Reduzier' mich auf das Minimum, häng' nicht ab mit Hinz und Kunz.
Du hast noch so viel Zeit, bist für Verbitterung noch viel zu jung.
Nach seinem Major-Debüt "Nix mehr egal" im vergangenen Jahr backt Ahzumjot wieder kleinere Brötchen. Die "Minus"-EP wird – wie schon sein erstes Soloalbum "Monty" – in Eigenregie erstellt und aus dem heimischen Wohnzimmer heraus vertrieben. Symbolisch verdeutlicht findet sich dieser bewusste Rückschritt auch im Artwork. Auf dem minimalistischen Cover ist Ahzumjots rosa Quadrat-Logo lediglich blass angedeutet, das Booklet besteht aus komplett schwarzen Seiten. Beinahe drängend wird einem klar gemacht: Hier geht es nicht um Marketing oder Kommerz, sondern nur um die Musik.
Das hört man der EP auch an. Mit "Tag Zwei" knüpft Ahzumjot nahtlos an den Schluss seiner letzten Platte an und reflektiert seinen bisherigen Weg, aber auch die Entstehungsumstände seines neuen Projekts: "Ist doch gut, 'nen Satz zurück zu machen, wenn es nicht geklappt hat." In Zeiten, in denen sich einige Deutschrapper fast ausschließlich über Chartplatzierungen profilieren, ist ein groß angelegtes Album inklusive limitierter Deluxebox und Promomaschinerie im Nacken nahezu Pflicht. Doch bleibt dabei das Musikalische oft auf der Strecke. Dieser Entwicklung wirkt Ahzumjot mit "Minus" entschieden entgegen. Sehr persönlich legt der Hamburger seine Gedanken offen: über sich selbst, über das Leben – und auch über Deutschrap. So ist "Montag" eine fast schon intime Momentaufnahme aus Ahzumjots Leben, in welcher er Versagensängste und Selbstzweifel während seines Werdegangs offenlegt. "Platz/Angst" hingegen ist eine detailreiche Beobachtung der Rapszene, die sich in der Metapher des "Clubs" überraschend vielfältig entfaltet: "Jetzt ist der Club leider randvoll mit Hype, denn dieser Club ist der ganz neue Scheiß." Treffend analysiert Ahzumjot die Entwicklung der Szene und hinterfragt seine eigene Position darin. Die detailverliebten Produktionen der EP sind genau am Geist der Zeit, besitzen aber dennoch eine robuste Eigenständigkeit. Die Stimmung der Beats, die in Zusammenarbeit mit Levon Supreme entstanden sind, wirkt stets lebendig und liegt geschmeidig wie ein Schleier über den Songs. Mal scheppert es auf dem Trap-angehauchten "Minus" fast schon aggressiv vor sich hin, dann wieder hüllt eine dunkle Bassline auf "Allein" den Rapper in seiner Einsamkeit ein.
Die "Minus"-EP ist nicht nur ein stimmiges Rap-Projekt. Sie schafft es auch, Ahzumjot zu rehabilitieren, wo eigentlich keine Rehabilitation notwendig sein sollte. Mit einem oberflächlichen Rückschritt bewegt er sich weg vom Hype und anderen Gimmicks genau in die richtige Richtung. Dorthin, wo er einfach nur gute Musik machen kann.
(Florian Peking)
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