Schwitzende Körper, hunderte Arme, die sich im Takt des wummernden Basses von links nach rechts bewegen und eine Crowd, die voll und ganz von dem Spektakel auf der Bühne mitgerissen wird. Wo die Stimmung auf einem Festival sonst oft und gerne schwankt, da nicht jeder Zuschauer die Shows aller auftretenden Künstler sehen will, schienen sich beim Auftritt von 12Vince und Slowy während der diesjährigen Tapefabrik alle ziemlich einig zu sein. Kein Wunder, schließlich handelte es sich dabei zeitgleich um die Releaseparty von "Undercover Blues". Die aufgeheizte Stimmung lag also sicher nicht nur an dem grandiosen Zusammenspiel der beiden, sondern auch daran, dass die Fans ganze drei Jahre auf ein neues Album gewartet hatten. Einige Zeit, nachdem man sich von besagtem Auftritt erholt und die Veröffentlichung der Platte allmählich verdaut hatte, baten wir Slowy zum Interview und sprachen mit ihm unter anderem über "Undercover Blues", das Arbeiten mit 12Vince und die Notwendigkeit von Wack MCs in der deutschen Rapszene.
MZEE.com: Deine und die Fans von 12Vince mussten ein paar Jahre auf euer kürzlich erschienenes Album "Undercover Blues" warten. Habt ihr bei der Albumproduktion dadurch Druck gespürt?
Slowy: Nee, den Druck haben wir uns selber einfach gar nicht gemacht oder zugelassen. Wir haben uns einfach die Zeit genommen, die wir für die Platte brauchten. Wenn wir jetzt nicht berufstätig gewesen wären und uns zwei, drei Monate in einem Studio eingeschlossen hätten, hätte die Platte auch schon ein Jahr oder anderthalb Jahre vorher genauso da sein können. Aber diese ganzen Finalisierungsprozesse wie Mischen und das Einarbeiten von Scratches, die wir noch in gemeinsamen Sessions gemacht und rausgesucht haben, das braucht eben alles Zeit. Und die haben wir uns dann genommen, wenn wir sie hatten.
MZEE.com: Aber ihr habt kontinuierlich an der Platte gearbeitet?
Slowy: Genau. Also, nach der "Ultima Radio" war's dann auch so, dass wir sehr viele Auftrittsanfragen hatten und dadurch, dass wir beide unter der Woche arbeiten und noch andere Sachen wie Hobbies, Freunde und Familie haben, hat man dann am Wochenende mehr Zeit gehabt, die Musik fertig zu machen. Mit dem Nachlassen der Auftrittsanfragen – denn zwei Jahre nach der "Ultima Radio" hatten wir dann auch eigentlich überall gespielt und die Bookinganfragen ließen nach – hatten wir auch wieder mehr Zeit, die Platte zu finalisieren. Das ist dann so ein gewisser Kreislauf.
MZEE.com: Ist das nicht ein Stück weit frustrierend, wenn man eine Platte fertigstellen will, aber einfach nicht dazu kommt?
Slowy: Teilweise denkt man sich, es ist gut, dass eine Platte ihre Zeit braucht und auch bekommt. Aber letztendlich waren es zwischendurch auch mal Wochen oder Monate, in denen wir einfach nicht weiter daran gearbeitet haben. Gerade bei Sachen wie der Mische ist es dann auch eine Fleißarbeit und da haben wir in unserem Umfeld niemanden, der das für uns macht. Und bei so einer Platte kann man eben auch nicht in allen Bereichen, also Video, Mischen et cetera, professionelle Leute bezahlen. Das wirft sie einfach nicht ab bei der Stückzahl, die wir verkaufen, sodass man vieles halt noch selbst machen muss. Und da denkt man manchmal schon, wenn man von der Musik leben könnte und nichts anderes machen würde, dann würde alles viel schneller gehen und das wäre dann auch wieder eine Art "positiver Teufelskreis", sage ich jetzt mal. Aber so ist es halt. So ist es auch okay, denn dafür sind wir auf der anderen Seite auch nicht darauf angewiesen, Musik zu machen, die sich verkauft – weil wir auch ohne die Musik überleben können.
MZEE.com: Dann gab es trotz der langwierigen Albumproduktion nie die Überlegung, die Platte einzustampfen und sich einem neuen Projekt zu widmen?
Slowy: Nee, das eigentlich nicht. Vince und ich wissen beide: Wenn wir was machen wollen, wollen wir das machen. Und wir hatten auch zu jedem Zeitpunkt schon Ergebnisse, die uns daran haben festhalten lassen.
MZEE.com: Man merkt der neuen Platte auf beeindruckende Weise an, dass ihr eurem Sound treu geblieben seid. "Undercover Blues" klingt quasi "genauso" wie die vorherigen Veröffentlichungen – im positiven Sinne. Nimmst du das auch so wahr?
Slowy: Ich kann das schwer einschätzen. Von außen sehen das andere Leute sicher noch mal anders, aber ich würde sagen, dass der Sound zum Großteil mit den Beats zusammenhängt. Und da ist es einfach so, dass Vince schon bei den ersten Sachen, die wir zusammen gemacht haben, ein sehr hohes Soundlevel hatte. Und seitdem sind die Soundgerätschaften – also die MPCs – und auch die Technik, mit der wir aufnehmen, gleich geblieben. Und da hätte man natürlich noch mehr Einflüsse zulassen können … aber das soll auch nicht so klingen, als würden wir das alles ganz bewusst so machen und hätten ein hängengebliebenes Soundbild, das sich nicht weiter verändern soll. Wir haben zwischendurch auch Sachen gemacht, die einfach anders klingen. Die Beats kommen jetzt alle wieder aus der MPC 2500 von Vince und zwischendurch hatte er auch Beats auf 'ner SP, mit der er sonst eher Sachen für Live-Auftritte loopt. Und die hatten dann schon einen anderen Klang, das waren mehr so Soulloops. Teilweise habe ich auch Sachen darauf aufgenommen und das klang schon ein bisschen anders. Aber da war er dann am Ende nicht mit der Soundqualität zufrieden. Er hatte halt einen gewissen Anspruch, wie die Kick sein sollte und die Snare. Und diese Sachen, die nur so geloopt waren, haben ihm dann nicht so gut gefallen. Also, für mich wäre es auch okay gewesen, den einen Track zum Beispiel auf einem ganz anderen Beat zu lassen, aber im Endeffekt sollten ja beide mit dem Produkt vollkommen zufrieden sein. Ich konnte mit beiden Versionen leben und ihm gefiel einfach die neue Version besser.
MZEE.com: War dieser experimentelle Schritt weg von eurem gewohnten Sound eine ganz bewusste Entscheidung, um mal etwas anderes zu machen, oder hat sich das einfach im Prozess der Albumproduktion ergeben?
Slowy: Da hat Vince einfach nebenbei mit Beats experimentiert, sie mir gezeigt und ich habe ihm gesagt, was mir davon gefällt. Wir sind da eigentlich gar nicht so festgefahren, wie unsere Musik vielleicht vermuten lässt. Ich mag auch modernere Sachen, aber das muss halt irgendwie passen. Ich feiere auch Beats von vielen anderen Produzenten und hab' mit verschiedenen zwischendurch Projekte angefangen, die dann aber wegen der fehlenden Zeit nicht so vorangekommen sind. Mit Vince macht es halt am meisten Sinn, zusammen ein Projekt fertig zu machen, weil wir auch live als ein Duo auftreten und in dem Sinne voneinander abhängig sind. Ich habe ja keinen Backup-MC oder so, da ist er für mich dann schon der DJ, auf den ich mich am meisten verlassen kann. Weil er on point ist, weil er meine Texte kennt, die Stellen kennt, wo er scratcht, und mir durch die Scratches, die er setzt, auch Atempausen lässt. Das ist schon alles sehr aufeinander abgestimmt und eingespielt.
MZEE.com: Als Vorgeschmack auf das Album habt ihr den Track "Tinderrail" veröffentlicht. Viele sehen darin eine Fortsetzung zu "Rotlichtlampe", denn wo damals die Liebe zum Vinyl zwischen den Zeilen versteckt war, rappst du dieses Mal über deine Affäre mit dem Sprühen. Siehst du es als Teil deiner Kunst an oder gibt es andere Beweggründe dafür, manche deiner Aussagen auf diese Weise zu verschleiern?
Slowy: Also, in erster Linie fing das bei "Rotlichtlampe" einfach damit an, dass es mir sehr viel Spaß gemacht hat, sowas zu schreiben. Der Schreibprozess ist ja auch etwas, das man bei Soloplatten meist alleine macht. Und dann ist das einfach ein wenig Gedankensport, mit dem man sich selbst entertaint und sich freut, wenn man eine neue Parallele gefunden hat. Das waren ja auch noch sehr konzeptionelle Sachen auf der "Floweffekt"-LP. Und danach habe ich zwei Alben eigentlich fast nur unkonzeptionellen Battlerap gemacht, wo als Nächstes einfach auch 'ne andere Punchline kommen kann und es funktioniert. Und ich hab' jetzt auf dieser Platte einfach auch wieder Lust gehabt, ein, zwei Ideen einzubringen. Dadurch, dass sich in der Zwischenzeit auch privat mein Interesse wieder vom Schallplattenhören weg eher zum Sprühen hin verschoben hat, sind mir da wieder mehr Parallelen aufgefallen. Da dachte ich mir dann: "Das könnte man doch auch noch mal auf was anderes bezogen machen." Und da hatte ich dann einfach Spaß dran, das zu schreiben.
MZEE.com: Wenn du sagst, dass dir sowas besonders viel Spaß macht – hast du vielleicht schon andere "verbotene Leidenschaften" oder sonstige Doppelbedeutungen in deinen Texten versteckt, die eventuell noch niemand durchschaut hat?
Slowy: Ich glaube, in vielen Texten stecken Sachen zwischen den Zeilen, die auch Freunden, die mich kennen, erst nach längerer Zeit auffallen oder ihnen bewusst werden. Manchmal spricht mich jemand auf eine konkrete Zeile an, ich kann dazu 'ne Geschichte erzählen und die Leute sagen dann: "Ah, okay. Ich habe das immer ganz anders interpretiert." Aber das finde ich auch völlig okay so, da viel Freiraum zu lassen, denn manche Leute interpretieren Sachen für sich ganz anders und ziehen da andere Sachen für sich raus. Das finde ich auch völlig in Ordnung. Viele Sachen lasse ich da auch ganz bewusst offener.
MZEE.com: "Offener" ist ein gutes Stichwort, denn wenn man sich den Titeltrack der Platte "Undercover Blues" anhört, fällt auf, dass er durch seine sehr offene, ehrliche Art besticht. Ist der Gemütszustand, den du dort beschreibst, für dich wirklich chronisch oder handelt es sich dabei eher um Phasen?
Slowy: Nee, der Track war tatsächlich in 'ner Phase geschrieben, die auch durchaus wiederkommen kann. Aber es ist schon eher was Phasenweises. Nichts Chronisches. Das sind dann auch teilweise so Wellenbewegungen im Privaten. Da treten Freud und Leid durch gleiche Umstände auf und entsprechend extrem können sie auch sein. Ist auf jeden Fall kein chronischer oder aktueller Zustand. Aber ich fand's hinterher trotzdem gut, den Track über diese Phase zu veröffentlichen, die dann auch manchmal wiederkommt. Man kennt das ja im Leben, mit Leidenschaften – also Leidenschaften jeglicher Natur – geht es ja auch oft mal bergauf und bergab. Da gibt's mal solche und mal solche Phasen. Ich glaube, in dem Track finden sich auch viele Leute wieder, die mit Graffiti überhaupt nichts am Hut haben und die da dann was anderes reinprojizieren können.
MZEE.com: Durch diese sehr persönlichen Inhalte schließt "Undercover Blues" gefühlt eher an "Floweffekt" an als etwa an "Ultima Radio". Wie kam es dazu, dass du jetzt wieder mehr Persönliches erzählst? Regt die Szene nicht mehr genug auf?
Slowy: Ich glaube, da hat einfach wieder mehr Reflexion stattgefunden. Die Szene bietet bestimmt noch genug Anlass zur Kritik, aber diese Sachen wiederholen sich dann ja auch immer. Die haben sich ja auch auf der "Ultima Radio" schon wiederholt. Ich denke, dass hängt auch alles ein bisschen mit dem Umfeld zusammen. Die "Floweffekt" ist noch 'ne Platte gewesen, die über sechs, sieben Jahre entstanden ist. In der Zeit habe ich noch viel alleine geschrieben, wusste nicht, ob ich damit auftreten will, und war live noch gar nicht aktiv, als ich die ersten Tracks geschrieben hab. Dadurch war sie noch sehr persönlich. Dann irgendwann hab' ich in Hamburg Anschluss in der Szene gefunden, war sehr viel auf Freestyle Battles, hab' mich viel mit Leuten verglichen, kam über Battles auf Ideen für Punchlines, die ich danach notiert und in den Texten verwendet hab', und hab' mich sehr viel über Sachen aufgeregt, die mir heute eigentlich total egal sind. Sachen, bei denen ich heute irgendwie einfach gelassener geworden bin und sage: "Okay, das gefällt dir jetzt vielleicht nicht, aber lass' den doch das machen und du machst das." Ist doch in Ordnung, wenn die Sachen parallel existieren. Man muss ja nicht alles kritisieren, nur weil es nicht dem eigenen Geschmack entspricht. Und ich glaube, ich habe auch 'ne höhere Toleranz entwickelt für Sachen, die mir nicht gefallen. Das habe ich auch auf dem einen Track angesprochen. Früher war ich dann auf Festivals und dachte: "Von zehn Acts gefallen mir nur zwei", und habe mich vielleicht über den Rest aufgeregt. Aber irgendwann habe ich es dann zu schätzen gewusst, dass mir wenigstens zwei gefallen und ich das bewusst genießen kann. Denn wenn man auf Festivals oder Jams ist, wo alle Leute gleich klingen und alle das Gleiche machen, dann wird das auch sehr schnell langweilig und viel penetranter.
MZEE.com: Ein ganz ähnliches Szenario sprichst du auf "Dankeschön" an. Da beschreibst du auf interessante Weise und mit viel Selbstironie die "Notwendigkeit" von schlechten MCs. Was waren denn die Beweggründe dafür, auch die eigene Anti-Wack MC-Agenda mal etwas kritisch zu betrachten?
Slowy: Ja, der Track hat durchaus auch einsichtige und selbstkritische Züge. Das war ein Abend, den ich zwar als Traum beschrieben habe, der aber tatsächlich mal so stattgefunden hat. Wir waren auf einer Jam, deren Veranstalter – der inzwischen auch ein guter Bekannter ist – sehr viele Acts gebucht hat, die alle so einem Gusto entsprachen, aber im Prinzip lief da sieben, acht Stunden der gleiche Sound. Und irgendwann hatte man das Gefühl, man hat sich nur noch wiederholt auf der Bühne – wie ich es im Text auch beschreibe. Und dann habe ich erst gemerkt, dass es doch auch völlig in Ordnung ist, wenn man auf ein Festival geht und der eine Rapper macht vielleicht Boom bap-Battlerap, der andere macht Trap, der nächste macht wieder was anderes. Und in der Zeit, in der was läuft, was einem gar nicht gefällt, geht man halt raus und entspannt sich mal 'ne Stunde auf der Wiese oder am Fluss.
MZEE.com: Irgendwie gibst du mit dem Track auch Respekt an Rap-Subgenres, die du sonst disst …
Slowy: Ja, klar. Battlerap hat in erster Linie ja auch den Grund, einfach zu entertainen. Sonst würde niemand zu 'nem Battle kommen oder sich Battlerap anhören. Eine lustige Punchline in 'nem Text ist ja wie ein Witz. Wenn da jemand lacht, irgendwie reagiert oder da ein Raunen durch die Menge geht, dann hat man ja eine Reaktion erreicht, die viel stärker ist, als wenn man irgendwie 'ne ewig lange Geschichte erzählt und am Ende gibt es einen kleinen Aha-Effekt. Und dieser Entertainment-Gedanke ist ja auch bei anderen Genres komplett da und komplett nachvollziehbar für mich. Wenn das Leute entertaint und sie sich an der Musik erfreuen, dann ist das völlig in Ordnung. Ich feiere viele andere Sachen und finde das völlig okay, auch wenn man das unserer Musik vielleicht nicht anhört. Bei mir ist das so: Nur weil ich ein paar Trap-Künstler mag, muss ich jetzt ja nicht unbedingt gleich auf den Zug aufspringen und meine komplette Musik denen anpassen. Ich finde das dann persönlich eher zweifelhaft, wenn man sowas merkt. Da will ich auch gar nicht einzelne Künstler kritisieren. Man merkt aber doch schon, dass das Modeerscheinungen sind, wie 'ne Turnschuhfarbe oder so. Und auf einmal springen viele Leute auf 'nen Zug auf, ohne sich vorher selbst damit beschäftigt zu haben. Oder sie nehmen nicht mal die Einflüsse aus den Staaten wahr, wie vielleicht die, die diesen Style hierzulande etabliert haben. Sondern denken sich nur: "Oh, das macht jetzt jeder. Das muss ich jetzt auch machen, damit es sich verkauft." Da mache ich dann lieber das, was ich kann, was mir Spaß macht, aber kann das andere trotzdem feiern, wenn es gut gemacht ist.
MZEE.com: Also siehst du die aktuelle Entwicklung des Untergrunds mit Künstlern wie RIN, die so gar nicht eurem Stil entsprechen, aber durchaus ähnliche anti-kommerzielle Werte vertreten, positiv?
Slowy: Ja, ich kann das komplett verstehen, wobei ich sagen muss, dass sich das bei mir lustigerweise – so hängengeblieben das auch wieder klingen mag – durchs Sprühen verschoben hat. Dadurch, dass der Altersdurchschnitt von aktiven Leuten da relativ jung ist, hab' ich dort viel mehr mit Leuten zu tun, die knapp über 20 sind und einfach mit ganz anderer Musik groß wurden. In einer Zeit, wo meine Generation mit 20 auf HipHop-Jams gegangen ist, sind die mehr auf Raves gegangen. Und wenn sie jetzt Rap hören, hören sie vielleicht eher Trap. Da habe ich schon viel mitbekommen. Und ich sehe auch, dass das eher so 'ne Jugendbewegung ist, aber das das alles anti-kommerziell ist, würde ich nicht komplett unterschreiben. Mir fehlt ein bisschen das Verständnis für diesen ganzen Markenkleidungs-Film. Über Gucci und Prada rappen ist sowas, was ich nicht nachvollziehen kann – selbst wenn ich den Sound feiere. Das ist aber einfach was, womit ich mich persönlich nicht identifizieren kann. Ist auch okay, wenn die das machen, aber das ist dann einfach nicht meins. Ich sehe darin keine anti-kommerzielle Haltung, über Designermarken zu rappen.
MZEE.com: Haben diese Genres oder das Befassen damit deinen eigenen Stil denn auch beeinflusst?
Slowy: Musikalisch könnte das durchaus passieren. Da sind ja auch andere Flowentwicklungen und sowas, die man selbst für interessant hält. Ich glaube, unterbewusst entwickelt man sich sowieso immer weiter, auch durch solche Einflüsse. Und seien es nur Anti-Einflüsse. Dass man Sachen bewusst nicht macht, die andere jetzt machen. Aber ich denke schon, dass durchaus Einflüsse da sind, die man vielleicht auch erst in ein paar Jahren wirklich raushören wird.
MZEE.com: Dauert es denn bis zum nächsten Projekt wieder drei Jahre? Oder ist in naher Zukunft bereits etwas geplant?
Slowy: Der Plan ist schon da, in näherer Zukunft anzuknüpfen. Also, derzeit ist es so, dass wir wieder viel live spielen, sehr viele Anfragen haben und man schon merkt, dass die Zeit wieder sehr auf der Strecke bleibt. Wir hatten uns eigentlich sogar vorgenommen, dass wir jetzt direkt mit 'nem neuen Projekt weitermachen. Da jetzt aber die Wochenenden wieder alle belegt waren, ist es noch nicht so weit gekommen. Aber es wird wohl nicht wieder drei Jahre dauern, sag' ich jetzt mal. Aber mit Ankündigungen ist das ja immer so 'ne Sache. Wir hatten uns erst vorgenommen, sogar dieses Jahr noch was zu machen, auch in Hinblick aufs nächste Jahr, aber mal gucken. Da muss man auch sehen, was für 'ne Länge das haben wird. Ich finde es auch persönlich angenehmer, eher Projekte zu machen, die nicht – so wie die "Ultima Radio" – 28 Tracks haben und völlig überladen sind. Da hätte man ja schon mit der Hälfte 'ne 14 Tracks-LP machen können und dann wären manche Gedanken, die man äußert, vielleicht auch zeitgemäßer gewesen. Einfach, damit man Sachen auch aktueller veröffentlicht, die einem gerade am Herzen liegen.
MZEE.com: Ist dann der Wunsch größer, sich selbst keinen Druck zu machen, oder der, Sachen zeitiger zu veröffentlichen?
Slowy: Wir limitieren uns zeitmäßig ja eh schon dadurch, dass wir auf Vinyl veröffentlichen. Selbst nach Fertigstellung werden da aktuell immer so vier Monate draufkommen, bis die Platte dann aus dem Presswerk ist. Man könnte jetzt natürlich sagen, dass man etwas nur zum Download anbietet und damit auch schneller ist, aber ich denke, dann ist die Musik eben auch sehr schnell wieder weg. Ich hab' mit Pierre Sonality mal 'ne Platte gemacht, die seit Jahren rumliegt, die "Soulbodyguards LP" – die haben wir noch nicht ganz final fertig bekommen. Die liegt jetzt rum und wenn sie dann irgendwann mal rauskommt, wird das wahrscheinlich sehr amüsant werden, weil da schon viele Sachen einfach auf Sessions und auf aktuelles Geschehen bezogen sind. Wir haben sie vor einiger Zeit mal wieder durchgehört. Da ist es schon lustig, wenn wir uns auf Sachen beziehen, die teilweise sechs Jahre her sind. Aber dann ist es vielleicht auch so, dass der eine oder andere schon wieder schmunzelt, weil er sich gerne daran erinnert. Ich persönlich verzichte inzwischen aber lieber auf einen sehr aktuellen Bezug, weil ich denke: "Oh Gott, wenn das in zwei Jahren rauskommt, wer weiß … Dann spricht da auch vielleicht schon keiner mehr drüber und es ist uninteressant." Wenn man viele Bezüge auf Zeitgemäßes hat, dann verschwindet die Musik auch schneller, glaube ich. Dann ist sie oft genauso schnell wieder weg, wie sie aktuell ist. Ich hab' für mich persönlich einfach gemerkt, dass Musik, wenn sie zeitlos ist, auch viel stärker dableibt.
(Daniel Fersch)
(Fotos von Kai Bernstein)