Der schön-schaurige Horrorfilmthread

Vorhin jetzt den neuen „Halloween“ gesehen, war ganz nett aber nichts was einen jetzt übermäßig aus den Socken haut.
 
"Mother!": Originell, vielschichtig, hervorragend umgesetzt. Locker Aronofskys bester Film. Zusammen mit "The VVitch" das Beste, was ich in den letzten Monaten gesehen habe.
 
Beim zweiten Versuch hat's geklappt: Das "Suspiria"-Remake von Luca Guadagnino ist eine erstaunlich hüftsteife Kopfgeburt, sehr artifiziell und auf jener Seite des Arthaus-Kinos beheimatet, wo man bedeutungsschwangere Sätze durch den Zug an einer Zigarette unterbricht, um sie schießlich nicht zu Ende zu führen. Ähnlich künstl(er)is(c)h wie Argentos Original, fehlt Guadagnino jedoch größtenteils das emotionale Verständnis, um Gefühle aus den Bildern herauszukitzeln, etwas, das Argento in seinen psychotropen Farbräuschen meist hervorragend gelingt. Er scheint auch kein Fan des Genrekinos zu sein, so gut wie jede Szene im Remake ist streng apollinisch grundiert und wirkt durchchoreographiert und zu Tode geprobt. Die Neuauflage von "Suspiria" wurde von Drehbuchautor und Regisseur buchstäblich zu Ende gedacht: Es ist kaum noch Leben in ihr vorhanden, sieht man von zwei exzellenten Szenen ab: Die tanzende Hinrichtung zu Beginn und das eindrucksvolle Finale. Ansonsten herrscht Geschwätzigkeit in Erdtönen. War das Original kunterbunt, wirkt Guadagninos Version beige. Einzig Thom Yorkes Soundtrack sorgt mit den Liedbeiträgen für tiefergehende, emotionale Höhepunkte. Man legt Wert auf peinlichst genaue Detailtreue, um das Berlin der End-70er abzubilden, dessen Atmosphäre wurde aber weitaus besser in Zulawskis "Possession" auf den Punkt gebracht.
Über weite Strecken völlig humorlos, glänzt schließlich im Epilog (der die Geschichte leider einfallslos und kitischig abrundet) eine kurze, witzige Szene, die sich mit den Aufräumarbeiten nach den Massakern beschäftigt. Dieses Augenzwinkern hätte dem Rest des Films spürbar gut gestanden, es sind lange 152 Minuten, die oft mit dem Spiel von blassen Darstellern gefüllt werden. Tilda Swinton spielt groß auf, wenn sie nicht gerade ihre deutschen Zeilen mühsam abliest. (In der Originalfassung wird sehr viel Deutsch gesprochen, ich schätze, über die Hälfte des Films kann man sich an deutschen Sätzen in verschiedensten Akzenten erfreuen.)
Irgendwo las ich, Dakota Johnson habe sich nach den Dreharbeiten in Therapie begeben. Das liegt wahrscheinlich eher an den drei Teilen "Shades of Grey", die sie zuvor drehte, als an "Suspiria".

Argentos Original: 10/10
Guadagninos Remake: 6-7/10
 
Die zwei großartigen Szenen sind dafür aber WIRKLICH großartig. :D Leider braucht man für manche Sequenzen ganz schön Sitzfleisch. Und der bemühte Bezug zum Deutschen Herbst und den Nazis wird auch nicht jedem schmecken. (Nach dem Abspann wird man von Dakota Johnson geblitzdingst.)
 
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"Spring" vermischt laut dem Backcover "den kosmischen Horror eines H.P. Lovecraft mit den virtuosen Filmen Richard Linklaters" - und ja, dies könnte eine erste treffende Beschreibung für die Liebesgeschichte im "Dagon"-Setting sein. Der Film wirkt frisch und ist sehr schön fotografiert. Was will man mehr? (Die Regisseure Benson und Moorhead drehten u.a. auch "Resolution" und "The Endless".)
 
Auf welchem Niveau pegelt sie sich denn ein? Für wirklich Filminteressierte oder eher nur ein Werbemagazin?
 
OK, gut. Ich brauch eh noch eine Zeitschrift für die nächste Zugfahrt.

EDIT: Stiglegger schreibt dort? Prima. :) :thumbsup: Gory News und Tape-O-Mania in St. Ingbert. :D Sehr gut, wusste gar nicht, dass die deadline so tief verwurzelt ist. Hielt die immer für ein Hochglanzwerbeheftchen.
 
Ja, ging damals aus der Gory News hervor, gleicher Herausgeber. Weiß nicht, ob er bei der Tape-o-Mania immer noch involviert ist (die gibts zwar noch, hab ihn aber schon ewig nicht mehr dort gesehen), das Splatterday Night Fever veranstaltet er aber noch. Ist jedenfalls eher eine Zeitschrift von Liebhabern und mit schickem Design, aber kein Hochglanz. Du schreibst doch auch gut, frag doch mal nach, ob sie noch jemanden brauchen ;)
Früher hab ich dem Tape-O-Mania eigentlich immer einen Besuch abgestattet, wenn ich im Saarland war, die letzten fünf Jahre bin ich aber nicht mehr dort gewesen. Läuft es denn noch?
Danke für die Blumen, aber mir versiegt die Tinte, sobald es halbwegs offiziell wird. Das gehört in ein Forum oder in einen Blog, aber nicht in ein Magazin. ;)
 
Gestern Killer Kate! gesehen, der angeblich ganz gut sein soll. Ziemlicher Amateur-Film mit zugegebenermaßen zeitweise charmanter Hauptdarstellerin und nettem Soundtrack, aber ansonsten Zeitverschwendung.
 
Hereditary gesehen. Oha, das war ein Bastard von einem Film.

Also wer bock hat auf zwei Stunden Beklemmung, Angst und Unwohlsein, der ist hier genau richtig:D

Ohne Witz, seit Conjouring das Beste was ich an Horror die letzten Jahre gesehen hab.
 
Gestern ein kleines Double Feature gegönnt (Erst MUBI, dann Kino):

suspiria_2018.png


War meine zweite Sichtung des Originals. Muss sagen, dass mir diesmal mehr aufgefallen ist wie doof die Dialoge teilweise sind und wie dünn die Story ist. Aber lebt ja auch viel mehr vom Visuellen. Soundtrack ist natürlich über alles erhaben. Das Remake ist eher eine Hommage und entfernt sich zum Glück an den meisten Stellen stark von der Vorlage. Die bunten Farben sind weg und die Story rückt mehr in der Vordergrund. Es gibt aber ein paar Mängel:
Der Höhepunkt der Geschichte wirkt etwas übertrieben und stellenweise etwas absurd. Markos wurde in einigen Reviews mit Jabba the Hutt verglichen wurde, was irgendwie auch passt. Die folgende Blut-Orgie hat mich zwar fasziniert, aber hätte mit etwas mehr Fingerspitzengefühl und weniger Schock-Effekt angegangen werden sollen. Außerdem bin ich mir nicht sicher, warum Tilda Swinton den Psychotherapeuten spielt. Man erkennt halt immer an der Stimme, das hier eine verkleidete Frau einen Mann verkörpert. Das hat mich stellenweise etwas aus der Geschichte gerissen.
Das Setting im deutschen Herbst und im geteilten Berlin verbindet sich aber außerordentlich gut mit der bedrückenden Stimmung des Hexenkonvents. Die Tanzszenen sind genial und eine davon werde ich wohl nie vergessen. Die schnell zusammengeschnittenen Traumsequenzen sind ebenfalls extrem gut inszeniert.

Auch wenn es gänzlich unterschiedliche Filme sind, würde ich beide so bei 7,5 oder 8/10 Punkten einordnen.
 
Damit ist das Original viel zu schlecht bewertet, immerhin nach "The Holy Mountain" der beste Filme, der jemals gedreht wurde. ;) Einem Argento-Film mit Story und Dialog beikommen zu wollen, ist auch die völlig falsche Herangehensweise. Durch den Siegeszug der Serien hat sich die Vorherrschaft der Autoren weiter verfestigt, so dass fast nur noch Augenmerk auf Handlung und Gesprochenem liegt, mittlerweile wird viel zu viel dahingeschwafelt, was man eigentlich in Bildern zeigen müsste. Klar, dass das im Feuilleton und angeschlossenen Magazinen gut ankommt, sind die meisten Journalisten doch selbst verhinderte Autoren/Schriftsteller - und damit Verfechter des Wortes.
Jabba The Hutt? Ich musste an einen der Cenobiten aus "Hellraiser" denken.
Swintons Mehrfachrolle kann man mit dem Genderthema, das sich etwas aufgesetzt durch den Film zieht, erklären, wobei dieser Vulgärfeminismus eher schadet. Auch witzig, weil dem Regisseur des Originals immer wieder Misogynie vorgeworfen wurde. (Unaufmerksame, wortfixierte Journalisten. In Argentos Filmen brauchen die meisten weiblichen Protagonisten z.B. keinen männlichen Helden, der sie rettet. Aber sobald etwas sexualisierte Gewalt auf dem Bildschirm stattfindet, drehen die Spießer frei. Sie sehen, was sie sehen wollen, weil sie gar nicht genau hinsehen.)
Die Traumsequenzen, überhaupt fast alles Übernatürliche, wirken im Remake streberhaft. Guadagnino ist ein totaler Kopfmensch, der - selbst noch im Versuch das Unbewusste anzuzapfen - verkrampft und nicht loslassen kann. Sie erscheinen oft wie eine lästige Pflichtübung, um dem Teil der Zuschauer gerecht zu werden, der einen Horrorfilm erwartet hat. Und keinen Arthaus-Beitrag zur Genderdiskussion, den Auswirkungen des Hitlerfaschismus und des geteilten Deutschlands.
 
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Ja, gut...weiß ich auch, dass man mir das als cineastische Blasphemie auslegen kann. Würde den auch gerne noch mehr mögen, aber dafür ist er für mich einfach auch zu schlecht gealtert. Argentos Traumlogik in allen Ehren, aber Szenen wie die sich theatralisch in Draht wälzende Alte wirken einfach völlig überzogen. Zwei Arbeitskolleginnen haben den auch gerade auch zum ersten Mal geguckt und meinten, dass sie ihn 0% gruselig fanden. Und das sind jetzt auch eher Filmfestival-Gängerinnen als Jump Scare Aficionadas. Diesen Maßstab an einen Horrorfilm anzulegen finde ich jetzt nicht unfair. Aber klar, im filmhistorischen Kontext und Einfluss eine echte Perle.

Ich fand gerade spannend, dass Guadagnino sich dem Stoff verkopfter angenähert hat. Wäre doch witzlos, wenn er den gleichen Film als 2018er Update gedreht hätte.

Aber krass, dass der Film erst 2 von seinen 20 Mio Budget eingespielt hat. Das wars dann wohl auch mit den geplanten Prequels :(
 
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