Geh zur Seite, mein Junge.
Nach dem Album braucht die Szene eine Schweigeminute.
Wer Vega und sein Umfeld schon länger verfolgt, dem ist Face womöglich noch aus Zeiten von Butterfly Music ein Begriff. Nach fünfjähriger Rap-Abstinenz kehrte er 2016 mit seinem Debütalbum zurück und wurde ein fester Bestandteil bei Freunde von Niemand. Nun veröffentlicht er sein zweites Album: "Kartoffel mit Attitüde".
Beim Durchhören der zwölf Anspielstationen fällt der vorliegende Facettenreichtum auf, der jedoch nicht das Gefühl einer ausgewürfelten Tracklist entstehen lässt. Es gibt den Face-typischen Battlerap, der stets mit einem Augenzwinkern versehen ist, zum Beispiel auf Tracks wie der ersten Singleauskopplung "Vay Vay Vay" oder "Feuer". Aber man lernt auf ruhigen Songs wie "Unsere Geschichten" und "Christi Mam" auch die Person hinter dem Künstler kennen. Die ungewohnte Ballade "Viel zu sehr", die sich entgegen der Erwartung passend in den "Kartoffel mit Attitüde"-Sound einfügt, lässt Face dabei nicht vergessen, auf dem Rest der Platte den "Woddi in die Supersoaker" zu packen. Unterstützung bekommt er – neben den Featureparts von den FvN-Kollegen Vega und Bosca – durch Produzentenpartner Monsta und weiteren aus seinem Umfeld bekannten Namen wie Cristal und Johnny Illstrument. Diese und mehr erschaffen ein stimmiges Klangbild, das auch gerne mal Experimente wagt wie etwa das beinahe an Reggae anmutende "Grenzenlos". Die ein oder andere Gesangshook rundet die soliden bis sehr guten Parts von Face und seinen Gästen dabei ab und wirkt nie deplatziert. Das einzige Fragezeichen, das stehen bleibt, ist der Track "Alle Augen sind geleckt". Es muss sich wohl um einen Insider handeln.
Insgesamt ist "Kartoffel mit Attitüde" ein starkes und hervorragend produziertes Album. Man bekommt eine gesunde Mischung aus Representern und Storytelling-Tracks präsentiert, die Spaß macht. Face zeigt sich verrückt, aber sympathisch, und wirkt durch die persönlichen Geschichten greifbar für den Hörer. Auf diese Weise könnte es ihm gelingen, sich über die FvN-Fanbase hinaus zu etablieren.
(Michael Collins)