Licht. Denn das Highlight des Albums ist sicherlich die Soundästhetik, die sich durch das melodiöse Zusammenspiel von Stimme und Beat ergibt. Da, wo Licht scheint, ist aber auch immer Schatten. Und so hat auch "Bonshigh" so seine Makel, die sich hauptsächlich in RAFROs Phrasendrescherei zeigen. Zwar bietet er gelungene Texte über das Aufwachsen und Aufwachen nach Partys sowie die Liebe zu Mädchen und zur Musik. Doch verfällt der Rapper nur allzu gerne in klischeehafte Zeilen darüber, wie viele Drogen, Frauen und Geldscheine sich doch um ihn herum stapeln. Wo sich das restliche Album als ein kompaktes Ganzes zeigt, sind es gerade diese Stellen, die dem Beschnitt gut und gerne hätten zum Opfer fallen können.
Mit diesen Zutaten im Topf braucht der "Bonshigh" nur noch eines, um zu wachsen: Zeit. Je öfter man das soundästhetisch ansprechende Werk hört, desto eingängiger zeigt es sich. Und desto deutlicher werden die besagten Makel auch von saftigen Blüten des Hörgenusses überdeckt, sodass RAFROs florierender Karriere nichts mehr im Wege steht.
(Daniel Fersch)