Kaum eine Szene hierzulande scheint so facettenreich zu sein wie die Deutschrapszene. Während es bereits jetzt schon fast unmöglich erscheint, jeden einzelnen, etablierten Vertreter zu kennen, steigt die Zahl neuer, noch unbekannter Künstler exponentiell weiter an. Den Überblick zu behalten, gleicht einer Herkulesaufgabe: Hat man sich ein Gesicht der HipHop-Hydra gemerkt, tauchen schon wieder mindestens zwei neue auf. Gleichzeitig ist es für unbekannte, junge Talente überaus schwer, aus der überwältigenden Masse an Musikern herauszutreten und sich einen Namen zu machen.
Beiden Seiten soll unser Soundcheck eine Hilfestellung bieten. Producern, die bisher noch in den Tiefen des Untergrunds untergegangen sind, eine Plattform geben, auf der sie sich kurz, aber prägnant präsentieren können. Und Hörern und Fans ermöglichen, sich einen schnellen Überblick über nennenswerte Künstler zu verschaffen, die sie bisher vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
MZEE.com: Man kennt deine Produktionen hauptsächlich aus dem Kreise der Kitschgang um Felix Krull – gibt es denn irgendeinen anderen Rapper, den du unbedingt mal auf einem deiner Instrumentals hören möchtest?
Nuro: Ja, selbstverständlich. Es gibt viele Künstler, mit denen ich hoffentlich eines Tages zusammen arbeiten werde, sowohl mit deutschen, als auch internationalen verschiedenster Musikrichtungen. Ich habe noch einige unerfüllte Kindheitswünsche und Ziele, die ich gerne mit bestimmten Rappern und Sängern realisieren möchte. Eines davon hab' ich Anfang des Jahres mit einem Prinz Pi-Feature auf "Endmagnaten" von Felix Krull auf dem Mixtape "Kappa Gamma" erfüllt.
MZEE.com: Deine Beats bewegen sich meist irgendwo zwischen Trap und Pop und vereinen beide Genres auf catchige Art und Weise. Woher nimmst du denn die Inspiration für deine Produktionen?
Nuro: Ich lege mich meist nicht auf einen Beatstyle fest, da ich mit meinen Produktionen flexibel bleiben möchte. Ich lasse mich von internationalen Werken inspirieren, gehe individuell auf die Tonlage und Wünsche meines Künstlers ein. Sehr gerne entnehme ich aus Liedern verschiedenster Zeitalter und Genres Samples, die ich mit meinen Stileigenschaften modernisiert verschmelzen lasse oder in neue Beats einbaue. Meine liebsten Inspirationen bekomme ich von Straßenmusikanten aus aller Welt. Zum Beispiel flog ich vor einigen Jahren nach Südafrika und verbrachte meine Zeit hauptsächlich mit dem Kennenlernen der einheimischen Musikkultur. Diese fand ich so großartig, dass ich bis heute teils afrikanische Elemente in meine Sounds mit einfließen lasse. Diese Methode wende ich auch mit anderen Kulturen der Erde an, beispielsweise die brasilianische oder orientalische.
MZEE.com: Wie und mit welchem Equipment entstanden deine ersten Beats? Verwendest du inzwischen etwas anderes?
Nuro: Meine ersten musikalischen Aktivitäten haben bereits in meiner Kindheit stattgefunden. Anfangs spielte ich Klavier und Gitarre, durch die ich meine ersten eigenen Melodien komponiert habe und nahm diese mit Hilfe eines Kassettenrekorders auf. Ich begann mich mit der theoretischen und praktischen Materie auseinander zu setzen und sparte auf jedes einzelne Device, um meine Werke stetig zu verbessern. Die erste Software mit der ich gearbeitet habe, war "Magix Music Maker" und ein "Microkorg Synthie", welche ich heute nicht mehr verwende. Nachdem ich viele verschiedene Programme gekostet habe, koche ich ausschließlich mit "Logic". Zudem kommen unzählige Effektgeräte, Kompressoren und Preamps von "Universal Audio", "Samson" und "Alesis" hinzu. Ich bevorzuge immer noch Hardware, um den Sound richtig fassen zu können.
MZEE.com: Du hast mal getweetet, du möchtest eine HipHop-Partei gründen, die sich für Beatmaker einsetzt. Was ist denn deine Meinung dazu, wie Produzenten aktuell in der Szene oder in Deutschland wahrgenommen werden?
Nuro: Meiner Meinung nach bekommen Musikproduzenten jeglicher Art weder die erforderliche Aufmerksamkeit noch die angemessene Ausschüttung, die sie verdienen. Diese Art der modernen Ausbeutung sollte sich ändern, denn geistiges Eigentum erfordert etwas mehr, als nur auf die Tasten zu hauen. Doch leider verkaufen sich die meisten Underground-Beatmaker unter Wert, möglicherweise aus Angst einen Auftrag zu verlieren. Man sollte sich bewusst sein, dass diese Berufung einen härteren Kampf erfordert. Aber nicht gerecht genug dafür bezahlt zu werden, ist eine bodenlose Frechheit. Es fängt bei den Lizenzen von Spotify an und geht mit vielen sonstigen digitalen Vertriebswegen weiter. In anderen Fällen ist die Prozentverteilung eines Werks mehr als unfair. Sobald es mir möglich ist, werde ich mich für gerechtere Ausschüttungen an Produzenten bei der Nutzung ihres geistigen Eigentums einsetzen. Eine eigene Distributionsplattform ist in Planung.
MZEE.com: Zum Abschluss würde uns noch interessieren: Wo soll es bei dir mit der Musik noch hingehen, was sind deine Ziele?
Nuro: Ich möchte gerne internationale Künstler verschiedenster Musikrichtungen produzieren. Zudem setze ich einen starken Fokus auf die Filmmusik, welche ich eines Tages mit Hilfe eines ganzen Orchesters komponieren möchte. Ein großes Vorbild ist für mich Hans Zimmer, der maximal beeindruckende Stücke aus klassischen Instrumenten und digitaler Technik erschafft. Die Zusammenarbeit aus analoger und digitaler Technik ist meiner Meinung nach die sensationellste Schöpfung der heutigen Musikwelt. Als nächstes realisierbares Projekt strebe ich eine erneute Reise in dritte Weltländer an, um diesmal die Samples vor Ort aufzunehmen. Natürlich wird es auch in naher Zukunft von meiner Künstlerfigur etwas zu hören geben. Wohin diese Reise geht, verrate ich noch nicht.
(Daniel Fersch & Lukas Päckert)
(Grafiken von Puffy Punchlines, Logo von KL52)
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