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Interview

MC Bomber

"Die heu­ti­ge Rap­sze­ne kann man im Gro­ßen und Gan­zen künst­le­risch natür­lich nicht ernst neh­men. Das inter­es­siert mich alles über­haupt nicht." – MC Bom­ber im Inter­view über Real­ness und Ori­gi­na­li­tät in der Deutschrap-​Szene, sein Album "Pre­digt", poli­ti­schen Rap und Ein­flüs­se auf sei­ne Musik.

MC Bom­ber gilt als eine der Rap-​Entdeckungen der letz­ten Jah­re. Seit 2013 ist der jun­ge Ber­li­ner aktiv und konn­te inner­halb kür­zes­ter Zeit einen Deal beim Frauenarzt-​Label Pro­le­tik an Land zie­hen. Nach dem "Nord­ach­se Tape" sowie drei "P-Berg"-Battletapes ver­öf­fent­lich­te MC Bom­ber am 08. Juli die­ses Jah­res das Album "Pre­digt". Auf die­sem wird er unter ande­rem von Label­boss Frau­en­arzt sowie Self­ma­de Records-​Künstler Kara­te Andi unter­stützt. Zudem schaff­te es der ehe­ma­li­ge Graffiti-​Künstler 2016 zum zwei­ten Mal in Fol­ge auf die Büh­ne des Splash!-Festivals – die­ses Jahr, um sein neu­es Werk einem gro­ßen Publi­kum zu prä­sen­tie­ren. Im MZEE Inter­view spra­chen wir mit dem MC, der sein Herz auf der Zun­ge trägt, über die Realness-​Debatte und Poli­tik im Deutschrap, die Ein­flüs­se auf sei­ne Musik sowie sei­ne Plä­ne nach der Rap-Karriere.

MZEE​.com: Du bist ein Rap­per, der sich, wenn man es so sagen will, auf der heu­ti­gen Spiel­wie­se des Raps rela­tiv "redu­ziert". Dei­ne Live-​Auftritte bestehen aus DJ und MC, du drif­test auf dei­nen Tracks in kei­ne Pop-​Richtung oder Ähn­li­ches ab … Des­halb wür­de ich zu Beginn des Inter­views ger­ne wis­sen, wie du die heu­ti­ge Rap­sze­ne ganz per­sön­lich empfindest.

MC Bom­ber: Auf jeden Fall zum größ­ten Teil sehr pein­lich. Das war sie aber schon immer. Das Gute an der heu­ti­gen Rap­sze­ne ist, dass sie sehr groß ist. Da kann man eini­gen pein­li­chen Acts, die ver­kaufs­zah­len­tech­nisch etwas poten­ter sind, für dan­ken. Die wei­ten den Markt ein Stück weit aus, sodass man als klei­ner Untergrund-​Künstler davon pro­fi­tiert und auch mehr ver­kau­fen kann. Aber im Gro­ßen und Gan­zen kann man es künst­le­risch natür­lich nicht ernst neh­men. Das inter­es­siert mich alles über­haupt nicht.

MZEE​.com: Gibt es ein Sub­gen­re, mit dem du gar nichts anfan­gen kannst? 

MC Bom­ber: (über­legt) Schwer zu sagen. Ich könn­te die­ses Trap-​Movement nen­nen, aber das wäre zu ein­fach. Da gibt es auch Sachen, die mir gut gefal­len. Ich kann ja mal ein paar Names drop­pen: Ich fin­de Yung Hurn lus­tig, Hai­y­ti aka Rob­be­ry ist eine Atz­in und ich fin­de lus­tig, cool und real, was die macht. Ich könn­te da jetzt kein Sub­gen­re nen­nen, das mich expli­zit stört. Aber im Gro­ßen und Gan­zen bin ich vor allem mit mei­ner eige­nen, der aus mei­nem Umfeld und der Mucke beschäf­tigt, die wir sam­peln – ins­ge­samt ganz wenig Deutschrap.

MZEE​.com: Es gibt auch kein Sub­gen­re, das dich stark beeinflusst? 

MC Bom­ber: Mitt­ler­wei­le nicht mehr. Frü­her war ich sehr Westberlin-​Rap beein­flusst. Jetzt inter­es­siert mich eigent­lich nur noch das, was um mich rum pas­siert. Was Kara­te Andi, Mor­lockk Dilem­ma und mein Atze MC Shacke machen und ein Stück weit auch, was Audio88 & Yas­sin machen. Ich könn­te jetzt noch ein paar Namen nen­nen, aber ins­ge­samt inter­es­siert mich dann noch mehr die Mucke, die wir sam­peln Und das ist kei­ne Rap-Mucke.

MZEE​.com: Was sam­pelt ihr denn zum Beispiel?

MC Bom­ber: Boah, wir haben ein rie­si­ges Reper­toire an Sample-​Mucke. Zum Bei­spiel unga­ri­scher Punk aus den 70er Jah­ren. Wir sind eben alles Musik­lieb­ha­ber. Ich mag sehr ger­ne Jazz, bei­spiels­wei­se John Col­tra­ne. Sowas höre ich halt und das beein­flusst mich am Ende des Tages mehr als das neue Megaloh-Album.

MZEE​.com: Du wirkst ja eher wie ein ganz nor­ma­ler Typ, der nicht son­der­lich auf Fame aus ist, son­dern ein­fach rap­pen und sei­nen Spaß haben will. Sehe ich das richtig? 

MC Bom­ber: Also, ich bin ein ganz nor­ma­ler Typ – stimmt nicht. Ich bin ein groß­ar­ti­ger MC, das ist nicht so nor­mal. Und ich bin defi­ni­tiv auf Fame aus. Das ist ein guter Motor, um Mucke zu machen. Aber wor­auf ich nicht aus bin, ist Koh­le. Mein Haupt­an­lie­gen ist es, dope, fres­he Musik zu machen und mein Arsch­loch dafür so wenig wie mög­lich lockern zu müs­sen. Wenn man das im Fokus hat, dann soll­te man nicht auf die Koh­le schie­len, son­dern auf den Dope­heits­grad der Musik und wie man dope Mucke ein­schätzt und ehr­lich zu sich selbst sein und authen­ti­sche Musik machen kann. Und damit auch fame wer­den, das ist ja nichts Schlech­tes. Auch mehr Live-​Gagen zu bekom­men, weil mehr Leu­te da sind, ist ja abso­lut nichts Schlech­tes. Natür­lich geht es ums Mucke­ma­chen. Aber Fame ist auch wich­tig, klar. Weil wir davon leben.

MZEE​.com: Es ist ver­mut­lich auch nach­hal­ti­ger, als den Schnell­schuss zu suchen, um berühmt zu wer­den und die gro­ße Koh­le zu machen …

MC Bom­ber: Ja, defi­ni­tiv! Es geht nicht um den schnel­len Fame, son­dern um die ange­spro­che­ne Nachhaltigkeit.

MZEE​.com: Ist Rap denn dann eine tem­po­rä­re Beschäf­ti­gung für dich, also dei­ne aktu­el­le Art und Wei­se, dich aus­zu­drü­cken, die viel­leicht mal ersetzt wer­den kann? Oder denkst du, dass du "für immer" rap­pen wirst? 

MC Bom­ber: Es ist auf jeden Fall gera­de mei­ne Haupt­be­schäf­ti­gung. Ich habe noch kei­nen Plan für danach. Mit Rap geht auch der mul­ti­me­dia­le Fak­tor ein­her – zum Bei­spiel, Vide­os zu machen. Da geht in Zukunft sicher noch mehr.

MZEE​.com: Kannst du dir vor­stel­len, mal als Label­chef zu agie­ren oder ins Manage­ment zu wechseln? 

MC Bom­ber: Ja, könn­te ich mir durch­aus vor­stel­len. Ich wür­de aber eher den Weg in den künst­le­ri­schen Bereich suchen. Lie­ber Musik­vi­de­os für ande­re machen, als ande­re Rap­per signen. Weil ein A&R wird immer dar­an gemes­sen, wie viel Erfolg die jewei­li­gen Künst­ler haben. Dafür müss­te ich mich viel mehr mit Deutschrap aus­ein­an­der­set­zen, um zu wis­sen, was Geld ein­bringt oder was Sinn macht. Das wäre mir zu anstren­gend. Ich glau­be, A&R wäre nicht so mein Job. Ich wür­de eher Musik­vi­de­os machen, das kann ich mir sehr gut vorstellen.

MZEE​.com: Du stu­dierst mei­nes Wis­sens nach Kunst. Hilft dir die­ses Stu­di­um denn, wenn es dar­um geht, Vide­os zu machen? 

MC Bom­ber: Ich mache gera­de nicht so viel für mein Stu­di­um. Aktu­ell mache ich haupt­säch­lich Rap-​Mucke. Das ist der Sta­tus quo. Ich habe kei­ne Plä­ne, ich sage nur, was ich mir vor­stel­len kann. Ich bin gera­de am Anfang mei­ner Rap-Karriere.

MC-Bomber-1-FotoByVitaliGelwich

MZEE​.com: Kom­men wir mal zu einer der ursprüng­lichs­ten Fra­gen bezie­hungs­wei­se einem der frü­hes­ten Grund­sät­ze des Raps: dem Realness-​Thema. Auch, wenn du es viel­leicht für durch­ge­kaut hältst – fin­dest du, dass das Gan­ze heu­te, gera­de in Zei­ten des Imager­aps, noch eine Rol­le spielt? Wenn ja, inwiefern? 

MC Bom­ber: Ich fin­de Real­ness nicht so wich­tig. Ich kann von mir sagen, dass ich sehr real bin. Aber ins­ge­samt ist mir, was Rap angeht, Real­ness nicht so wich­tig. Ich fin­de ein viel wich­ti­ge­res Wort, das man ein­füh­ren soll­te, ist Ori­gi­na­li­tät. Da kann ein Typ noch so real sein: Wenn er nur so eine Ami-​Kacke bitet, was bringt ihm dann sei­ne Realness?

MZEE​.com: Wenn man an Imager­ap­per denkt, die irgend­wel­che Rol­len spie­len: Ist das für dich noch originell? 

MC Bom­ber: Da wären wir wie­der beim Name­drop­ping. Aber es gibt durch­aus Leu­te, die den einen oder ande­ren ori­gi­nel­len Impuls in Deutschrap gebracht haben – und das, ohne dass sie beson­ders real sind. Wür­de ich also schon sagen, ja. Ich will in ers­ter Linie enter­taint wer­den. Für gutes Enter­tain­ment ist mein Anspruch Ori­gi­na­li­tät und nicht Real­ness. Oder Fla­vour. Ach, ich weiß nicht … eine behin­der­te Debat­te. Dem einen oder ande­ren nach­zu­wei­sen, dass er nicht real ist – wenn das der Sinn und Zweck von Rap ist, dann weiß ich auch nicht. Das inter­es­siert mich nicht.

MZEE​.com: Wo wir schon dabei sind, wie man mit The­men im Rap umge­hen kann – Mar­te­ria sag­te kürz­lich: "Ich fin­de, Musik muss poli­ti­scher wer­den." Was sagst du dazu? 

MC Bom­ber: Och, wenn es schlau gemacht ist, dann sicher­lich. Aber all­ge­mein – ich weiß nicht. Wenn jetzt alle, weil die AfD mehr Stim­men bekommt, Klassenkämpfer-​Rap machen … ich weiß nicht. Wenn es schlech­ter Rap ist, ist es schlech­ter Rap. Ich wür­de da vor­sich­tig sein. Guter poli­ti­scher Rap, ger­ne auch lin­ker – bit­te, ger­ne! Wenn es da so etwas gibt wie "Schel­len" von Audio88 & Yas­sin, dann ger­ne. Aber wenn es nur so halb­ga­res Zeug ist, dann lie­ber "Fick dei­ne Mut­ter" und "Auf die Schnauze".

MZEE​.com: Er bezog sich dabei vor allem auf Pop-​Musik und mein­te, dass Men­schen nicht wüss­ten, wel­che Macht sie mit ihrer Musik hätten. 

MC Bom­ber: Ja, aber halb­ga­re Plat­ti­tü­den scha­den eher der Kunst, als dass sie Men­schen auf den rich­ti­gen Weg füh­ren. Und man soll­te die Macht von Künst­lern auch nicht überschätzen.

MZEE​.com: Für Künst­ler besteht ja auch die Mög­lich­keit, außer­halb der Musik – ein­fach über ihre Reich­wei­te in sozia­len Netz­wer­ken – für ein The­ma zu wer­ben. Es gibt zum Bei­spiel Künst­ler wie Nazar, die sich im Rah­men einer Wahl aktiv zeigen. 

MC Bom­ber: Fin­de ich in Ord­nung. Wenn es not­wen­dig und an der Tages­ord­nung ist, sol­len sich Künst­ler äußern. Aber ob sie es mit der Kunst an sich machen oder nur mit der Stim­me, das ist ein Unter­schied. Ich fin­de nicht, dass Rap zwangs­läu­fig poli­tisch wer­den muss.

MZEE​.com: Kommt für dich denn infra­ge, dich bei der nächs­ten Wahl zu äußern?

MC Bom­ber: Das kommt für mich infra­ge, aber ich wer­de kei­ne Wahl­emp­feh­lung abge­ben. Wenn sich die Lage ver­schärft auf den Stra­ßen, dann wer­de ich mich äußern, wenn mei­ne Reich­wei­te groß genug ist und nicht lächer­lich aus­sieht. Habe ich auch schon in Tracks gemacht. Aber ich will den Leu­ten da nicht etwas vor­kau­en und sagen: "Wählt nicht die AfD". Wel­cher Trot­tel wählt die schon, im Hip­Hop sowie­so nie­mand. Ich bin da schon kul­tur­pes­si­mis­tisch und Nihi­list und weiß nicht, was es brin­gen soll, den Leu­ten zu sagen: "Mach dies nicht, mach das nicht". Mein Rat wäre viel­leicht sogar: Geh über­haupt nicht wäh­len, mach einen Bund mit dei­nen Freun­den und such' dir am bes­ten eine ruhi­ge Ecke, wo es solan­ge ruhig bleibt, bis es rich­tig kracht und bring' dich sel­ber um. (lacht)

MZEE​.com: Kom­men wir auf ein wei­te­res Zitat zu spre­chen; es stammt vom Schrift­stel­ler Hen­ry Mil­ler und lau­tet: "Neu­tral sein, heißt tot sein." – fin­dest du es wich­tig, dass Rap grund­sätz­lich Mei­nun­gen trans­por­tiert, auch unab­hän­gig von poli­ti­schen Themen? 

MC Bom­ber: Ich kenn' das Zitat von Hen­ry Mil­ler jetzt nicht direkt und weiß nicht, was er mit Neu­tra­li­tät meint. Meint er poli­ti­sche Neu­tra­li­tät oder klein­bür­ger­li­che Neu­tra­li­tät, dass man alles so gesche­hen lässt? Kei­ne Ahnung.

MZEE​.com: Es muss nichts Poli­ti­sches sein. Es kann ganz all­ge­mein gese­hen "neu­tral" bedeu­ten … Dass man alles um sich rum und mit sich gesche­hen lässt. 

MC Bom­ber: Wenn man es mit sich gesche­hen lässt, ist man sicher­lich tot. Aber es gibt ja auch noch einen Unter­schied, ob man gesell­schaft­li­che Din­ge, die sich ent­wi­ckeln, igno­riert oder für sich eine Nische schafft. Kei­ne Ahnung, schwie­ri­ge Fra­ge. Der Klein­bür­ger ist für mich größ­ten­teils auf jeden Fall tot.

MZEE​.com: Weil …?

MC Bom­ber: Na ja, den gan­zen Tag arbei­ten gehen, Hele­ne Fischer hören, eine blö­de Frau neben sich haben, die man nicht mehr bumst, bescheu­er­te Kin­der und einen Hund im Gar­ten haben – das hat doch schon was von tot sein. Wenn Hen­ry Mil­ler das mit Neu­tra­li­tät meint, dann heißt das sicher­lich auch tot sein.

MZEE​.com: Laut Pres­se­text ist besag­ter Hen­ry Mil­ler mit sei­nem außer­ge­wöhn­li­chen Lebens­mo­dell dein Vor­bild. Was genau fas­zi­niert dich so an sei­nem Leben? 

MC Bom­ber: Genau das, was ich gera­de gesagt habe. Dass er sich eine Nische geschaf­fen hat, ein selbst­be­stimm­tes und authen­ti­sches Leben geführt hat. Er hat lie­ber in den sau­ren Apfel gebis­sen, nicht ange­passt zu sein. Er hat lie­ber in bit­ters­ter Armut gelebt, aber dabei mit einem blö­den Grin­sen, weil man sich wenigs­tens das aus­ge­sucht hat.

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MZEE​.com: Glaubst du, dass es damals ein­fa­cher war, so zu leben, als heute? 

MC Bom­ber: Ich glau­be, unan­ge­passt und authen­tisch leben war damals genau­so schwer wie heute.

MZEE​.com: Ich weiß nicht. Dadurch, dass alles so vor­be­stimmt ist, auch durch die Medi­en und die Gesell­schaft, ist es heu­te doch schwe­rer, oder? 

MC Bom­ber: (über­legt) Frü­her waren es die gesell­schaft­li­chen Zwän­ge und dass man zu wenig Koh­le hat­te. Heu­te ist es viel­leicht die Mas­sen­ver­blö­dung, die einen dazu zwingt. Die Zwän­ge unter­schei­den sich sicher in der Qua­li­tät, wie die Leu­te dazu gezwun­gen wer­den, ange­passt, neu­tral und tot zu sein. Kann ich nicht beur­tei­len, ich hab' zu der Zeit ja nicht gelebt.

MZEE​.com: Wir unter­hal­ten uns ja eigent­lich heu­te auf­grund dei­nes neu­en Releases. Sound­tech­nisch geht es da etwas här­ter zu. Denkst du, dass deut­scher Rap gera­de ein Album wie "Pre­digt" braucht? Bei­spiels­wei­se als Kon­trast­pro­gramm zum anhal­ten­den Pop-​Einfluss auf diver­sen Deutschrap-Alben? 

MC Bom­ber: Das war auf jeden Fall nicht die Inten­ti­on, war­um ich das so gemacht habe. Ich habe das gemacht, weil es so aus mir raus­ge­spru­delt ist. Ich bin nicht mit dem Plan ran­ge­gan­gen, weil ich gesagt hab', dass deut­scher Rap genau die­ses Album braucht. Das wäre nie mein Ansatz, Mucke zu machen. Ich mach' das, was ich mache. Und wenn es dafür einen Markt gibt und die Leu­te es kau­fen, dann werd' ich wenigs­tens kein Penner.

MZEE​.com: Wenn man die Rap­sze­ne von außen betrach­tet, war es doch an der Zeit, dass so ein Album mal kommt, oder?

MC Bom­ber: Das ist nett, dass du das so sagst, aber ich betrach­te die Rap­sze­ne nicht von außen. Da gibt es viel schö­ne­re Sachen. Auch die Rap­sze­ne von außen zu betrach­ten, um zu schau­en, wel­che Mucke man machen soll, ist ganz schön blöde.

MZEE​.com: Apro­pos "Ein­fluss" – du stehst seit nicht all­zu lan­ger Zeit bei Frau­en­arzt unter Ver­trag. Ist sein Ein­fluss auf dei­ner Plat­te zu hören oder hat er sich aus der Pro­duk­ti­on kom­plett rausgehalten? 

MC Bom­ber: Der Ein­fluss von ihm ist inso­fern zu hören, als dass ich frü­her sei­ne Mucke gehört habe. Jetzt unmit­tel­bar nicht.

MZEE​.com: Hat sich denn seit dei­nem Sig­ning abseits des­sen etwas für dich geändert? 

MC Bom­ber: Ja, man erkennt mich häu­fi­ger auf der Stra­ße … Und ich neh­me das Mucke­ma­chen jetzt erns­ter als frü­her, weil neben mei­nem Namen jetzt auch der Name des Labels auf dem Spiel steht und ich kei­nen ent­täu­schen will, der mir eine gro­ße Chan­ce gege­ben hat. Aber der Druck vom Label ist rela­tiv gering.

MZEE​.com: Zu guter Letzt: Ich habe gehört, dass du extrem viel liest. Kannst Du unse­ren Lesern zum Abschluss viel­leicht noch einen klei­nen Lese­tipp mit auf den Weg geben? 

MC Bom­ber: Ich habe seit der Album­pro­duk­ti­on nichts Ordent­li­ches mehr gele­sen. Was habe ich denn als Letz­tes gele­sen? (über­legt) Boah, mein Kopf ist nur vol­ler Pro­mo und Rap-​Kacke, mir fällt es nicht ein. Da sieht man mal, wie blö­de die­se Rap-​Kacke macht. Ich habe durch das Album nicht mehr gelesen.

MZEE​.com: Das könn­te ja ein Ziel sein – oder steht schon das nächs­te Pro­jekt an? 

MC Bom­ber: Ja! Danach, wenn mal Ruhe ist und der Kopf leer. Der brummt die gan­ze Zeit und da man voll nar­ziss­tisch nur an sein Pro­dukt denkt, bleibt da nicht so viel Zeit übrig. Wenn das Album dann drau­ßen ist, habe ich wie­der Zeit für Bücher.

MZEE​.com: Gibt es spe­zi­el­le Gen­res, die du ger­ne liest? 

MC Bom­ber: Ich lese eigent­lich Sach­bü­cher. Ich bin nicht so der Freund von Belletristik.

MZEE​.com: Wenn man die Brü­cke zur Musik schlägt, hilft dir das Lesen?

MC Bom­ber: Ja, ja! Das kann ich auf jeden Fall kom­plett beja­hen. Lesen, Fil­me gucken, auf ande­re Kon­zer­te und ins Thea­ter gehen … das ist auf jeden Fall wich­tig für die Texte.

MZEE​.com: Weil man krea­ti­ver wird?

MC Bom­ber: Es ist ein­fach der Input. Man muss irgend­wo was rein­ste­cken, damit hin­ten etwas raus­kommt. (lacht) Ich will jetzt kei­ne Namen nen­nen, aber man kann natür­lich immer die glei­che Gül­le schrei­ben, die glei­chen Reim­sche­ma­ta nut­zen oder den fünf­ten, um die Ecke gedach­ten Wie-​Vergleich brin­gen, aber ob das so inno­va­tiv ist, wage ich zu bezwei­feln. Für Inno­va­ti­on braucht man Input, man muss sich geis­tig ernähren.

MZEE​.com: Gibt es etwas, das dir am meis­ten hilft? Oft spre­chen Rap­per ja an die­ser Stel­le von Serien …

MC Bom­ber: Ich gucke nicht so vie­le Seri­en. Die letz­te Serie, die ich geschaut habe, ist "House of Cards". Die hat mich nicht so beein­flusst. Ich kann jetzt kei­ne Titel nen­nen. Es ist ein­fach auch unbe­wusst – sei es beim Lesen oder wenn ich mal wie­der einen Wer­ner Herzog-​Film schaue und da wird ein Schiff über einen Berg gezo­gen … Ich weiß nicht, ich kann dir jetzt kein Eins-​zu-​Eins-​Beispiel nen­nen, wie ich wo beein­flusst wur­de. Ich mach' mir ein­fach mei­ne Noti­zen. Es geht dar­um, geis­tig beweg­lich zu blei­ben. Wenn man nicht immer die glei­che Schei­ße machen will, muss man eben die Augen und Ohren offen­hal­ten. Das sieht man zum Bei­spiel an unse­ren Musik­vi­de­os. Da ist künst­le­ri­scher Ansatz zu sehen. Das gibt es im Deutschrap nir­gends­wo anders. Bei uns sieht man nicht zum 500 037. Mal ein Video mit einer AK. Aber es ist auch schwie­rig, einen künst­le­ri­schen Pro­zess zu beschrei­ben und woher man die Ideen bekommt. Das kommt ein­fach, es spru­delt so raus und man ist unter­be­wusst beein­flusst von dem, was man gese­hen oder gele­sen hat.

(Fabi­an Thomas)
(Fotos von Vita­li Gelwich)