Ich kann schreiben darüber, aber darüber nicht reden.
Wer in einer Szene, die täglich um neue Gratis-Downloads bereichert wird, sein Hobby zum Beruf machen will, hat es nicht leicht. Um mit Rap zumindest etwas Geld zu verdienen, kann es daher ganz hilfreich sein, bereits eine kleine, loyale Fanbase zu besitzen. Diese scheint der Passauer !llflow zu haben, konnte er doch per Crowdfunding die Produktionskosten seines neuen Albums "Zwietracht" abdecken. Doch hat sich die Investition seiner Fans auch gelohnt?
!llflow selbst scheint für "Zwietracht" jedenfalls viel Mühe in ein einheitliches Klangbild investiert zu haben. Die analoge, volle Soundästhetik, die von ruhigen, melodiösen Tönen bis hin zum druckvollen Brett reicht, wirkt stets oldschoolig und insgesamt wie aus einem Guss. Dies scheint gar nicht so einfach, zeigen die zugehörigen Texte doch sehr viele unterschiedliche Seiten des Rappers. Der Besuch der technikfokussierten "Flowschule", die nicht immer ganz einfache Beziehung zu seiner Freundin ("Gern geschehen") oder die Kritik am Umgang der Menschheit mit der Natur ("Hallo Mensch" feat. E.ZY) – !ll erzählt von so ziemlich allem, was ihn beschäftigt. In erster Linie spricht er aber über sich und sein Innerstes. So dient die Auseinandersetzung mit den Tiefen des Lebens als Grundinhalt von Tracks wie "Hallo & Tschüss" oder "Frankreich am Meer", die definitiv Höhepunkte des Albums darstellen. Bei so viel Talent, ehrlich und nachvollziehbar vom eigenen Ich zu erzählen, wird !llflows technische Begabung fast zur Nebensache. Wobei es auf "Zwietracht" ohnehin weniger darum geht, was der Rapper auf dem Kasten hat, als viel eher darum, was ihm auf dem Herzen liegt. So redet er sich einige negative Dinge von der Seele und beschenkt die Hörer gleichzeitig mit einem runden Gesamtwerk.
Obwohl die Produktionskosten schon beglichen sind, wird !llflow mit "Zwietracht" wohl nicht wirklich viel Geld verdienen. Will er aber auch gar nicht. Denn wer das Album gehört hat, weiß, dass dies nie Ziel der Platte war. Dem Passauer reicht es, am Ende des Albums mit sich selbst im Reinen zu sein. In einer Szene, in der viel zu oft nur darauf geachtet wird, wie viel man mit einer Veröffentlichung verdienen kann, gibt es eben auch hin und wieder Werke, die dem Künstler selbst und nicht seinem Konto gut tun.
(Daniel Fersch)
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