Kategorien
Interview

GReeeN

"Ich glau­be, die meis­ten HipHop-​Medien geben voll den Fick auf mich." – GRee­eN im Inter­view über sein Album "Ver­ges­se­nes König­reich", sein neu­es Alter Ego Grinch Hill sowie Online-​Battleturniere und den Ver­lags­deal bei SONY ATV.

Hört man den Namen GRee­eN, denkt man unwei­ger­lich an Batt­le­tur­nie­re wie das Video­b­att­le­tur­nier (VBT) oder Juli­en­s­Blog­Batt­le. Dass der Mann­hei­mer nicht nur dar­auf zu redu­zie­ren ist, bewies er spä­tes­tens 2013, als er die EP "Alles grün" ins Ren­nen schick­te. Etwa zwei Jah­re, eine Free-​Download-​EP und eini­ge Auf­trit­te ließ er sich anschlie­ßend Zeit, um sein aktu­el­les Album "Ver­ges­se­nes König­reich" ver­gan­ge­nen Som­mer zu ver­öf­fent­li­chen. Nun, knapp ein hal­bes Jahr spä­ter, tra­fen wir uns end­lich mit GRee­eN zum Gespräch über sei­ne Plat­te, das neue Alter Ego Grinch Hill und den erst kürz­lich abge­schlos­se­nen Ver­lags­deal mit SONY ATV.

MZEE​.com: Du wur­dest vor Kur­zem bei SONY ATV unter Ver­trag genom­men. Könn­test du zu Beginn des Inter­views kurz erklä­ren, wel­che Bedeu­tung so ein Ver­trag genau hat?

GRee­eN: Klar. Also erst mal muss man wis­sen, dass es dabei nicht um die Plat­ten­fir­ma SONY, son­dern um den Ver­lag SONY ATV geht. Da habe ich mit mei­nem Mana­ger zusam­men eine Edi­ti­on gegrün­det. Das heißt, dass man als Song­wri­ter agie­ren kann, einen gewis­sen Vor­schuss vom Ver­lag bekommt und natür­lich ein Netz­werk nut­zen kann, das ziem­lich groß ist und eine tol­le Infra­struk­tur hat. Und beson­ders in der Sache Song­wri­ting kann ich jetzt rich­tig Gas geben, mich mit Musi­kern tref­fen und mit ihnen zusam­men Lie­der schrei­ben. Und da ich ja eine eige­ne Edi­ti­on gegrün­det hab', kann ich somit jetzt auch sel­ber Künst­ler in mei­ne Edi­ti­on aufnehmen.

MZEE​.com Wie muss man sich denn so eine Edi­ti­on vor­stel­len – was ist der Unter­schied dazu, wenn man bei­spiels­wei­se bei einem Label gesignt ist?

GRee­eN: Das sind zwei Paar Schu­he. Ich bin ja wei­ter­hin bei einem Label gesignt. Der Ver­lag ist im End­ef­fekt für die Ver­wal­tung der Wer­ke zustän­dig, zum Bei­spiel für die Anmel­dung der Titel bei Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten oder ihrer Regis­trie­rung bei Sub­ver­la­gen. Außer­dem bringt dich ein Ver­lag über sein Netz­werk auch mit ande­ren Künst­lern zusammen.

MZEE​.com: Kommt denn der Ver­lag auf einen Künst­ler zu und fragt, ob man zusam­men­ar­bei­ten möch­te, oder umgekehrt?

GRee­eN: Ich hab' gute Kon­tak­te durch mei­nen Mana­ger und er hat das geklärt. Wir sind zusam­men nach Ber­lin gefah­ren und haben uns mit SONY ATV getrof­fen, haben das Album hin­ge­schickt und sie waren davon sehr begeis­tert. So kam die Zusam­men­ar­beit zustan­de. Eigent­lich kommt man da nur durch Kon­tak­te rein, glaub' ich. Oder du hast echt Glück, schickst dein Album hin und sie wer­den dadurch auf­merk­sam. Aber bei SONY ATV krie­gen die bestimmt unend­lich vie­le Demo­tapes jeden Tag auf den Tisch …

MZEE​.com: Als ich dich das letz­te Mal vor Jah­ren getrof­fen habe, hat­test du gera­de dei­ne "Alles grün"-EP ver­öf­fent­licht und die ers­ten Erfol­ge in diver­sen Online-​Battles gefei­ert. Was hat sich seit­dem alles für dich verändert?

GRee­eN: Ich hab' mitt­ler­wei­le zwei Deutschland-​Tourneen hin­ter mir – die letz­te ging auch durch Öster­reich und die Schweiz –, ich hab' mit mei­nem Mana­ger zusam­men ein Label gegrün­det … Nach der "Alles grün"-EP hab' ich die "Hip­pie 2.0"-EP ver­öf­fent­licht und anschlie­ßend am Album gear­bei­tet, das letz­ten August rauskam.

MZEE​.com: Musst du eigent­lich neben­bei arbei­ten oder machst du das Gan­ze hauptberuflich?

GRee­eN: (über­legt) Seit­dem wir uns das letz­te Mal gese­hen haben, lebe ich eigent­lich von der Musik. Ich bin aber auch ein Mensch, der sau­gut mit Geld klar­kommt, hab' kein Auto …

MZEE​.com: Na ja, ein Auto passt ja irgend­wie auch nicht zu dei­nem Image.

GRee­eN: Wegen dem "green", ne? (grinst)

MZEE​.com: Ja. Du darfst dir aber ein Elektro-​Auto holen.

GRee­eN: (lacht) Also, ganz auf­hö­ren kann man ja auch nicht. Ich hab' ne Bahn­Card 50 und fah­re viel mit der Bahn. Ich fahr auch wesent­lich lie­ber Zug als Auto. Okay, auf der Tour hat­te ich auch von SIXT ein Auto als Tour­bus gemie­tet. Aber den­noch ist es viel schö­ner, im Zug zu sit­zen und ein Buch zu lesen, als sel­ber fah­ren zu müssen.

MZEE​.com: Ich träu­me immer noch davon, dass ich spä­ter mal die Bahn­Card 100 hab'.

GRee­eN: (lacht) Wie viel kos­tet die denn?

MZEE​.com: Ich glau­be, über 3.000 Euro im Jahr. Aber du gehst ein­fach an irgend­ei­nen Bahn­hof und kannst in jeden erdenk­li­chen Zug ein­stei­gen, ohne dir ein Ticket zu kaufen.

GRee­eN: Wow. Das wär' der Ham­mer. Ein­fach die 100er Bahn­kar­te neh­men, die gan­ze Zeit rum­rei­sen und in jedes Hotel ein­che­cken, das du halt so findest …

MZEE​.com: Dafür musst du, glaub' ich, noch ein paar Plat­ten ver­kau­fen … (bei­de lachen) Spre­chen wir mal über die neu­es­te Ent­wick­lung dei­ner Kar­rie­re: Du hast seit Kur­zem einen bösen Alter Ego namens Grinch Hill – aus wel­cher Idee her­aus ist Grinch Hill entstanden?

GRee­eN: Das ist mein Yin und Yang. Qua­si mein Aus­gleich. Das fin­de ich sehr wich­tig als Künst­ler. Ich bin auch kein per­fek­ter Mensch und beson­ders im Künst­le­ri­schen möch­te ich mal etwas ande­res aus­le­ben kön­nen. Wir ste­hen ja auch auf bru­ta­le Fil­me oder Bücher, die uns in eine ande­re Welt ent­füh­ren. Und die­ser Aus­gleich ist total wich­tig für mich. GRee­eN ist qua­si mein Tage­buch, mei­ne Gedan­ken­welt. Das bin ich und das ist mei­ne Per­sön­lich­keit. Die Per­son, die sagt: "Ja, es wäre wun­der­schön, wenn alles immer gut wär." Ich gebe mir selbst Mut mit den Tex­ten, die ich schrei­be. Und wenn ich sage: "Auf ein wun­der­schö­nes Leben!", heißt das noch lan­ge nicht, dass mein Leben immer per­fekt ist und ich immer gut gelaunt bin. Aber ich moti­vie­re mich damit. Wenn ich frü­her trau­rig war und dann ein trau­ri­ges Lied geschrie­ben habe, wur­de ich nur noch trau­ri­ger. Wenn man dann aber singt: "Hey, steh auf, das Leben war­tet auf dich!", dann spricht man sich sel­ber Mut zu. Grund­sätz­lich bin ich zu 90 Pro­zent ein glück­li­cher Mensch, aber es gibt auch mal Tage, da geht's einem nicht so gut. Bei mir sind es meis­tens nur ein paar Stun­den, in denen ich Trüb­sal bla­se – und dann mun­te­re ich mich eben sel­ber wie­der auf. Um noch mal auf Grinch Hill zurück zu kom­men: Ich habe gemerkt, dass ich bei GRee­eN immer nur Real Talk von mir geben kann. Aber ich lese halt total ger­ne Fantasy-​Romane, in denen kras­se Schlach­ten geschla­gen wer­den und es einen Prot­ago­nis­ten gibt, dem viel Schei­ße pas­siert und der immer wie­der auf­ste­hen muss. Die­se Welt wür­de ich ger­ne aufs Musi­ka­li­sche über­tra­gen. Und dafür ist Grinch Hill da. Ich möch­te damit mei­ne eige­ne, fik­ti­ve Roman­fi­gur erschaffen.

MZEE​.com: GRee­eN ist also der rea­le Typ und Grinch Hill eine fik­ti­ve Figur.

GRee­eN: Ja. Mei­ne böse, fan­ta­sie­vol­le Seite.

MZEE​.com: Wie muss ich mir den dann vor­stel­len? Wie eine Mär­chen­fi­gur oder doch ein zwei­tes Gesicht dei­ner rea­len Person?

GRee­eN: Das ist die Fra­ge. Die Tex­te sind schon abso­lut fik­tiv gemeint. Er ist eher eine fik­ti­ve, düs­te­re Roman­fi­gur, die die Schat­ten­sei­te der Mensch­heit zeigt. Mit einer sehr bös­ar­ti­gen "Ich ficke dich"- Ein­stel­lung. (lacht)

GReeeN 2016-2

MZEE​.com: … aber er ist ein Mensch.

GRee­eN: (über­legt) Das weiß man nicht so genau. Da bin ich mal gespannt, wo die Rei­se hin­geht. Er ist viel­leicht ein Mensch. Ich hab ja ein Video dazu auf­ge­nom­men und da sieht er nicht wirk­lich aus wie ein Mensch. Wobei, eigent­lich schon, aber wie ein sehr bös­ar­ti­ger … Also, im ers­ten Video ist er schon wie ein Mensch ange­zo­gen, aber er trägt 'ne Mas­ke und hat auch ein ganz ver­rück­tes Kos­tüm an.

MZEE​.com: Seit wann gibt es Grinch Hill nun?

GRee­eN: Eigent­lich schon seit einem Jahr, aber ich hab' damals nur einen Track mit ihm gemacht. Das war eigent­lich eine Not­lö­sung, weil ich gegen den Asia­ten gebatt­let hab'. Ich woll­te GRee­eN davon tren­nen und des­halb dach­te ich dann: Mit Grinch Hill wird har­ter Batt­ler­ap gemacht. Und GRee­eN ist mei­ne per­sön­li­che Musik. Und dar­aus ist er dann ent­stan­den. Jetzt möch­te ich qua­si mei­nen eige­nen Film mit ihm dre­hen, mit einer Kunst­fi­gur, die ich aus dem Boden stamp­fe und die nur musi­ka­lisch und durch Musik­vi­de­os am Leben ist.

MZEE​.com: GRee­eN und Grinch Hill wer­den aber künf­tig nicht zusam­men Musik machen, oder?

GRee­eN: Nee, auf kei­nen Fall. Ich kann mir vor­stel­len, dass sie mal ein Fea­ture zusam­men haben, GRee­eN viel­leicht ver­sucht, Grinch Hill zu bekeh­ren und er ihm ein­fach nur den Mit­tel­fin­ger vors Gesicht hält und sagt: "Was willst du? Fick dich!" (grinst) Grinch Hill darf sich halt alles erlau­ben. Da kann ich schrei­ben, was ich will.

MZEE​.com: Ich kann mir gar nicht vor­stel­len, dass du böse sein kannst.

GRee­eN: (lacht) Ich inter­es­sie­re mich sehr für Schau­spie­le­rei und kann mir auch vor­stel­len, mal in die­se Rich­tung zu gehen. Und nun möch­te ich mich eben musikalisch-​schauspielerisch aus­to­ben … Und ich kann böse sein! Das ist wie bei Bruce Wil­lis. Ich glau­be, das ist der cools­te Typ der Welt und er bal­lert ganz sicher nicht tau­send Leu­te nie­der wie bei "Stirb lang­sam". Aber wenn er im Film ist, dann kann ein lie­ber Typ eben auch einen bösen Cha­rak­ter spie­len. Und das will ich auch.

MZEE​.com: Dein Debüt­al­bum "Ver­ges­se­nes König­reich" ist inzwi­schen ein hal­bes Jahr alt – wenn du heu­te zurück­schaust: Gibt es Din­ge, die du wäh­rend des Album­pro­zes­ses im Nach­hin­ein doch lie­ber anders gemacht hät­test und dir viel­leicht für die nächs­te Plat­te vor­ge­nom­men hast?

GRee­eN: Nach wie vor bin ich über­glück­lich mit dem Album. Aber ich hab' jetzt schon rich­tig Bock, das zwei­te Album zu schrei­ben. Und ich weiß mitt­ler­wei­le auch, was ich in der Pro­duk­ti­ons­pha­se anders machen wür­de. Ich hab' letz­tes Jahr zwei Mona­te durch­ge­schrie­ben und hab' das Gan­ze danach inner­halb von zwei Wochen im Stu­dio rein­ge­kloppt. Das möch­te ich die­ses Mal auf kei­nen Fall mehr machen, son­dern mir zu Hau­se oder bei mei­nem Pro­du­zen­ten ein klei­nes Home­stu­dio ein­rich­ten. Ich schrei­be jetzt schon am zwei­ten Album und dann wer­de ich Stück für Stück immer mal wie­der ins Stu­dio gehen und da dann mei­ne Songs aus­fei­len und per­fekt aufnehmen.

MZEE​.com: Wie läuft das künf­tig mit den Beats?

GRee­eN: Die macht wei­ter­hin mein Pro­du­zent DJ Slick, auch Jochen genannt, und teil­wei­se unter­stützt ihn da auch sein Kum­pel, der Jan Him­mels­bach. Ich bräuch­te eigent­lich jeden Tag fünf neue Beats, weil ich so im Schreib­wahn bin …

MZEE​.com: Und gibst du dem Jochen dann Sachen vor?

GRee­eN: (grinst) Ja, ich gebe ihm schon vie­le Sachen vor. Wir sind ein sehr har­mo­ni­sches Team und arbei­ten ja schon seit sie­ben Jah­ren zusam­men. Ich wür­de auch ganz klar sagen, dass er ein rie­sen­gro­ßer Teil von GRee­eN ist. Ohne ihn wür­de es GRee­eN in der Form nicht geben. Er schickt mir auf jeden Fall dann Beats, auf die ich schrei­be. Aber wenn mir irgend­was an einem Beat nicht gefällt, dann kann ich da schon mit­be­stim­men und er geht voll auf mich ein. Ich muss letzt­end­lich ja auch mit dem Ding auf der Büh­ne ste­hen. Wenn er jetzt einen Beat rich­tig abfei­ert und ich sag': "Sor­ry, das gefällt mir gar nicht – da schreib' ich nicht drauf!", dann lebt er auch damit. Oder er ver­sucht, den Beat so zu ändern, dass er mir gefällt.

MZEE​.com: Dei­ne Musik ist so eigen, dass man sie in mei­nen Augen nicht als "klas­si­schen Rap" irgend­wo ein­ord­nen kann. Ehr­lich gesagt glau­be ich, dass man sie ent­we­der geil oder total gru­se­lig fin­det. (GRee­eN lacht) Du hast in den letz­ten Jah­ren ziem­lich vie­le Fans dazu­be­kom­men – was meinst du, wor­an das liegt?

GRee­eN: In letz­ter Zeit kom­men erstaun­lich vie­le älte­re Leu­te dazu. Das ist total ver­rückt. Müt­ter, Väter, über 30-​Jährige … Ich hab letz­tens ein Bild gepos­tet – "wenn Bäu­me W-​Lan aus­strah­len wür­den" – das wur­de bis­her 12 000 Mal geteilt. Das war nicht mal mein eige­nes. Aber, um auf dei­ne Fra­ge ein­zu­ge­hen … (über­legt)

MZEE​.com: Ich den­ke, dass du in einer stel­len­wei­se etwas här­te­ren Rap­sze­ne sehr durch die­se son­ni­ge Art her­aus­stichst, die sich ja auch auf dei­ne Musik auswirkt.

GRee­eN: Ja, das stimmt auch. Ich fin­de es ein­fach schön, Leu­ten durch eine posi­ti­ve Art Mut zu machen und habe fest­ge­stellt, dass genau das mei­ne Rich­tung ist. Alles ande­re macht für mich kei­nen Sinn. Das Leben kann hart und schlimm sein und ich hab' das lei­der schon mit­er­le­ben dür­fen. Aber ich hab' gemerkt: Wenn ich dann wie ein Schwein­chen noch wei­ter in der Schei­ße wüh­le und dar­über schrei­be, wird alles noch schlim­mer. Und ich glau­be auch, dass Schei­ße noch mehr Schei­ße anzieht. Das Ein­zi­ge, was mich dann eben ret­ten kann, ist, lächelnd durchs Leben zu lau­fen. Das klingt naiv, aber ich hab' die Erfah­rung gemacht, dass es der Wahr­heit ent­spricht. Was natür­lich auch zu die­sem Her­aus­ste­chen bei­trägt, das ist mein Flow. Ich kann sin­gen – nicht wie Jus­tin Bie­ber, son­dern eher eine Mischung aus Rap und Gesang. Und das klingt halt auch nicht nach nor­ma­lem Rap. Das ist wahr­schein­lich auch das, was du meinst: Ent­we­der man liebt es oder man hasst es. Weil das so anders ist, wie alle ande­ren rap­pen oder auf den Beat ein­ge­hen, wie ich mei­ne Stim­me ein­set­ze und mit ihr spie­le. Natür­lich kommt noch hin­zu, dass das alles sehr posi­tiv ist. Ich glau­be, die­sen Style hat sonst eigent­lich kei­ner in Deutschland.

MZEE​.com: Wie war denn eigent­lich das Feed­back der Medi­en zu dei­ner Platte?

GRee­eN: Kommt drauf an, wel­che Medi­en du jetzt meinst. Vie­le Radio­sen­der haben mei­ne Sin­gle "Kom­pass­na­del" sehr oft gespielt, das war schön. Bei den Print- und Internet-​Medien sah das schon ganz anders aus. Ich hab' gar nicht mal so vie­le Reviews dazu gele­sen. Die Plat­te ist ja schon … na ja, ich möch­te jetzt nicht sagen "unter­ge­gan­gen". Aber es haben nicht alle HipHop-​Medien dar­über berich­tet. Eher weni­ger. Wir hat­ten pro­mo­tech­nisch Internet- und Radio-​Promotion. Das ist ein biss­chen wenig für 'ne Plat­te. Und ich glau­be, die meis­ten HipHop-​Medien geben voll den Fick auf mich. Aber mir egal. Ich wer­de denen schon noch zei­gen, was abgeht. (lacht)

GReeeN 2016-3

MZEE​.com: Ord­nest du dich sel­ber kom­plett in die Rap-​Szene ein?

GRee­eN: Nein. Auf kei­nen Fall. Es ist auch Rap, aber nicht nur. Ich weiß, Namen zu sagen ist immer ein biss­chen gefähr­lich, aber ich tu's jetzt ein­fach trotz­dem: Ich wür­de mich als eine Mischung aus Peter Fox, Mar­te­ria, Jan Delay und einer klei­nen Bri­se Cro bezeich­nen. Und ich rede hier nicht vom Text­li­chen. Son­dern davon, dass das alles Künst­ler sind, die sehr eigen klin­gen. Die haben alle ihren ganz eige­nen Style, rap­pen aber nicht pur auf den Beat, son­dern machen so eine Art Singsang-​Rap. Und da wür­de ich mich auch ein­glie­dern. Singsang-Reggae-Pop-Rap.

MZEE​.com: Apro­pos HipHop-​Medien. Eine dei­ner ers­ten Anlauf­stel­len vor Jah­ren war das dama­li­ge VBT, an dem du teil­ge­nom­men hast. Stimmt es, dass du als Grinch Hill bald noch mal an Online-​Battleturnieren wie dem JBB teil­neh­men möchtest?

GRee­eN: Also, die­ses Jahr gibt es ja das JMC. Das ist kein Battlerap-​Turnier, son­dern ein Con­test, bei dem es um den cools­ten Rap­song geht und nicht ums Batt­len. Das heißt, Juli­en macht die­ses Mal gar nichts. Er darf ab und zu ein Veto ein­le­gen, aber ansons­ten bewer­tet er eigent­lich nicht. Es geht um die Klicks, Ver­kaufs­zah­len und Likes. Anhand derer wird dann gemes­sen, wer eine Run­de wei­ter­kommt. Man wird in Grup­pen ein­ge­teilt und die tre­ten dann gegen­ein­an­der an. Und wer die meis­te Auf­merk­sam­keit bekommt, gewinnt.

MZEE​.com: Und kannst du dir vor­stel­len, noch mal an einem rich­ti­gen Battlerap-​Turnier teilzunehmen?

GRee­eN: Mit Grinch Hill schon, ja. Des­halb gibt es ihn ja auch.

MZEE​.com: Die meis­ten Rap­per, die durch Online-​Battles bekannt wur­den, distan­zie­ren sich im Gegen­satz zu dir spä­tes­tens vor dem ers­ten Album von die­ser Sze­ne. Was meinst du, wor­an das liegt?

GRee­eN: Kei­ne Ahnung. Viel­leicht, weil sie den­ken, das ist das deut­sche DSDS, nur in Rap­form. (lacht) Ich bin ein Typ, der auf die­se gan­zen Prestige-​Sachen ein­fach einen gesun­den Fick gibt. Ich den­ke mir: Solan­ge ich die Musik machen kann, die ich machen möch­te, und mir da nie­mand rein­re­det, bie­tet mir eine Platt­form wie das VBT oder Juli­en doch ein­fach nur ein rie­sen­gro­ßes Publi­kum – und das ist das Ein­zi­ge, was ich brau­che. Ich weiß gar nicht, was die alle immer gegen die­se For­ma­te haben. Letzt­end­lich redet dir in die­sen For­ma­ten nie­mand rein, wie du dei­ne Musik zu machen hast. Das heißt, du kannst Musik machen, wie du willst, und vor einem gro­ßen Publi­kum ste­hen. Und ich wuss­te schon immer: Stell mich vor ein Publi­kum und ich wer­de Erfolg haben.

MZEE​.com: Was mich oft ein biss­chen irri­tiert hat, waren Künst­ler, die unbe­kannt waren, an so einem Tur­nier teil­ge­nom­men haben, dann dadurch etwas bekann­ter wur­den und spä­ter sag­ten: "Och, nö. Mit die­sen Online-​Turnieren hab' ich gar nichts zu tun".

GRee­eN: Das ist echt lächer­lich. Sie den­ken halt, dass gestan­de­ne Künst­ler, die es angeb­lich ganz allei­ne geschafft haben, so einen Weg nie­mals hät­ten ein­schla­gen dür­fen. So ein lächer­li­ches Gela­ber. Jeder hat sei­ne Unter­stüt­zung gehabt. Ob es jetzt ein Label war, das star­ke Kon­tak­te hat, ein Battlerap-​Turnier oder ein ande­rer gro­ßer Künst­ler. Jeder hat auf irgend­ei­ne Art und Wei­se Unter­stüt­zung erhal­ten. In den sel­tens­ten Fäl­len stellst du als unbe­kann­ter No Name ein Video ins Netz und das geht dann durch die Decke. Selbst bei Cro war das nicht so. Er war bei Chim­pe­ra­tor gesignt, zunächst als Sup­port Act unter­wegs und hat­te gro­ße Netz­wer­ke, wo die­ses Video erst mal ver­netzt wur­de. Jan Delay hat das geteilt … Das sind lau­ter Fak­to­ren, die dann sol­che Hits zum Explo­die­ren bringen.

MZEE​.com: Wo wir gera­de bei Battlerap-​Formaten sind. Ver­folgst du denn auch For­ma­te wie DLTLLY oder Rap am Mittwoch?

GRee­eN: Ja. Die gucke ich mir sogar sehr ger­ne an.

MZEE​.com: Und kannst du dir vor­stel­len, auch mal bei einem Live Batt­le anzutreten?

GRee­eN: Eigent­lich schon. Es kommt total drauf an, ob es ein geschrie­be­nes oder ein Freestyle-​Battle ist, auf das man sich nicht vor­be­rei­ten kann. Das fin­de ich dann schon ein gan­zes Stück schwie­ri­ger. Da müss­te ich erst trai­nie­ren. Aber bei den bei­den For­ma­ten ist ja das Meis­te auch vor­ge­schrie­ben. Das ist für mich nichts groß­ar­tig ande­res als bei einem Video­b­att­le­tur­nier teil­zu­neh­men. Ich kann ja live bestehen, ich muss nur den Text aus­wen­dig ler­nen. Und ich glaub', ich hab' auch eine gute Büh­nen­prä­senz. Bloß, ob der Text dann auch gut genug wäre und ich gewin­ne – das ist noch mal eine ande­re Sache. (grinst)

MZEE​.com: So, wir kom­men jetzt mal lang­sam auf das Ende zu … Da du ja in letz­ter Zeit wochen­lang auf dei­ner Tour unter­wegs warst und ver­mut­lich auch Eini­ges gese­hen hast, wür­de ich ger­ne zum Abschluss von dir wis­sen: Wel­che Orte auf die­ser Welt möch­test du unbe­dingt ein­mal besuchen?

GRee­eN: Oh, da gibt es ganz vie­le. Da sind wir wie­der beim sprin­gen­den Punkt. Ich ver­su­che, mich mit der Musik auf eine Art und Wei­se von dem Gan­zen hier frei­zu­kau­fen, damit ich auf Rei­sen gehen kann. Ich ver­su­che, immer wie­der zu ver­rei­sen, auch durch Deutsch­land. Wegen dem Geld kann ich mir noch kei­ne Welt­rei­se leis­ten und ich bin nicht der Typ, der hier arbei­ten geht und dann reist. Das hat für mich eher was mit Stress zu tun. Ich will lie­ber schön viel Geld haben und dann rei­sen gehen. Und ich möch­te die gan­ze Welt noch sehen – von Aus­tra­li­en bis Süd­ame­ri­ka. Ich hab letz­tens ein Doku über Pata­go­ni­en ange­se­hen und da will ich unbe­dingt hin! Das ist in Süd­ame­ri­ka, drei­mal so groß wie Deutsch­land und wahn­sin­nig unbe­rührt. Ich ste­he nicht so auf die­se nor­ma­le Tourismusbranche …

MZEE​.com: Die­se Club­ur­lau­be sind ja eh grund­sätz­lich etwas …

GRee­eN: … ekel­haft, oder? (lacht)

MZEE​.com: Ja. Das hat ja nichts mehr mit "drau­ßen in der Natur sein" zu tun, wenn man mit 500 Leu­ten auf so 'nem klei­nen Strand­ab­schnitt liegt.

GRee­eN: Das stimmt. Da bin ich auch ein biss­chen nei­disch – die Leu­te, die in den 70er und 80er Jah­ren auf­ge­wach­sen sind und da rei­sen konn­ten … Ein Freund von mir ist um die gan­ze Welt gereist und hat halt noch mit­be­kom­men, wie es war, als Ruck­sack­tou­rist nach Marok­ko zu wan­dern, durch Ägyp­ten, nach Jeru­sa­lem, durch die Tür­kei und zurück – nur mit 'nem Ruck­sack. Hast dich mit­neh­men las­sen … alles war noch unbe­rührt und du konn­test über­all zel­ten. Heu­te wird alles gere­gelt, über­all gibt's Kriegs­ge­bie­te. Das ist echt scha­de. Da muss man dann eben heu­te wei­ter weg­flie­gen – zum Bei­spiel nach Pata­go­ni­en. (lacht)

MZEE​.com: Ich glau­be, man darf auch nicht war­ten, bis man 40 ist. Wer weiß, wie die Welt bis dahin aus­sieht und ob man selbst noch fit genug ist für sol­che Reisen …

GRee­eN: Abso­lut. Und das ist auch etwas, was ich mit mei­ner Musik immer zum Aus­druck brin­gen möch­te: "Lebt im Jetzt, Leu­te! Hört auf, immer in der Zukunft zu leben oder die Ver­gan­gen­heit nicht abschlie­ßen zu wol­len. Das Leben spielt jetzt." Und des­we­gen hab' ich damals auch mei­ne Aus­bil­dung abge­bro­chen und bin Musi­ker gewor­den. Und das ist auch der Grund, war­um ich Musik mache: Natür­lich, weil ich Musik lie­be. Aber auch wegen der Bot­schaft: Ich erfüll' mei­ne Träu­me, um dir zu zei­gen, was mög­lich ist.

(Flo­rence Bader)
(Fotos: Arthur Rewak Visu­al Design)