Lyrics sind primitiv, trotzdem: ich bretter'.
An stetem Nachwuchs im Straßenrap fehlt es in Deutschland wahrlich nicht. Doch gerade das große Angebot an spannenden neuen Artists macht es für den einzelnen schwierig, sich zu behaupten. Auch Luciano vom Locosquad aus Berlin versucht seit ungefähr einem Jahr, in der Szene Fuß zu fassen. Mit Erfolg: Die Gang darf in diesem Jahr sogar auf dem Splash! auftreten. Mit "Banditorinho" will der Nachwuchs-MC hinter die bisherigen Erfolge ein kraftvolles Ausrufezeichen setzen.
Luciano macht Streetrap, wie er zeitgenössischer kaum sein könnte. Trap-Elemente brodeln in den Instrumentals, Adlibs garnieren fast jedes Zeilenende und auch vor melodischen Hooks wird nicht zurückgeschreckt. Hervorstechend ist jedoch vor allem die aggressive Energie, welche der Berliner durch seine Parts peitscht. So brettert der "Gauner in Lacoste" variationsreich und kraftvoll seine Strophen ins Mic. Eingängige, oft leierhafte Hooks runden das Konzept ab und sorgen dafür, dass die Tracks im Ohr bleiben. In Einzelfällen hat das sogar durchaus Hit-Charakter, wie zum Beispiel der großartig kurzweilige Banger "Jäger" beweist. Allerdings ermüden die nur allzu bekannten Versatzstücke bei intensivem Hörgenuss schnell. Die simpel gestrickten Beats können, wie im Falle von "Vato Mulatto RMX", auch mal nur aus einer einfachen Glockenmelodie und ein paar harten Drums bestehen. Sie erfüllen damit zwar ihren Zweck als Podest für die brutalen Banger des Berliners. Doch dieser schafft es textlich – bis auf ein paar internationale Slangwörter – kaum über die Standardphrasen des Straßenraps hinaus.
Ein wenig mehr Eigenständigkeit und Experimentierfreudigkeit hätte "Banditorinho" gut getan. Dann nämlich wäre die Platte bereits ein vielversprechendes Newcomer-Release. Doch auch wenn man das Mixtape nur als ein Warm-Up für das große Debütalbum versteht, macht Luciano schon jetzt einiges richtig. Wenn er sich nun auf seine Stärken besinnen und diese auch selbstständig ausbauen kann, steht einem spannenden Nachfolgewerk nichts mehr im Wege.
(Florian Peking)