Seit 2015 bilden Doz9 und Torky Tork als T9 eine der interessantesten Kombos der deutschen Rapszene. Hier hat sich gefunden, was zusammengehört: Die verkopften, mal rumpelnden, dann wieder treibenden oder funkigen Beats von Sample-Nerd Torky Tork treffen auf die abstrakten und unkonventionellen Flows von Doz9. In dieser Hinsicht bleibt sich der schönste Mann im Raum auch auf dem aktuellen Release "Plastik aus Gold" treu. Wer Inhaltliches aus den Zeilen des Berliners ziehen will, muss die Tracks schon ein paar Mal öfter abspielen. Und selbst dann interpretiert wohl jeder seine eigene Bedeutung dort hinein – was ganz im Sinne des Erfinders ist. Nur eins vertreten T9 in Zeiten von Rap an der Chartspitze und Autotune-Hits zum Mitgrölen in der Disco eindeutig: Untergrund aus Prinzip, egal, was irgendwer davon hält. Wir haben mit Doz9 im Interview über die Entstehung der neuen Platte, Moshpits auf Rapkonzerten, missverstandene Texte, klassische Musik und die Planungen für den Nachfolger von "Plastik aus Gold" gesprochen.
MZEE.com: Eure neue Platte ist mit 30 Minuten Spielzeit wie auch schon die vorherigen wieder relativ kurz geraten. Werden Alben mit längerer Laufzeit deiner Meinung nach zu schnell langweilig beziehungsweise redundant?
Doz9: Ich finde, es ist allgemein zeitlich etwas überholt, Alben mit 18 oder 19 Tracks zu machen. Dafür schenkt dir heute keiner mehr die Aufmerksamkeit. Da kannst du besser innerhalb eines Jahres zum Beispiel EPs oder einzelne Tracks raushauen, anstatt ewig an einem Album zu arbeiten. Dafür tickt die Uhr heutzutage viel zu schnell und viel zu viele andere Leute releasen ebenfalls. Wenn du eineinhalb Jahre nichts rausbringst, fängst du quasi wieder von vorne an. Wir haben uns ja dieses Mal schon etwas mehr Zeit für die Platte genommen, die Tracks an sich sind meiner Meinung nach ausgereifter als die auf den vorherigen Alben. Eine halbe Stunde ist einfach ein sportliches Format für ein Album.
MZEE.com: Die relative Kürze liegt wahrscheinlich auch in der Art begründet, wie ihr eure Tracks aufbaut. Ihr verzichtet ja gerne auf sehr oft wiederholte Hooks oder klassische Songstrukturen.
Doz9: Genau. Wir machen die Songs eben sehr impulsiv und schnell und so kommt das Album, denke ich, auch rüber.
MZEE.com: Du hast gerade schon angesprochen, dass du "Plastik aus Gold" für ausgereifter hältst als die Vorgänger. Seid ihr bewusst mit einem solchen Ansatz an die Platte gegangen?
Doz9: Ich glaube, das ist der Tatsache geschuldet, dass wir uns dieses Mal für jeden Track extra treffen mussten. Vorher haben wir ja jeweils gut eine Woche intensiv Zeit miteinander verbracht. Aber wir haben schon versucht, die Arbeitsweise und das ganze Mindset beizubehalten. Also, du hast natürlich den Anspruch, 'ne Schippe draufzulegen und Dinge zu probieren. Aber wir haben uns nicht gesagt, dass wir jetzt ein "richtiges" Album machen müssen, das irgendwie formatgängiger ist oder so.
MZEE.com: Auch wenn ihr euer Mindset beibehalten wolltet: Meinst du, dass Torky und du vor euren Treffen schon bestimmte Trackideen, vielleicht unterbewusst, im Kopf hattet und sich das Album dadurch mehr in diese Richtung entwickelt hat?
Doz9: Ja, klar. Wir haben uns meistens donnerstags getroffen und dann vergeht zwischen den Treffen eben eine Woche. Dann kommst du natürlich schon mit irgendeiner vorgefertigten Idee im Studio an und hast irgendwas im Kopf. Oder du kommst mit einer bestimmten Laune und wählst danach das Sample aus. Ganz subtil ist das Album also natürlich durch die örtliche Begebenheit und die zeitliche Ebene beeinflusst.
MZEE.com: Auf "R.I.F.F.A." habt ihr Samples verwendet, die soundtechnisch an Teneriffa erinnern und ein Bild von der Insel schaffen sollten. Hat die neue Platte dadurch, dass sie in Berlin entstanden ist, einen noch eigeneren T9-Sound?
Doz9: Also, Torky ist ja ein wirklich vielseitiger Produzent. Das hörst du zum Beispiel, wenn du dir seine Sachen für Audio88 & Yassin oder sein Album mit Fid Mella anhörst. Der Sound der neuen Platte ist eine typische Weiterführung des spezifischen T9-Sounds. Es ist ja nicht so, dass Torky nur den Beat baut und ich nur den Text schreibe. Wir machen die Songs zusammen und interagieren. Das fängt schon damit an, dass wir gemeinsam Samples suchen oder ich ihm mal eins mitbringe. Das passiert allerdings nicht so oft, der ist eigentlich immer gut versorgt. Dann sprechen wir uns ab, wie wir den Song arrangieren. Ich rapp' ihm was vor und er sagt mir, ob das cool, nicht cool oder besonders cool ist. Es ist einfach alles eine ständige, synergetische Absprache.
MZEE.com: Im nächsten Jahr geht ihr mit dem neuen Album auf Tour. Habt ihr bei einigen Tracks auch etwas auf die Livetauglichkeit geachtet? Ich schätze mal, "Bimmies im Club" wird auf jeden Fall gut funktionieren …
Doz9: Diesen 80er-Jahre-Stil wie bei "Bimmies" hab' ich ja schon mal auf Albumlänge gemacht. Ich feier' das einfach im Allgemeinen. Natürlich haben wir uns jetzt im Nachhinein gedacht, dass der live gut funktionieren könnte. Aber das ist nie der Anspruch oder die Herangehensweise gewesen. Komischerweise funktionieren bei uns auch Tracks live, die eigentlich gar nicht funktionieren können. (lacht) Sowas wie "Junks" oder so. Es funktioniert halt auf eine eigene Art und Weise. Bei uns gibt's keine Moshpits oder Fangesänge und so einen Quatsch. Wobei, ich muss sagen: Es ist das Ziel, dass die Leute auf der Tour die Hook vom Intro singen. Solange die den Scheiß nicht singen, geht's nicht los. Die Hook war also schon ein bisschen so konzipiert.
MZEE.com: Du hast gerade Moshpits angesprochen, die bei vielen Konzerten heutiger Rapkünstler gang und gäbe sind. Ich find' es an sich super, dass mal etwas mehr Bewegung in Rapkonzerte kommt. Allerdings hab' ich das Gefühl, dass mittlerweile einige Leute überhaupt nicht mehr wegen der Musik auf ein Konzert gehen, sondern eben nur, um irgendwie rumzumoshen …
Doz9: Es gibt ja auch diese Songs, die nur darauf hinauslaufen. Da sind die Rapstrophen oder das sonstige Arrangement gar nicht zum Ausrasten gedacht, aber speziell nach der Hook oder sonst irgendwann kommt dann die Abfahrt, auf die sich alle freuen dürfen. Ich find' das auch nicht schlimm. Aber man hat fast das Gefühl, als käme man in eine Art Zugzwang, das unbedingt machen zu müssen. Da gehören auch diese ganzen Spielchen dazu. "Jetzt hocken wir uns alle hin" – und dann holen wir uns irgendeinen Dulli auf die Bühne, mit dem wir interagieren und dann machen wir dies und das und jenes … Das kannst du dir halt überall holen, auf jedem Konzert. Das ist eben irgendwie beliebig.
MZEE.com: Das seh' ich ähnlich. Ich finde, die Individualität der Songs geht etwas verloren. Das hab' ich mir auch schon auf Electro-Konzerten gedacht, wo sich einige Songs dafür geeignet haben, aber eben nicht alle …
Doz9: Na klar, weil alle nur auf den Turn warten. Der Song spielt gar keine Rolle mehr. Die Sache ist aber auch: Wenn ich auf ein Konzert gehe, bin ich so der typische Armeverschränker. (grinst) Ich stell' mich irgendwo hinten hin, guck mir das an und feier' das halt musikalisch ab. Ich bin schon froh, dass die Leute bei uns mal die Arme heben, weil die bestimmt alle ähnlich drauf sind. (lacht) Von daher war's auch nie unser Ziel, da so mitzuspielen. Natürlich haben wir Ansprüche an unsere Liveshow. Aber ich seh' das einfach etwas anders. Der Vergleich ist jetzt natürlich ziemlich groß: Hast du mal ein Kendrick Lamar-Konzert gesehen?
MZEE.com: So vor fünf Jahren, ja.
Doz9: Ich hab' mir nur mal eins bei YouTube angesehen. Der Typ hat vielleicht im Hintergrund eine Animation laufen, dann steht da noch ein DJ, wenn der nicht sogar noch im Off steht. Der ist da ganz alleine und performt die Scheiße genauso, wie er sie auf Platte bringt. Dem sollte man als Rapper nacheifern statt diesem ganzen Rumgehopse, finde ich zumindest. Dafür kannst du auch auf Techno-Partys gehen. Das ist nicht wirklich die Aufgabe von Rap.
MZEE.com: Kommen wir zurück zu eurer Musik. Du hast eben schon angesprochen, was für ein vielseitiger Produzent Torky deiner Meinung nach ist. Was macht seine Beats für dich besonders?
Doz9: Ich finde, Torky macht Beats, die erst belebt werden müssen. Leute wie Suff Daddy oder Dexter zum Beispiel machen ja oft Beats, die auch ohne Rap oder Gesang funktionieren. Das macht Torky eher selten – das ist für mich gar keine Schwäche oder so. Das macht die Beats einfach interessant. Er hat außerdem eine ganz eigene Art und Weise, mit Samples und Drums umzugehen. Der kann die so verrumpeln, dass sich ein 90 BPM-Beat nach 70 BPM anhört. Die Instrumentals lassen für mich einfach immer viel Platz, damit ich meine 50 Cent draufgeben und etwas darauf formen kann. Dazu hat er auf jeden Fall eine ganz besondere Sampleästhetik, da geht's auch darum, wo er diggt und so weiter. Er ist da echt nerdig drauf.
MZEE.com: Dein Rap-Stil ist sehr eigen und unkonventionell. Richtest du dich schon beim Schreiben nach dem Beat oder gibt der Beat dir quasi in der Booth vor, wie du den bereits geschriebenen Text rappst?
Doz9: Ich schreib' eigentlich immer direkt zum Beat. Also, ich komme echt selten mit 'nem fertigen Text an und suche mir dann einen Beat aus. Ich schreib' natürlich mal nebenbei ein paar Zeilen, aber an sich sagt mir das Instrumental, wie ich zu schreiben hab'. Bei "Baur" sind die Silben zum Beispiel echt präzise angeglichen, damit ich den Text so rappen kann. Da musste ich schon einen bestimmten Ausspracherhythmus und so weiter beibehalten, um auf die Geschwindigkeit klarzukommen. Was ansonsten das Anpassen an einen Beat angeht: Ich hab' zum Beispiel keine Lust, diese typischen Trap-Flows zu nutzen. Die Geschwindigkeiten finde ich interessant, "A.U.F.M.E.R.K.S.A.M.K.E.I.T.Slut", "Baur" und vielleicht auch "Familienfotos" gehen ja, was das angeht, schon ein bisschen in diese Richtung. Aber es ist auch einfach cool, darauf zu spitten und andere Flowvarianten zu zeigen. Ich nutze ja außerdem viele Pausen und Wiederholungen, aber ich versuche immer, dem Ganzen meine eigene Note hinzuzufügen. Ich will mich diesen Sachen nicht verwehren und finde die interessant, aber ich muss es ja nicht genauso machen.
MZEE.com: "Doztorkevsky" zum Beispiel ist ein sehr reimfixierter Track – dabei geht es aber nicht mal um wahnsinnig vielsilbige Reime, sondern um möglichst viele zweisilbige Reime. Woher kommt dein Faible dafür?
Doz9: Tatsächlich wollte ich beim neuen Album mal etwas weniger auf die Reime achten. "Doztorkevsky" ist da natürlich nicht das perfekte Beispiel, aber auf den anderen Songs hörst du ja auch nicht die überkrassesten vielsilbigen Reime. Ich wollte mich da einfach mal etwas von freimachen. Bei Schaufel und Spaten und den Kraszesten hab' ich ja oft genug gezeigt, dass ich einen achtsilbigen Reim auf 16 Zeilen durchziehen kann. Jetzt wollte ich den Fokus mehr auf den Flow richten. Wenn du nicht so einen komplexen Reim hast, hast du da einfach viel mehr Freiheit. Die Zeilen können mehr von hintenrum und etwas um die Ecke kommen, wenn sie nicht so auf den Reim ausgelegt sind.
MZEE.com: Der Trend geht ja auch im Allgemeinen durchaus in die Richtung. Ich merke selbst, dass ich mittlerweile viel mehr auf Sound und Flow achte als auf Reime.
Doz9: Man sollte einfach alles mal drin haben. Deshalb haben wir ja so einen Konzeptsong wie "Doztorkevsky" gemacht, um zu zeigen, dass das natürlich auch geht. Das ist einfach ein Merkmal von Vielseitigkeit, wenn du alles bedienen kannst.
MZEE.com: Du hast T9 in einem anderen Interview zuletzt als dein "Main-Projekt" und deine Band bezeichnet. Was unterscheidet die Zusammenarbeit als T9 von der mit Jay Spaten früher bei Schaufel und Spaten?
Doz9: Erst mal ersetzt das eine nicht das andere. Jay Spaten ist ja Produzent und Rapper, aber im Laufe der Jahre ist er immer mehr zum Produzenten geworden. Den fixt es gar nicht mehr so an, zu rappen … Von daher kann ich mich da ruhig austoben. Das hab' ich ja auch schon immer gemacht, zum Beispiel mit den Kraszesten. Es ist natürlich cool, dass Torky und Jay Spaten als Produzenten unterschiedlicher nicht sein könnten. Die sind zwar in der gleichen Sparte, aber haben jeweils eine ganz andere Beatästhetik. Komplett anders ist natürlich außerdem, dass ich die Songs, was die Raps angeht, komplett alleine machen und auch alleine dafür geradestehen muss. Ich muss textlich und thematisch keine Kompromisse eingehen und mich mit niemandem einigen. Wobei wir uns bei Schaufel und Spaten nie hingesetzt und überlegt haben, welches Thema wir jetzt behandeln. (grinst) Das war ja reiner Battlerap. T9 zwar irgendwie auch, aber irgendwie auch gar nicht.
MZEE.com: Du sprichst es selbst an: Du behandelst textlich eher selten konkrete Themen. Wie würdest du das neue Album denn relativ kurz und prägnant inhaltlich beschreiben?
Doz9: Boah, darüber müsste ich wirklich nachdenken.
MZEE.com: Mir persönlich würde es auch schwerfallen. Ich würde sagen: "Ist halt 'ne T9-Platte."
Doz9: Ja, im Endeffekt ist es 'ne T9-Platte. Ich kann damit eigentlich alles und nichts sagen. Die spricht für Stolz, aber auch für Enttäuschung. Nehmen wir zum Beispiel den Track "A.U.F.M.E.R.K.S.A.M.K.E.I.T.Slut". Der handelt viel von Wertespektren. Der sagt einfach aus: "Hey, dir geht's bei Rap darum, dass du dies und jenes hast. Aber meine Werte sind da anders." "Mein Freund" ist ja 'ne Art Untergrundhymne. Viele sind nicht mehr da, ich bin da und ich bleib' auch da. Du findest vielleicht wack, was ich mache, aber ich scheiß' drauf.
MZEE.com: Der Inhalt wird nicht unbedingt konkret angesprochen, sondern muss aus der Gesamtheit der Songs erschlossen werden.
Doz9: Das fand' ich auch selber an Musik immer spannend. Texte zu entschlüsseln und darüber nachzudenken. Vielleicht bedeutet der Track für dich irgendetwas, was überhaupt nicht die Intention des Schreibers war, weil die Formulierung oder das geschaffene Bild einfach so viel Platz für Eigeninterpretationen lässt. So geh' ich auch an meine Texte ran. Ich mach' mir keine Gedanken darüber, ob die Leute das genauso verstehen, wie ich es meine. Das beste Beispiel ist "Ersties". Da gehen die Meinungen so krass auseinander. Die einen finden den Track total lustig und verstehen die "Issue", die anderen finden, dass es voll die Chauvi-Nummer ist und wir sagen würden, Frauen seien selber schuld daran, wenn sie vergewaltigt würden. Wenn du etwas in meinen Texten sehen willst, kannst du es sehen. Genauso, wenn du etwas nicht sehen willst.
MZEE.com: Wie gehst du mit diesen Vorwürfen um?
Doz9: Wie gesagt: Wenn du etwas darin finden willst, findest du es. Aber wenn man meine sonstige Musik und den Kontext kennt und auch etwas reflektiert hört, dann müsste man schon darauf kommen, dass der Track nicht davon handelt, irgendwelche 18-Jährigen wegzuhämmern. Es kränkt mich jetzt nicht, aber du fühlst dich natürlich für einen kurzen Moment nicht richtig verstanden. Aber das ist halt so, du musst mit Kritik auch umgehen können. Bei Schaufel und Spaten war's ja damals viel expliziter und schlimmer. Da mussten manche Veranstalter ein Plenum führen, ob wir da überhaupt auftreten dürfen. Bei "Ersties" gab's im Vorfeld schon Diskussionen darüber, ob das überhaupt cool ist. Ich hab' gesagt, dass ich einen Fick drauf gebe. Leute, die meine Musik kennen, wissen wie ich das meine. Leute, die es scheiße finden wollen, finden es halt scheiße. Wir haben den Track ja nicht als Single genommen oder irgendwie die große Karate Andi-Trommel gespielt. Es ging mir darum, mit ihm diesen Track zu machen und ihn auf dem Album zu haben. Von daher kann der Track voll so sein. Hätte ich den als Single nehmen wollen, wäre das was ganz anderes gewesen. Da hätte man schon überlegen müssen, ob das cool und repräsentativ für das ist, was ich eigentlich mache. Aber so ist es nur eine weitere Facette.
MZEE.com: Hättest du bei eurem ersten T9-Projekt 2015 eigentlich gedacht, dass das Ganze auf so eine "lange", produktive und enge Zusammenarbeit hinausläuft?
Doz9: Nein, aber ich hab' auch nie darüber nachgedacht, ob das eine einmalige Sache oder ein krasses Projekt wird. Wir machen das eben so lange, wie es uns Spaß macht. Torky und ich sind einfach ein gutes Team. Wir funktionieren menschlich einwandfrei und haben musikalisch wenig Reibungen, sodass wir gut miteinander arbeiten können.
MZEE.com: Schaufel und Spaten liegt ja aktuell mehr oder weniger auf Eis. Können wir da noch mal mit einem Release rechnen?
Doz9: Na ja, was heißt "auf Eis". Es gibt nach wie vor Schaufel und Spaten-Tracks, aber beim Herrn Spaten liegt der Fokus eben nicht mehr so auf Rap. Er hat zu mir mal gesagt, dass er sich ein Album, wenn noch mal eins kommt, so ähnlich wie "Upstairs at Eric's" vorstellen könnte. Er würde also hauptsächlich produzieren und vielleicht mit ein, zwei Parts in Erscheinung treten. Dafür müsste ich mich natürlich noch mal ganz anders motivieren. Da muss ich als Rapper ja wieder die ganze Arbeit alleine machen. (lacht) Ich würde nicht sagen, dass es auf Eis liegt oder sich aufgelöst hat. Uns schreiben ja auch immer wieder Leute und fragen, was da grade los ist. Aber es ist aktuell einfach so, wie es ist. Vielleicht kommt noch mal ein Album, aber das wäre dann eben kein typisches Schaufel und Spaten-Album.
MZEE.com: Du hast im vorhin bereits angesprochenen Interview auch gesagt, dass du aktuell viel Klassik hörst. Ich find' das immer sehr interessant, weil ich da einfach komplett raus bin. Was gibt dir diese Musik?
Doz9: Erst mal beruhigt mich Klassik voll. Ich bin an sich ein gechillter Mensch, aber beim Autofahren kann ich mich echt aufregen. Daher hör' ich da Klassik. (grinst)
MZEE.com: Bist du echt so dieser Typ, der auf der Straße rumschreit, wenn andere Leute schlecht autofahren?
Doz9: Ähm … ja. (lacht) Tatsache. Aber wenn Klassik läuft nicht, dann ist alles cool. Mir ist an der Musik außerdem aufgefallen, dass du da ganz viele Melodien und Pattern aus der Popkultur wiederfindest. Das taucht vor allem in den älteren Sachen immer wieder auf. Die Popmusik samplet das zwar nicht eins zu eins, aber gewisse Akkordabfolgen und so weiter gab es da schon. Das find' ich interessant.
MZEE.com: Zurück zu eurer aktuellen Musik: Im Video zu "Bimmies im Club" treten Torky und du in einer sehr "ländlichen" Location mit einem recht schwierigen Publikum auf. Ihr hattet ja wahrscheinlich – gerade zu Beginn eurer Musikerkarrieren – tatsächlich schon Crowds, die nicht so recht warm werden wollten. Was tut man dagegen?
Doz9: Solche Crowds haben wir teilweise immer noch. Wir haben uns da aber nie abfucken lassen. Auch ganz früher nicht. In der Hinsicht sind wir ja echt alte Schule und kommen von diesen ganzen Jams und Jugendhausauftritten. Da bist du halt manchmal nur vor 20 Mann aufgetreten. Wir haben einfach immer durchgezogen.
MZEE.com: Das Video stellt das Ganze also schon realistisch dar. (grinst)
Doz9: Na ja, wenn wir jetzt spielen, ist es schon okay. So schlimm ist es nicht. Aber ja, wir lassen uns auf jeden Fall nicht die Laune verderben. Es gibt ja auch Gigs, bei denen du neben anderen Künstlern gebucht bist. Manchmal passt du dann mit deiner Musik gar nicht richtig rein und die Fans, die da sind, sind nicht wirklich deine Zielgruppe. Da musst du halt durch und wenn du Glück hast, kannst du vielleicht so 30 Prozent der Crowd davon überzeugen, zu konvertieren. (grinst)
MZEE.com: Ihr arbeitet schon am Nachfolger von "Plastik aus Gold", einen Song vom vierten Album habt ihr bereits als Promo für das dritte Album veröffentlicht. Kannst du schon irgendetwas zu der neuen Platte sagen?
Doz9: Wir haben da durchaus ein paar Pläne, die vielleicht überraschen könnten, aber dazu kann ich noch nichts sagen. Was ich sagen kann, ist, dass ein großer Teil der Arbeitsweise komplett anders sein wird. Vielleicht wird das dieses Mal tatsächlich so ein vollwertiges Album, auch wenn es nicht unbedingt länger als eine halbe Stunde werden wird.
MZEE.com: Macht ihr das Album dieses Mal wieder zuhause in Berlin oder werdet ihr noch mal unterwegs sein?
Doz9: Vielleicht fahren wir noch irgendwohin. Aber ich will echt noch nicht zu viel verraten und es spannend halten. Es wird auf jeden Fall ein bisschen anders werden. Wir lösen uns auch von dieser Ästhetik mit den Handycovern und so weiter. Du begibst dich sonst in so ein Raster, in dem die ganzen Alben so krass miteinander verglichen werden. Davon kannst du dich halt auch einfach mal lösen und etwas anderes machen.
MZEE.com: Ihr hattet ja auch bei der aktuellen Platte eigentlich vor, nach Haifa zu reisen, was dann schlussendlich nicht geklappt hat. Habt ihr noch andere örtliche Ziele für T9-Projekte?
Doz9: Ghana steht gerade zur Debatte. Das wäre auf jeden Fall interessant. Ansonsten haben wir auch mal über Holland nachgedacht. In allererster Linie geht's immer um das Netzwerk vor Ort. Können wir da billig wohnen? Können wir da vernünftig aufnehmen, haben wir Strom und Internet? Kann ich mir da irgendwie Marihuana besorgen? (lacht) Solche Sachen halt.
MZEE.com: Das Interview neigt sich dem Ende zu und wir kommen auf die wichtigen Sachen zu sprechen. Im Video zu "Mein Freund" präsentierst du deine kulinarischen Skills samt Toast mit Spiegelei, weißen Bohnen und überbackenem Fleisch. Sieht so tatsächlich ein typisches Alltagsgericht für dich aus?
Doz9: Wenn ich Zeit habe, ist das tatsächlich ein typisches Frühstück. Allerdings mach' ich das meistens für Gäste oder meine Frau, das würd' ich nie für mich alleine machen. Das wär' mir zu viel Arbeit. Die Steaks waren Flanksteaks mit Cheddar überbacken. Klassische Frühstückssteaks. (lacht) Ich koch' tatsächlich sehr gerne, find' ich echt entspannend. Ich mach' oft Suppen oder auch Braten und Pulled Pork und sowas.
MZEE.com: Damit sind wir tatsächlich am Ende des Gesprächs angelangt. Die letzten Worte gehören dir.
Doz9: War ein cooles Gespräch. Viel Spaß beim Abtippen. (lacht)
(Alexander Hollenhorst)
(Fotos von Robert Winter & Melanie Koravitsch )