Ich hab' 100 000 Fans, die mich noch nicht kenn'.
Mit Haiyti schafft es die erste deutsche Rapperin und erst dritte Frau überhaupt auf das Cover der JUICE. Das mag nicht gerade für den Umgang der Szene mit seinem talentierten weiblichen Anteil sprechen, doch immerhin für die Karriere der Hamburgerin. Wo diese in den letzten Jahren steil nach oben ging, verlief die stilistische Orientierung alles andere als stringent. Kompromissloser Trapsound, dann dramatisch und emotional, plötzlich doch eher poppig – die Musik von Haiyti aka Miami aka Ovadoze aka Robbery ist mindestens so vielfältig wie ihre Pseudonyme. Bringt das erste richtige Album "Montenegro Zero" jetzt Ordnung in das Chaos?
Tut es nicht, denn Haiyti bleibt nach wie vor unberechenbar - und das ist auch gut so. Dass eigentlich schon "Follow mich nicht" das Debüt werden sollte, dann aber doch nur als Mixtape galt, spricht nur umso mehr für das sprunghafte Verhalten der Künstlerin. Egal, ob es ums Business oder die Musik geht. Und doch fühlt sich "Montenegro Zero" dieses Mal professioneller als alles bisher Dagewesene an. Das mag zum Teil an der Unterstützung vom Major liegen, hauptsächlich aber an der erneuten Zusammenarbeit mit KitschKrieg. Das Producerteam fungiert als stabiles Soundfundament, auf dem die Künstlerin von Thema zu Thema und von Style zu Style tänzeln kann, ohne dass die 40 Minuten Laufzeit auseinanderfallen. Ob poppig oder die Neue Deutsche Welle referenzierend, R'n'B-esk oder doch wieder vollends trappig: Haiyti macht rücksichtslos genau das, was sie will, und klingt deswegen auch so einmalig gut. Mag man sich hier und da mal am Soundbild einzelner Versatzstücke stören, das Gesamtwerk – irgendwo zwischen "Mafioso"-Dasein, "Berghain"-Besuchen, einem "Sunny Driveby" und dem "American Dream" – ist gerade wegen seiner Vielschichtigkeit einfach grandios.
Spätestens mit "Montenegro Zero" beweist Haiyti, dass sie weit mehr ist als ein Hype, der sich über zwei Jahre retten konnte, sondern eine ebenso einzigartige wie etablierte Künstlerin. Und hoffentlich eine Vorreiterin, die den Weg für viele weitere Frauen auf dem JUICE-Cover geebnet hat.
(Daniel Fersch)