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Kritik

Prezident – Limbus

"Mehr so in den Abgrund bli­cken als auf die Reim­sil­ben." – Hier fin­det Ihr ab sofort die Kri­tik zu Pre­zi­dents aktu­el­lem Release "Lim­bus" aus den Rei­hen der MZEE​.com Redaktion.

Mehr so in den Abgrund bli­cken als auf die Reimsilben.

Die "Divina Com­me­dia" war das letz­te Werk Dan­te Ali­ghie­r­is, einem der bekann­tes­ten ita­lie­ni­schen Schrift­stel­ler des 13. und 14. Jahr­hun­derts. In sei­nem Haupt­werk beschreibt Dan­te den "Lim­bus" als eine Art Vor­höl­le der Neu­tra­len und Mit­tel­mä­ßi­gen. Ein Ort, an dem gesichts­lo­se See­len ziel­los durch die Ewig­keit mäan­dern. Etwas abseits die­ses Spek­ta­kels steht eine klei­ne, her­un­ter­ge­kom­me­ne Eck­knei­pe, die ledig­lich ein paar weni­ge Stamm­gäs­te beher­bergt, lee­re Fla­schen teu­rer Schnäp­se als Deko im Regal ste­hen hat und in der nur bil­li­ger Fusel aus­schenkt wird. Genau hier sitzt Pre­zi­dent, blickt durch ein ver­dreck­tes Fens­ter nach drau­ßen und beschreibt für uns den "Lim­bus".

Auf schwe­ren, sample­schwan­ge­ren Klang­tep­pi­chen, deren ver­floch­te­ne Ver­satz­stü­cke ein Durch­drin­gen fast unmög­lich machen, berich­tet der Rap­per von dem, was hin­ter der Schei­be geschieht. Sei­ne zor­ni­ge, kraft­vol­le Stim­me domi­niert die Instru­men­tals pro­blem­los. Die Beats von Jay­Baez sind im Ver­gleich zu dem, was man von Pre­zi­dent-Releases sonst gewohnt ist, viel­schich­ti­ger und enger mit dem Inhalt ver­bun­den. Die­ser umfasst alles Trei­ben in und um den "Lim­bus": das Wan­ken im Voll­suff durchs Lui­sen­vier­tel, die Tris­tesse eines Anti-​Pilgerpfads durch IKEA Rich­tung Höl­le und den Zustand eines Kopfs, der, weit mehr als aus­ge­brannt, viel eher einem "Kre­ma­to­ri­um" gleicht. Alles in groß­ar­tig ignorant-​philosophische Bil­der ver­packt und mit vari­an­ten­rei­chem Flow ver­mit­telt. Ein homo­ge­nes Sound­bild und die tech­nisch star­ke Leis­tung des Wup­per­ta­lers run­den das Werk voll­ends ab. Zwi­schen krat­zi­gen Loops, Selbst­re­fle­xi­on und Pathos scheint Pre­zi­dent sein bis­her bes­tes Werk erschaf­fen zu haben. Am Ende von 14 Anspiel­sta­tio­nen nimmt der Rap­per einen wei­te­ren Schluck Whis­key und schweigt wieder.

Wäh­rend die "Gött­li­che Komö­die" das Ende Ali­ghie­r­is Schaf­fens dar­stellt, könn­te "Lim­bus" für Pre­zi­dent end­lich der Schritt sein, der sei­ne Kar­rie­re in eine Rich­tung treibt, die sie schon seit etli­chen Jah­ren ver­die­nen wür­de. Und soll­te ihm nicht gefal­len, was er in die­ser Rich­tung sieht, so bleibt ihm stets noch die schä­bi­ge Eck­knei­pe in der Nähe des "Lim­bus".

(Dani­el Fersch)

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