„Fröhliche Weltuntergangsmusik“ - Herr Sorge 20.12.12. im Thalia Theater HH (REVIEW)

Prima MC

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Ein kleiner Konzert- oder Erlebnisbericht...

Herr Sorge und die Sorgenkinder LIVE im Thalia Theater in Hamburg am 20.12.2012
So gut wie ausverkauft muss das Thalia Theater gestern am 20.12.2012 gewesen sein, als Herr Sorge - bisher bekannt als Samy Deluxe - seine Sorgenkinder in die Schlacht gegen "Herrn Merkel" geführt hat.
„Fröhliche Weltuntergangsmusik“ ist Titelsong und Kernaussage zugleich.

Gegen 21:10 Uhr geht es los.
Wer die Videos zu den Songs gesehen hat, der hat auch gleich ein Bild vor Augen, wie Herr Sorge und seine Gefolgschaft rund um Vito den Clown, Dr. Zorn (DJ Ben Kenobi??) und weitere Bühnenmusiker, sowie zwei heraussragende Tänzerinnen aus Benelux, in voller "Mad Max-Montur" auf der Bühne ausgesehen haben.
Schon beim ersten Song überkommt mich das Gefühl, hier an etwas Großem teilzuhaben. Da ist zum Einen die Mischung aus lumpig, futuristischen Outfits, dicken Beats mit schweren Synthies und Live-Instrumenten. Zum Anderen ist die Autogetunete Stimme von Samy...entschuldigung...Herr(n) Sorge, die witzige, ernste oder sarkastische Texte mit viel Tiefgang und dem einen oder anderen Augenzwinkern rausposaunt.
Hier und da mit vielen Pitch- und Halleffekten gedoppelt von einem glänzend aufgelegten Clown Vito, den man schon diverse Male am Studiopult in Samys One Take Wonder-Serie hat sitzen sehen. Man ist ja nicht blind.

Zackige, eckige Bewegungen beherrschen nicht nur die oberkrassen Tänzerinnen, auch die anderen Musiker bewegen sich immer synchron im Takt, der bombastisch, elektronischen Klangteppiche auf Halftime-Tempi.
Und bis jetzt ist noch nicht mal viel passiert, wie gesagt, wir sind beim ersten Song!
Die Vibes stimmen, die Stimmung ist super. Ihr müsst euch vorstellen, die Leute sitzen und trotzdem wird natürlich mit dem Kopf genickt, vielleicht auch, um zu sagen: „Ja, Herr Sorge, du hast recht mit dem, was du da verkündest.“

So far, so phat: fette Beats, fette Reime, fettes Drumherum.

Kleine Interludes in Form von witzig verpackten Breaking News rund um das Thema „Weltuntergang“ runden das Ganze super ab. Da wird Japan der erste Platz als Weltuntergangs-Land aberkannt (trotz mutierter Rieseneidechse), weil es einen Frühstart in Fukushima gab. Findet auch Herr Sass hinter den Turntables schade.

Ebenfalls erwähnenswert, nein, erwähnenspflichtig -> kleine Acapellas mit noch mehr Wortwitz und Ironie, als in den sphärischen und düster klingenden Songs.

Um 21:45 Uhr gibt es eine 20-minütige Pause, in der Herr Sorge das politisch unkorrekte Thunfisch-Sandwich empfiehlt, von dem er selber eins verzehrt habe, wie er sagt, „um den Delfinen zu helfen“. Lacher im Publikum, Applaus, Vorhang zu, Licht an, alle raus.
Der Vorhang geht wieder auf. Wir sind dankbar und mehr als nur bereit für Round 2 – Fight!

Herr Sorge, street credible trotz schwarzer Gothic-Schminke, begeistert mit seinen – Zitat – „Zylinderkopfdichtungen“ ein junges und altes Publikum von 14 bis 49, wie wir Radiofuzzis sagen. Die satte Musik geht durch und durch. Der Clown vito wuselt sich durch Sorges gigantische Bühnenpräsenz, der Gitarrist mit der genialen Zombiemaske sitzt in seinen Spielpausen am Boden und zupft sich Essbares von der Hose. Der Keyboarder, den ich wie gesagt als Hamburger Kult-Hiphop-DJ Ben Kenobi enttarnt zu haben glaube, zieht sein Programm durch und haut in die Tasten, oder robottet zum Beat. Genau wie die unfassbar freshen Tänzerinnen.

Wenig später nach dem Herr Sorge kurz von der anwesenden Frau Sorge erzählt, erscheint ein Stargast mit Kristallklarer Soulstimme…Cassandra Steen stimmt mit viel Gefühl und im ansehnlichen Barrockoutfit in ein Duett mit Sorge ein, der erstmal nur noch als Schatten im Spotlight hinter einer Leinwand zu sehen ist.

Wer im Glashaus sitzt, soll keine Gerüchte streuen, aber ich glaube, hiermit könnte die besagte Frau Sorge gemeint sein…GOSSIP!!!!! Sorry, Herr S., das gehört doch zum guten Boulevard- und Musik- oder eben Feuilletonjournalismus!

Okay, weiter im Text. Die "Verschwörungstheorien mit schönen Melodien" sind gegen 22:59 Uhr alle ausgesprochen und das ausgesprochen Deluxe. Wenn ich mir dieses Wortspiel erlauben darf. Da ich selbst rappe, war ich übrigens von der ersten Sekunde inspiriert.

So, wie gesagt, es ist irgendwann 22:59 Uhr und wir müssen gehen. Viel zu früh und vielleicht für immer…aber nicht ohne finale „Kaputte Roboter-Tanzchoreo“ der beiden sweeten Ladies. Swag, Style und ordentlich Hackfleischgewürz.

Danach sind mein Gast aus Berlin (Musa) und ich uns einig: Sam Sorge kann sich stylistisch alles erlauben, wenige hätten das aus dem gemacht, was er da auf die Beine gestellt hat.

Auch wenn die Kartenpreise weltuntergangsmäßig ziemlich knusprig waren, jeder Cent hat sich gelohnt. Für welchen Ramsch hätte ich das sonst wieder ausgegeben?

Mein (Prima MC) Rhyme dazu später in der Cypher bei The Bench im Haus 73:

„Kommt einer und sagt: „Her mit dem Geld junger Mann /
Ist doch egal, morgen ist sowieso Weltuntergang!“

Das soll aber nicht das Fazit sein, sondern das hier:

Alter, war das geil. Schade, dass Herr Sorge Konzeptbedingt gleichzeitig Prototyp und Auslaufmodell ist. Ich wäre auch noch öfter in diese Show gegangen. Gruß an „Herr Sorge und seine Sorgenkinder“ und alle, die wie ich da und geflääääsht waren. Das letzte Wort gehört dem Chef…“Ehre wem Ehre gebührt“, also dir, Herr Sorge:

„Also komm lass uns tanzen gehen, während diese Welt untergeht
Also komm lass uns tanzen gehen, während alles hier in Flammen steht
Komm, komm tanzen wir die Weltuntergangsmusik
Komm, komm tanzen wir solang's noch 'ne Chance gibt“
 
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