Scheiß' auf gestern, blick' nach vorne wie ein Adler.
Zwischen all dem oberflächlichen Geprotze im deutschen Straßenrap wird textlicher Tiefgang oftmals vermisst. Das dachte sich wohl auch Mudi, der nach anfänglichen Versuchen im Gangsterrap seinen Stil veränderte. Statt den gewohnten Geschichten vom Leben auf der Straße setzte der Berliner fortan auf gefühlvolle Lyrics und verwob den Ansatz zugleich mit Soundeinflüssen arabischer Musik. Auch seine neue Platte "Sabr" knüpft an dieses Konzept an und verspricht so, einen Einblick in Mudis Gedankenwelt zu geben.
Tatsächlich lässt der Rapper einigermaßen tief blicken: Er beschäftigt sich auf "Sabr" mit schmerzhaften Liebesgeschichten, familiären Problemen und Zukunftsängsten. Allerdings kommen seine Zeilen hierbei kaum über das Abarbeiten lyrischer Gemeinplätze hinaus. Sprüche von der Zeit, die alle Wunden heilt, und den Narben, die die Liebe hinterlässt, sind dabei erst der Anfang. Wo nicht auf überstrapazierte Metaphern zurückgegriffen wird, schildert Mudi seinen persönlichen Werdegang. Doch dabei kommt ihm immer wieder sein hölzerner Rapstil in die Quere. Das gleichförmige Herunterrattern der Texte und die allzu simplen Reimstrukturen sorgen dafür, dass sogar prinzipiell bewegende Geschichten nicht wirklich packen können. Mudis Anspruch, sein Innerstes nach außen zu kehren, mag im Kern noch so authentisch sein, die musikalische Umsetzung gerät langatmig und fad. Er selbst lehnt sein eigenes Subgenre "Arabesk Rap" zwar bewusst an orientalische Volksmusik an, doch gleicht sie textlich vielmehr deutschem Schlager. So bilden die Songs eine kitschig-verzerrte Realität ab, in der Emotion dem Wiederholen von Plattitüden gleichgesetzt scheint.
Letztlich ist "Sabr" ein Seelenstriptease, der nicht so recht gelingen will. Zwar äußert der Rapper bereitwillig seine Gedanken und Ängste, doch fehlt ihm die Ausdrucksfähigkeit, um diese auch musikalisch und kreativ zu vermitteln. Trotz der sympathisch sanften Herangehensweise stellt sich Mudis zweites Album so als eine spröde Platte ohne Strahlkraft heraus.
(Florian Peking)