Und rappe in der Zukunft immer noch darüber …
Dass alle noch wacker sind als früher.
Deutscher Rap im Jahr 2016. Für jeden ist etwas dabei. Jeder hat seine eigene kleine Nische und abgesehen von gelegentlichen "Real oder fake"-Diskussionen duldet man sich größtenteils auch gegenseitig. Wer Party machen möchte, macht Party. Battlerapper battlen, die Realkeeper keepen real – jeder, wie er will. Wer möchte da nicht Teil von sein? Allem Anschein nach Retrogott und Hulk Hodn. Denn die kennen nur eine Antwort auf das szeneinterne Gruppenkuscheln: "Sezession!"
Wovon sich das Duo loslösen will, ist dabei nicht sonderlich überraschend. Wie immer will man mit Wack MCs, Marionetten der Musikindustrie und Popmusikfritzen genauso wenig zu tun haben wie mit deren Fans. Die Verachtung gegenüber diesen und anderen Personengruppen wird von Retrogott in gewohnt humorvolle bis bitterböse Zeilen verpackt und von Hulk Hodn mit mal mehr, mal weniger funky Samplebeats untermalt. Alles beim Alten, aber keineswegs veraltet. Wer unbedingt Unterschiede zu früheren Releases der beiden finden möchte, dem könnte – abseits der Tatsache, dass die Platte nur auf Tour erhältlich ist – zumindest auffallen, dass alles ein wenig durchdachter anmutet als früher. Hodns Beats klingen weniger roh, Cuts scheinen bewusster gesetzt und Retrogotts Texte wirken weniger arrogant als sonst, erscheinen hier und da verschachtelter und haben zudem noch viel mehr politischen Bezug. Dabei handelt es sich aber um keine urplötzliche Veränderung des Stils. Viel eher sind dies Entwicklungen, welche sich schon auf "Fresh und umbenannt" allmählich abzeichneten, sodass sich auch das neueste Werk problemlos in die Diskografie der beiden einreiht.
Die "Sezession!" des Duos trennt sie also nicht von ihrem eigenen, bisherigen Stil. Auch die Art und Weise, wie sich die beiden bisher von ihren Szenekollegen distanzierten, wird durch das aktuelle Werk nicht verändert. Vielmehr gibt das Album der Schiene, die Hulk Hodn und Retrogott seit jeher fahren und die man inhaltlich wie stilistisch von ihnen gewohnt ist, einen neuen Namen. Insofern stellt die Platte auch keine wirkliche Innovation dar, sondern bildet den nächsten, konsequenten Schritt auf einem Weg, den die beiden von Anfang an gehen.
(Daniel Fersch)