Dass sich Männer lieben, sorgt wohl immer noch für Erregung …
Was ein echter Mann ist, weiß ich aus der Pizzaburger-Werbung!
Wie erklärt man jemandem, dass er das, was er scheinbar recht gerne macht, doch lieber sein lassen sollte? Wie erklärt man ihm, dass Liebe zu einer Sache natürlich wichtig wäre, bei fehlendem Talent aber dennoch davon abzuraten sei? Wie erklärt man Juse Ju, dass er das Mic besser an den Nagel hängen sollte? Denn sobald sich der DLTLLY-Host endlich seines Micky-Maus-Mikrofons entledigt hat, kann er sich viel öfter hinter ein richtiges Mic klemmen und noch mehr "Angst & Amor" verbreiten.
Das grandiose, elfteilige Kunstwerk bietet Juse par excellence und behandelt alles, was in seinem Leben, der Rapszene und Deutschland allgemein so schief läuft. Mal liest er aus seiner "Akte X" fragwürdige Politmeinungen vor, dann wiederum mimt er das pathetische "YouTube Pin Up". Dass er auch sich selbst dabei nie ganz ernst nimmt, beweist er zum Beispiel mit "Rebound Boy", dem quasi-Sequel des "ÜndR"-Titels "Ketamin", auf dem er mit Sängerin Marie Gold vom Dasein als Lückenbüßer erzählt. Die meist oldschooligen Untermalungen von unter anderem Bluestaeb, Cap Kendricks und Figub Brazlevič verleihen den spitzzüngigen wie augenzwinkernden Inhalten dabei noch mehr Hörgenuss. Trotz beständiger Qualität sticht die Auseinandersetzung mit dem "Messias von Benztown" Max Herre als Highlight noch hervor. Aus der Sicht seines älterwerdenden Ichs skizziert Juse den Werdegang des Freundeskreis'schen Lockenkopfs von der Stimme des Widerstands hin zur Voice of Germany. Statt eines gewalttätigen Racheakts gibt es zum Ende aber nur einen Audiomitschnitt, in dem sich zwei der Fantastischen Vier ein Loch ins Pop-geschwängerte Wohlstandsbäuchlein freuten, als ein Kandidat eine recht eigenwillige Version von "Lose yourself" zum Besten gab. I feel your pain, Juse!
Mag sein, dass ich Juse Jus Host-Skills anfangs nur schlecht geredet habe, damit er sich noch mehr aufs Rappen fokussiert. Doch wenn es dadurch mehr solch wunderschöner, fulminanter Alben wie "Angst & Amor" gibt, sind mir alle Mittel recht.
(Daniel Fersch)
Reinhören/Downloaden:
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