Buddhismus

Mal nicht nur den Geschichten-Thread füttern, hier habe ich auch noch mal bissl Unfug!
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Trau keinem toten Meister

Frage: Du hast doch irgendetwas, was wir nicht haben. So kommt es mir zumindest vor. Und du sitzt ja auch da vorne, und wir hier. Wie kommt dir das selbst vor? Sind wir die Dummen?
Karl: Wenn ich mich als weisen Erwachten betrachten würde, gäbe es vor mir lauter dumme Unerleuchtete. Das wäre Trennung. Das wäre die alte Illusion: Dass es hier einen gibt, der etwas weiß, und dass dort einer sitzt, der es nicht weiß. Aber ich rede von dem Wissen, das absolut ist. Es ist hier absolut - und es ist da genauso absolut. Es ist nichts Neues für dich. Deshalb ist es auch nicht etwas, das du erringen kannst. Nicht etwas, das du entdecken kannst. Es ist nichts, wo du hinkommen kannst. Es ist schon vollkommen da. Ich rede von dem, was nie verdeckt war. Was keines Erreichens bedarf. Jedes Bestreben kann nur zu relativem Wissen führen.
F: Man sagt doch: Jeder Lehrer hat noch etwas zu lernen.
K: Ja, solange es einen Lehrer gibt, hat er noch etwas zu lernen.
F: Na, also. Du bist doch ein Lehrer!
K: Das ist unmöglich. Ich kann dich nicht lehren.
F: Aber deshalb bin ich doch hier.
K: Ich kann dich nicht lehren, was du bist. Ich kann dir nichts geben
F: Na, wenn das so ist...
K: Ich kann dir allerdings auch nichts nehmen. Und jeder, der sagt, er kann dir etwas geben oder etwas abnehmen oder dir eine wichtige Erleuchtungserfahrung verschaffen, der lügt.
F: Dann ist Buddha ein Lügner.
K: Ja, trau keinem toten Meister.
F: Na, so einfach ist das aber nicht. Buddha hat ohne Zweifel eine Lehre. Die lautet kurz gesagt: Alles Leben ist Leid. Alles Leid entspringt der Begierde. Es gibt einen Weg, der Begierde zu entkommen. Und das ist der achtfache Pfad.
K: Im Diamant-Sutra sagt er: Es hat nie einen Buddha gegeben, der die Welt betreten hat. Und es wird nie einen geben, der sie betreten wird. Er sagt: Vierzig Jahre habe ich gepredigt und nie etwas gesagt. Es hat keiner etwas gesagt, keiner hat gesprochen, und keiner hat gehört.
F: Aber es gibt den achtfachen Pfad. Es gibt die Lehre. Es gibt den Dharma.
K: Es gibt Leute, die etwas lehren und möglichst immer dieselben Worte wiederholen. Das sind die Dharma-Keeper. Die Erhalter der Misere. Alle Lehren, die sagen, es gibt einen Weg aus der Misere, erhalten die Misere. Die Dharma-Keeper, die Darm-Keeper, diejenigen, die die Verstopfung aufrecht erhalten.
F: Nehmen wir ein anderes Beispiel: Krishna lehrt Arjuna. Die ganze Bhagavad Gita besteht nur aus diesem Lehrgespräch.
K: Krishna, Buddha, Jesus oder Sokrates - das sind alles Erscheinungen. Sie erscheinen dir als Ausweg. Jeder scheint dir ein Bild mit einem schönen Ziel zu zeigen oder wenigstens ein Loch in der Wand: Da kommst du durch. Du musst dich nur bemühen, hoch genug zu springen. Dann kommst du rüber. Du musst dich zwängen. Dann kommst du durch. Am Ende musst du nur Mut genug aufbringen, den letzten Schritt in den Abgrund zu treten.
F: Und stimmt das etwa nicht?
K: Nein, so hoch kannst du gar nicht springen. Und den Schritt kann keiner tun. Diesen Schritt in den Abgrund des Seins, in dir selbst, kann nur das Selbst tun. Und das Selbst braucht diesen Schritt nicht zu tun, weil es der Abgrund ist! Das Selbst ist der absolute Abgrund. Das absolute Nichts.
F: Soll das alles einfach nur heißen, dass du mir nicht helfen kannst?
K: Genau.
F: Das gibt es doch nicht.
K: Im Relativen gibt es alles. In der Realität nichts.
F: Na, ist auch egal. Ich sitze ja trotzdem ganz gern hier.
K: Ich habe gesagt: Hier sitzt keiner, der etwas sagt, und da sitzt keiner, der etwas hört. Das, was hört, und das, was spricht, sind Eins. Da gibt es keine Trennung. Ob das Sprechen aus diesem Körper oder das Hören in jenem Körper stattfindet, das spielt keine Rolle. Das, was hier spricht und was da hört, sind Eins.
F: Das merke ich nicht. Aber trotzdem empfinde ich es hier irgendwie als unterstützend. Es erinnert mich an irgendwas.
K: Möglicherweise an dich selbst.
F: Ja, darum geht's vielleicht.
K: Du wirst auf dich selbst zurückgeworfen. Ich gebe dir nichts. Ich werfe dir immer alles wieder zurück. Gib's mir, gib's dir, gib mich mir.
F: Dich dir?
K: Wir spielen Fangen mit uns selbst.
F: Meine Güte, und dafür habe ich all die Jahre meditiert.
K: Genau dafür. Alles, was vorher passiert und nicht passiert ist, hat dich vorbereitet auf dieses. Damit dieses jetzt so passieren kann. Es gibt nichts Falsches dabei. Es ist immer richtig. Es passiert immer zum richtigen Moment. Jetzt
F: Deshalb: Trau keinem toten Meister.
K: Trau keinem toten Meister, denn es gibt noch nicht mal lebendige.
 
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