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Kritik

Sylabil Spill – Fress.Orgie/ Okular

Bring mir die­sen deut­schen Rap-Monarch.
Aber bringt ihn nicht ohne Flick­zeug und Arzt …

Eigent­lich dient ein Radie­rer dazu, fei­ne Blei­stift­stri­che zu ent­fer­nen. Der Radi­ra jedoch löscht gan­ze Land­stri­che aus. Und das sogar im Dop­pel­pack, denn mit gleich zwei EPs sor­gen Syla­bil Spill und sein Alter Ego für tota­le Zerstörung.

Wäh­rend man im Fall von "Oku­lar" aber noch von einer kon­trol­lier­ten Spren­gung reden kann, ver­sinn­bild­licht die "Fress.Orgie"-EP blin­de Ver­nich­tungs­wut. Die kom­plett vom Megaloh-​Live-​DJ Gha­nai­an Stal­li­on pro­du­zier­te "Okular"-EP beschäf­tigt sich mit der Gesell­schaft, der Mani­pu­la­ti­on von und durch Medi­en und schmet­tert dem alles über­thro­nen­den Kapi­ta­lis­mus eini­ge bit­ter­bö­se Zei­len ent­ge­gen. Die vom Radi­ra selbst pro­du­zier­te "Fress.Orgie" wid­met sich einem Battlerap-​Tobsuchtsanfall, der den Boden der Cypher blut­rot färbt. Unheil­vol­le, fins­te­re Sam­ple­beats, flan­kiert von dump­fem Bass und schep­pern­dem Boom bap, sor­gen für eine pas­sen­de Atmo­sphä­re, wenn der Rap­per mit der tie­fen rau­en Stim­me bra­chi­als­te Zei­len zum Bes­ten gibt. Auf bei­den EPs bleibt Syla­bil sei­nem Stil treu. So gren­zen sich die Wer­ke zwar inhalt­lich von­ein­an­der ab, wir­ken aber den­noch wie aus einem Guss – egal, ob Stakkato-​Beleidigungen auf "1,.2,.3,…Alles" oder kon­zep­tio­nell durch­dach­te Aus­ein­an­der­set­zung mit den frag­li­chen "Must Haves" unse­rer Gesell­schaft auf "Sperr­holz". Trotz – oder viel­leicht gera­de wegen – des wuch­ti­gen Sounds und des teils schwer­fäl­li­gen Stimm­ein­sat­zes häm­mern sich Tracks wie "Angst" und "Dei­ne Eltern sind Affen" als unbarm­her­zi­ge Ohr­wür­mer in den Schä­del. Jedes der Wer­ke für sich allei­ne lässt durch­aus einen Hauch des ande­ren ver­mis­sen, doch genau dar­um geht es bei die­sen Plat­ten: zwei Ein­zel­stü­cke, die gemein­sam mehr als nur die Sum­me ihrer Tei­le sind.

"Fress.Orgie" und "Oku­lar" hin­ter­las­sen nichts, abge­se­hen von zwei Schnei­sen der Zer­stö­rung, den gro­ßen Faust­ab­drü­cken von Syla­bil Spill bezie­hungs­wei­se dem Radi­ra und zwei star­ken EPs, die zwar auch ein­zeln, aber beson­ders gemein­sam mehr als gut funktionieren.

(Dani­el Fersch)

Reinhören/​Downloaden:

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