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Interview

Jule Wasabi & Falk Schacht

"Gene­rell wür­de ich sagen, dass in Zei­ten wie die­sen alle Men­schen poli­ti­scher agie­ren müs­sen, denn sonst wer­den wir das bald viel­leicht nicht mehr kön­nen." – Falk Schacht und Jule Wasa­bi im Inter­view über Poli­tik, ihren Pod­cast bei PULS sowie Hate gegen­über Journalisten.

Ein deut­sches Sprich­wort sagt: "Gegen­sät­ze zie­hen sich an." Auf den ers­ten Blick ist es bei Falk Schacht und Jule Wasa­bi, die sich für einen Pod­cast bei PULS vom Baye­ri­schen Rund­funk zusam­men­ge­tan haben, genau­so. Der eine ist seit 1994 in der deut­schen Rap­sze­ne unter­wegs und tauch­te dort als Jour­na­list, Mode­ra­tor und DJ auf. Vie­len Rapf­ans dürf­te Falk Schacht durch sein Auf­tre­ten bei VIVA und dem Online-​Format "Mixery Raw Delu­xe" ein Begriff sein. Die ande­re ist 24 Jah­re alt und seit zwei Jah­ren im deut­schen Rap aktiv. Erst war Jule Wasa­bi Mit­glied von Rap-​ist und wech­sel­te schließ­lich zur "Disslike"-Redaktion, deren Lei­tung für den Bereich Rap sie mitt­ler­wei­le inne­hat. Blickt man auf die har­ten Fak­ten, trifft das Sprich­wort voll­kom­men zu, doch aus ihrer gemein­sa­men Lei­den­schaft für Rap machen Jule und Falk nun einen Pod­cast. Über eben­die­sen hat unser Redak­teur Fabi­an Tho­mas mit den bei­den gespro­chen. So geht es im Inter­view um das For­mat an sich sowie die Ent­ste­hungs­pha­se und die ers­ten Geh­ver­su­che. Neben dem poli­ti­schen Ein­fluss deut­scher Rap­per spra­chen Falk und Jule eben­falls über Gegen­sät­ze – und zwar über den unter­schied­li­chen Umgang mit Hate. Wäh­rend sich Fans vor allem bei Künst­lern äußern, grei­fen die­se heut­zu­ta­ge selbst eher Jour­na­lis­ten an. 

MZEE​.com: Ihr habt kürz­lich den Pod­cast "Schacht & Wasa­bi" gestar­tet. Die­ses Medi­um ist im Ver­gleich zum Video – spe­zi­ell auf You­Tube – älter und unbe­kann­ter; rich­tig pro­mi­nent für eine brei­te­re Mas­se wur­de es "nur" durch "Fest & Flau­schig" von Jan Böh­mer­mann und Olli Schulz. War­um habt ihr euch letzt­end­lich für die­ses For­mat entschieden?

Falk Schacht: In Deutsch­land wur­den Pod­casts nie ver­nünf­tig ange­gan­gen. Das liegt viel­leicht dar­an, dass eine Talkradio-​Kultur in die­sem Sin­ne in Deutsch­land nicht exis­tiert. Die Ame­ri­ka­ner haben Talk­ra­dio und Pod­casts sind am Ende ja nur die moder­ne Vari­an­te davon. Des­we­gen haben die dort wahr­schein­lich auch eine höhe­re Akzep­tanz. Zu ver­su­chen, das Gan­ze nach Deutsch­land zu über­tra­gen, fin­de ich eine gute Idee. Ich habe mir schon län­ger Talkradio-​Formate gewünscht, aber es kommt jetzt erst so lang­sam. Es wird zwar immer über Schulz und Böh­mer­mann gespro­chen, ich per­sön­lich sehe die Wur­zeln aber woan­ders. Und zwar in der Kind­heit, wenn Leu­te mit Hör­spiel­ge­schich­ten auf­wach­sen. Ich ken­ne so vie­le Leu­te, die "Die drei ???" zum Ein­schla­fen hören. Und auf die­sen Bedarf reagie­ren jetzt auch Fir­men. Unter­neh­men wie Audi­ble von Ama­zon bie­ten Hör­bü­cher und Pod­casts an. Wir sind also nicht die Ein­zi­gen, die die Idee hat­ten oder es gut finden.

MZEE​.com: Glaubt ihr nicht, mit einem Video­for­mat wärt ihr noch näher am Hörer gewe­sen, weil man sieht, wie ihr mit­ein­an­der kom­mu­ni­ziert und umgeht?

Jule Wasa­bi: Ich fin­de, das Video­for­mat lenkt oft ab, und ich glau­be auch nicht, dass wir das brau­chen, um eine gechill­te Dis­kus­si­on zu führen.

Falk Schacht: Mir ist es oft genug pas­siert, dass die Leu­te gesagt haben: "Ey, krass, du machst doch immer die­se Inter­views." – "Ja?" – "Ja, ich höre mir die immer an." – "Wie, du hörst dir die immer an?" – "Ja, ich lass' die neben­her lau­fen und hör' mir die an." Und dann habe ich mich schon gefragt: "Okay, war­um fil­men wir das eigent­lich alles mit?" Außer­dem höre ich hin­ter den Kulis­sen seit zwei bis drei Jah­ren den Wunsch nach einem HipHop-​Podcast. Wir gehö­ren nur zu den Ers­ten, die die­ses The­ma ange­hen. Ich ver­steh' schon, wenn du sagst, dass du ger­ne sehen wür­dest, wie die Reak­tio­nen sind, aber wer weiß  viel­leicht kommt das noch alles. Erst mal fan­gen wir mit einem Pod­cast an.

MZEE​.com: Es ist tat­säch­lich so. Ich mache das bei Inter­views auch und euren Pod­cast habe ich neben­bei auf der Arbeit gehört. Ein Bild brauch­te ich da nicht.

Falk Schacht: Okay, krass.

MZEE​.com: Dar­über hin­aus wür­de mich inter­es­sie­ren, wie es zu der Zusam­men­set­zung der Mode­ra­to­ren kam? Wer hat­te die Idee und wer hat wen ange­ru­fen und gefragt, ob Lust und Zeit vor­han­den sind?

Falk Schacht: Der Start­punkt war die Idee von Kevin Schramm von PULS, der zu den Leu­ten gehört, die hin­ter den Kulis­sen einen Pod­cast haben woll­ten. Er hat bei Twit­ter dann – wirk­lich ins Blaue hin­ein – gefragt, wer Lust zu sowas hät­te. Dar­auf­hin haben sich eini­ge Leu­te gemel­det und davon sind Jule und ich übrig geblie­ben. Sehr kurz und ganz schön unromantisch.

MZEE​.com: In Bezug auf die Aus­wahl der Mode­ra­to­ren inter­es­siert mich, ob bewusst ein Mann und eine Frau in unter­schied­li­chen Alters­grup­pen mit unter­schied­li­chem Back­ground gewählt wurden?

Falk Schacht: Für das, was am Ende dabei raus­kom­men soll, haben wir am bes­ten funk­tio­niert und zusam­men­ge­passt. Jule und ich ken­nen uns auch schon ein­ein­halb Jah­re und das fließt sicher dabei ein, dass wir eine gute Che­mie haben.

MZEE​.com: In der ers­ten Fol­ge ging es  bis auf einen Aus­flug in den Sport  aus­schließ­lich um Rap. Wird es dabei blei­ben oder wollt ihr zum Bei­spiel poli­ti­sche oder gesell­schafts­kri­ti­sche The­men aufnehmen?

Jule Wasa­bi: Ich mei­ne, wenn man über Rap redet, wird es auto­ma­tisch gesell­schafts­kri­tisch und sicher auch mal poli­tisch. Ich fin­de es wich­tig und cool, wenn man die­sen Bezug her­stellt. Es soll grund­sätz­lich natür­lich um Rap gehen, aber es wird immer vor­kom­men, dass wir in ande­re The­men­ge­bie­te abdrif­ten. Es wird aller­dings immer so sein, dass wir zu Rap zurückkommen.

Falk Schacht: Ich mei­ne ganz kon­kret, wir zeich­nen mor­gen die nächs­te Sen­dung auf und dort haben wir zwei Punk­te, die ich nicht vor­weg­grei­fen möch­te, weil wir ja mor­gen im Pod­cast dar­über reden wol­len und die Reak­ti­on soll­te ja spon­tan sein. Aber da geht es auch um poli­ti­sche The­men. Was Jule und ich dann dazu bespre­chen kei­ne Ahnung, aber als The­ma ist es da.

MZEE​.com: Es gab vor ein paar Mona­ten den Fall, dass KISS FM dem "Nazi-​Rapper" Makss Dama­ge eine Platt­form gege­ben hat. Kommt es für euch infra­ge, sich damit zu beschäf­ti­gen und ihn viel­leicht sogar als Gast einzuladen?

Falk Schacht: Puh … (über­legt) Sagen wir mal so: Sich damit zu beschäf­ti­gen, dass sowas exis­tiert, will ich nicht aus­schlie­ßen. Und wenn es inter­es­sant, wich­tig und tages­ak­tu­ell ist, kann das ein The­ma sein. Jeman­den ein­zu­la­den und dar­über zu reden, fin­de ich extrem schwie­rig und kom­pli­ziert, wie man an dem Bei­spiel KISS FM gese­hen hat. Am Ende des Tages bleibt die Fra­ge: Wo ist da jetzt der tie­fe­re Sinn? Wenn ich das etwas grö­ßer auf­zie­he, fra­ge ich mich, ob man wirk­lich über jeden bescheu­er­ten Furz der AfD berich­ten muss oder auch dar­über, was Trump macht, weil ich für mich das Gefühl habe, dass das in so eine Art Nor­ma­li­tät über­geht. Die Empö­rung schwin­det und es macht das gan­ze The­ma auch wich­ti­ger und grö­ßer, als es ist. Wir reden die gan­ze Zeit von der AfD und was da von deren Sei­te kommt, nur haben die aktu­ell knapp elf Pro­zent in den Umfra­gen und natür­lich beun­ru­higt mich das auch, aber wir kön­nen uns von denen doch nicht die gan­ze Zeit die Gesprächs­agen­da bestim­men las­sen. Die The­ma­tik müss­te doch von den rest­li­chen 80 Pro­zent gesetzt wer­den. Des­we­gen rin­ge ich da und zweif­le dar­an, einen Nazi-​Rapper ein­zu­la­den. Was soll dabei raus­kom­men? Die Tex­te sind Schwach­sinn und Müll. Den davon abzu­brin­gen und zu über­zeu­gen, wird auch nichts. Also, was soll dabei groß rauskommen?

Jule Wasa­bi: Außer­dem ist so eine eige­ne Sen­dung auch eine Mög­lich­keit, sei­ne eige­nen Inter­es­sen zu pushen und zu schau­en, was uns gefällt. Klar sorgt das für Rei­bung, Dis­kus­sio­nen und Span­nung, aber ich wür­de das ten­den­zi­ell dafür nut­zen, um Leu­te zu pushen, die wir cool fin­den. Und na klar redet man drü­ber, wenn es rele­vant ist, aber die­sen Leu­ten tat­säch­lich eine Büh­ne zu geben, fühlt sich eher komisch an.

Falk Schacht: Aber gene­rell Gäs­te ein­zu­la­den und mit ihnen zu spre­chen, ist nicht ausgeschlossen.

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MZEE​.com: Glaubt ihr denn, dass Rap­per poli­ti­scher sein soll­ten, als sie es jetzt sind?

Falk Schacht: (lacht) Jetzt gehen wir doch in die Dis­kus­si­on von mor­gen früh. Die For­de­run­gen an Künst­ler zu stel­len, poli­ti­scher zu sein, fin­de ich erst mal schwie­rig. Es wirkt so absurd wie von Poli­ti­kern zu for­dern, musi­ka­li­scher zu sein. Aber gene­rell wür­de ich sagen, dass in Zei­ten wie die­sen alle Men­schen poli­ti­scher agie­ren müs­sen, denn sonst wer­den wir das bald viel­leicht nicht mehr können.

Jule Wasa­bi: Ich glau­be, dass die Rap­per, denen es liegt und die etwas zu sagen haben, auf jeden Fall poli­tisch sein soll­ten. Aber ich fin­de, dass es ein per­sön­li­ches Ding ist. Ich fin­de es manch­mal wahn­sin­nig komisch, wenn Rap­per so gewollt etwas zu einer poli­ti­schen Lage sagen, nur weil sie den­ken, sie ste­hen in der Öffent­lich­keit und sie müs­sen etwas dazu sagen. Ich fin­de es bei dem, der sich das vor­nimmt in sei­nen Tex­ten und ger­ne etwas sagen möch­te, abso­lut berech­tigt, aber ich bin auch erleich­tert, dass man­che Rap­per wis­sen, wo ihre Gren­zen sind.

MZEE​.com: Okay, ent­fer­nen wir uns von den poli­ti­schen The­men, um nichts vor­weg­zu­neh­men. Bli­cken wir lie­ber in die Zukunft: Gäs­te könn­te es geben ob es mal ein Video­for­mat wird, steht in den Ster­nen. Wel­che Ent­wick­lun­gen sind rund um euren Pod­cast mög­lich bezie­hungs­wei­se könnt ihr sagen, wohin die Rei­se gehen könnte?

Falk Schacht: Tat­säch­lich nicht  im Augen­blick schau­en wir, wie sich das ent­wi­ckelt. Der Pod­cast ist ein leben­di­ges Wesen. Wir haben von Anfang an bespro­chen, dass wir zuschau­en, wohin es sich ent­wi­ckelt. Wir hal­ten uns das offen: Alles kann, nichts muss.

MZEE​.com: Gibt es denn eine Min­dest­zahl an Fol­gen, die ihr machen wollt, und dann wird geschaut, ob es sich lohnt bezie­hungs­wei­se wor­an macht ihr einen Erfolg fest?

Falk Schacht: Also, wir wer­den das erst mal ein paar Mona­te machen und dann im Gespräch zwi­schen uns und dem Sen­der PULS gucken, wie es wei­ter­geht. Die haben natür­lich auch ihre Mei­nung dazu. Ich kann aber schon mal sagen, dass wir mit dem Start sehr zufrie­den sind. Die Quo­ten sind gut, die Reak­tio­nen sind gut und des­we­gen wer­den wir wei­ter­ma­chen und schau­en, was dabei rauskommt.

MZEE​.com: Ich habe mich ein wenig durch das Feed­back zur ers­ten Sen­dung gewühlt. Dort gab es viel Lob, aller­dings hier und da auch kri­ti­sche Wor­te. So fehl­te einem Zuhö­rer die Dyna­mik, es gab zu viel Geschnat­ter und man wünscht sich mehr Nerd-​Facts. Wie reflek­tiert ihr eure ers­ten Gehversuche?

Jule Wasa­bi: Wir hat­ten ja ein paar Pro­be­sen­dun­gen, die waren deut­lich befrei­ter im Schnat­tern und Reden. Wir dach­ten uns nach der Sen­dung auch so: "Hm, es war schwie­rig, rein­zu­kom­men." Es war eben die ers­te Sen­dung und da war es auf­re­gend. Ich den­ke, das wird anders, wenn etwas Rou­ti­ne rein­kommt. Zu dem Nerd-​Ding muss ich mich wahr­schein­lich mehr ver­tei­di­gen, weil die Leu­te wis­sen, dass Falk der Nerd bei uns ist. Es war ja so, dass wir von Anfang an geplant haben, dass es eine Sen­dung für Raphö­rer wird und eben nicht für Men­schen, die kei­ne Ahnung von Rap haben. Ich bin aber auch dafür da, Falk raus­zu­zie­hen, wenn er etwas zu nerdig wird. Damit vor allem die jun­gen Leu­te nicht abschal­ten, die nicht so viel Ahnung haben, ähn­lich wie bei mir. Ich kann mit einem Torch weni­ger anfan­gen, was nicht heißt, dass ich mich nicht dar­über infor­mie­re. Aller­dings ist es schon okay, wenn man zugibt, dass man etwas nicht weiß. Und dafür ist ja dann Falk da, der dar­über etwas erzäh­len und einen Bezug her­stel­len kann. Des­we­gen glau­be ich, dass da noch mehr Nerd-​Talk kommt und dass es für die Leu­te, die nicht 30 Jah­re dabei sind, den­noch ver­ständ­lich sein wird.

Falk Schacht: Ich habe auch nicht zu jedem Scheiß "Nerd-​Infos" am Start. Klar kann man sich von einem Nerd-​Inhalt zum nächs­ten han­geln, das geht und das kann ich auch sehr gut, aber es muss ja zum The­ma pas­sen. Es soll ja spon­tan sein, es ist eben kein durch­re­cher­chier­tes For­mat, wo wir Tex­te vor­ge­ben. Es ist eine Unterhaltung.

Jule Wasa­bi: Was ich für unse­re Gesprächs­dy­na­mik gut fin­de, ist, dass du nicht zu jedem The­ma den Drang hast, zu bewei­sen, dass du zu allem was weißt, son­dern es machst, wenn es rele­vant ist. Das emp­fin­de ich als deut­lich ent­spann­ter – ich weiß, dass du zu jedem The­ma einen geschicht­li­chen und the­ma­ti­schen Bezug her­stel­len könn­test, aber trotz­dem machst du es nur, wenn es ange­bracht ist.

MZEE​.com: Als wei­te­re Kri­tik habe ich gele­sen, dass es gescrip­tet wirkt – wie sieht es wirk­lich aus? Gibt es ein Skript oder eben "nur" eine Themensammlung?

Falk Schacht: Es gibt eine The­men­lis­te, über die wir spre­chen kön­nen, und davon bespre­chen wir nicht immer alles. Der Pod­cast geht eben zwi­schen 45 und 60 Minu­ten und wenn wir bis dahin die Zeit schon weg­ge­la­bert haben, dann fal­len halt ein, zwei The­men raus. Aber es ist nichts gescrip­tet, ich kann das auch gar nicht. Ich weiß nicht, ob du das kannst, Jule, aber ich kann das nicht. Es wirkt immer ganz krass vor­ge­le­sen, wenn ich wirk­lich was vorlese.

MZEE​.com: Dar­über hin­aus wür­de ich ger­ne wis­sen, wie viel Ein­fluss der Baye­ri­sche Rund­funk nimmt bezie­hungs­wei­se ob es aus die­ser Rich­tung irgend­wel­che Vor­ga­ben gibt?

Falk Schacht: Wir arbei­ten mit denen zusam­men, das heißt, es gibt einen Redak­ti­ons­chat. Da kommt alles rein. Die wis­sen, was wir machen, wir wis­sen, was die machen. Das ist alles sehr trans­pa­rent. Wenn es etwas zu sagen gibt, dann pas­siert das. Da gibt es kei­ne Gren­zen oder Regeln – gibt es natür­lich, aber das ist kei­ne Rake­ten­wis­sen­schaft. Wir sind nicht von Dr. Ange­la Mer­kel gesteu­ert. Wir kön­nen frei arbei­ten und tau­schen uns aus, wie es eben in einer Redak­ti­on ist.

Jule Wasa­bi: Wir sind ja auch nicht auf den Kopf gefal­len, dass man bei uns jeden drit­ten Satz zen­sie­ren muss. Aber ich bin trotz­dem über­rascht, wie sehr die uns da freie Hand lassen.

Falk Schacht: Ah, du hast mehr an Dr. Mer­kel gedacht?

Jule Wasa­bi: Ja, am Anfang hab' ich das irgend­wie gedacht – so öffentlich-​rechtlich und dass man da vie­les nicht sagen darf. Aber man muss wirk­lich sagen: Kevin, der das alles in die Wege gelei­tet hat, der weiß, was er tut, und weiß auch, aus wel­cher Ecke Rap kommt. Was man­che Leu­te augen­schein­lich den­ken, was man nicht anspre­chen darf, ist halt ein Teil von Rap und das dür­fen wir anspre­chen. Das fin­de ich wich­tig und gut. Ansons­ten fän­de ich das auch schwie­ri­ger – kei­ne Kraft­aus­drü­cke sagen oder so. (lacht)

MZEE​.com: Ja, aber das stimmt, wenn man an Baye­ri­scher Rund­funk, also öffentlich-​rechtlich denkt, dann hat man schon irgend­wie ein alt­ein­ge­ses­se­nes, nega­ti­ves Bild …

Jule Wasa­bi: Ja, aber da ist der PULS wirk­lich sehr modern. Die Inhal­te, die PULS so macht, sind sehr span­nend. Am Anfang habe ich das auch gedacht, aber wenn man sich mit dem Baye­ri­schen Rund­funk bezie­hungs­wei­se PULS beschäf­tigt, dann merkt man schon rela­tiv schnell, dass die auf Zack sind.

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MZEE​.com: Nun habt ihr in eurer Sen­dung auch Hate gegen­über Jour­na­lis­ten the­ma­ti­siert. Falk, du hast durch­klin­gen las­sen, dass es dir nicht so nahe­geht, wenn du Kri­tik abbe­kommst oder von Rap­pern "gedisst" wirst. Was glaubst du, war­um kön­nen Jour­na­lis­ten wie du bes­ser mit Kri­tik oder Hate umge­hen als Rapper?

Falk Schacht: Ich könn­te mir vor­stel­len, dass es damit zusam­men­hängt, dass Jour­na­lis­ten erst mal mit­krie­gen, wie Rap­per damit umge­hen, und dann bekom­men sie natür­lich mit, wie Rap­per mit poten­zi­el­ler Kri­tik der Jour­na­lis­ten umge­hen. Wie sich Rap­per zum Bei­spiel über Reviews auf­re­gen kön­nen. Ich schrei­be ja selbst kei­ne Reviews, aber ich bekomm' das immer wie­der mit, wie die Kol­le­gen der JUICE das erle­ben und irgend­wel­che Farb­beu­tel oder fau­le Eier an die Redak­ti­ons­tür gewor­fen wer­den – und das wegen einer Review. Dann unter­hält man sich dar­über, denkt dar­über nach und dann wird einem klar, dass es am Ende hei­ßer gekocht als in der Rea­li­tät geges­sen wird. Viel­leicht ent­spannt das des­halb, wenn man sel­ber einen abkriegt.

MZEE​.com: Könnt ihr euch vor­stel­len, war­um in letz­ter Zeit mehr auf Jour­na­lis­ten rum­ge­hackt wird? Das fängt bei mei­nem Fuß­ball­ver­ein an, der gewis­ser Pres­se die Akkre­di­tie­rung ent­zieht, und hört bei Rap­pern auf, die nicht mehr bemus­tern, kei­ne Inter­views geben oder Jour­na­lis­ten in Songs erwähnen.

Falk Schacht: Das ist, den­ke ich, kom­ple­xer. Das hat für mich zum einen damit zu tun, dass es so vie­le neue jour­na­lis­ti­sche Platt­for­men gibt, die in Kon­kur­renz zuein­an­der ste­hen. Wäh­rend frü­her ein Künst­ler nur mit Platt­form A arbei­ten konn­te, kann er heu­te auch mit Platt­form B oder C arbei­ten. Frü­her konn­test du Platt­form A schlecht aus­schlie­ßen, weil du dann einen dei­ner weni­gen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­le zer­stört hast. Heu­te kannst du sagen: "Scheiß auf dich, ich gehe zur Kon­kur­renz", oder: "Über Social Media habe ich mei­ne eige­nen Medi­en­platt­for­men, mit denen ich mei­ne Bot­schaft trans­por­tie­ren kann." Die­ser Druck, der dadurch erzeugt wird, dass es so vie­le Platt­for­men gibt, sorgt dafür, dass Künst­ler ihre eige­ne Mei­nung durch­drü­cken kön­nen. Oben­drauf kommt dann noch der gan­ze "Lügenpresse"-Komplex, wo Leu­te den Ein­druck haben, dass Jour­na­lis­ten nicht die Wahr­heit berich­ten. Ich den­ke, das kann auch damit zusam­men­hän­gen, dass sich da eine gewis­se Aggres­si­on gebil­det hat, was dafür sorgt, dass man sagt: "Mit Jour­na­lis­ten habe ich eh kei­nen Bock, zusammenzuarbeiten".

Jule Wasa­bi: Ich glau­be auch oft, dass Künst­ler die Jour­na­lis­ten mit ihren PR-​Agenturen ver­wech­seln. Und heut­zu­ta­ge kann man über die sozia­len Netz­wer­ke extrem viel Pro­mo sel­ber machen und da sind Künst­ler oft irri­tiert. Ich habe das selbst oft erlebt, dass man kei­ne kri­ti­schen Fra­gen mehr stel­len kann, weil Künst­ler dann sofort abge­fuckt sind – und das bei Fra­gen, wo man frü­her ein­fach hät­te drauf ant­wor­ten müs­sen, weil man auf die Pro­mo ange­wie­sen war. Heu­te gibt es ja auch Rap­per, die grund­sätz­lich kei­ne Inter­views mehr geben und alle Infos bei Face­book & Co. raus­hau­en. Die sind eben irri­tiert, wenn man ordent­li­chen Jour­na­lis­mus betreibt und mal kri­tisch nachfragt.

MZEE​.com: In der Welt des Hates fällt außer­dem auf, dass in letz­ter Zeit ver­mehrt Rap-​Journalisten in Songs erwähnt wer­den. Gibt es mitt­ler­wei­le bei euch eine grö­ße­re Zurück­hal­tung in Sachen Kri­tik bezie­hungs­wei­se beein­flusst es eure Arbeit?

Falk Schacht: Nee, mir ist das egal. Ich neh­me das wahr – sowohl Lob als auch Hass –, es bestimmt aller­dings nicht mei­nen All­tag. Es bestimmt nicht mei­ne Arbeit. Fertig.

Jule Wasa­bi: Bei mir ist es so: Ich fin­de es schlimm, wenn ein Rap­per gar nichts sagt und nicht inter­agiert, dann neh­me ich das auch per­sön­lich. Wenn jemand was sagt, dann habe ich das Gefühl, dass der Künst­ler damit rech­net, dass ich damit umge­hen kann und mich irgend­wie dazu äuße­re. Natür­lich nur, wenn es in einem huma­nen Rah­men bleibt. Wenn es unter die Gür­tel­li­nie geht, dann geht's mir schon manch­mal so, dass ich zu Hau­se und froh bin, dass ich noch stu­die­re und etwas ande­res außer die­sem Game hab'. Ich glau­be, wenn man nicht so cold as ice wie Falk ist, dann kann einen das schon tref­fen und fertigmachen.

MZEE​.com: Kom­men wir lang­sam zum Ende – nun habt ihr bei­de die­sen Pod­cast, Falk hat schon län­ger kei­ne eige­ne Sen­dung mehr und Jule hat sich von Rap-​ist getrennt. Dür­fen wir uns par­al­lel zum Pod­cast in Zukunft auch auf Solo­for­ma­te freuen?

Jule Wasa­bi: Falk.

Falk Schacht: Jule.

(Geläch­ter)

Jule Wasa­bi: Okay, dann fan­ge ich an. Ich bin gera­de in die "Disslike"-Redaktion ein­ge­stie­gen und mache dort jetzt mehr redak­tio­nel­le Arbeit. Aber dadurch, dass ich noch stu­die­re, bleibt es für mich bei einem Hobby.

Falk Schacht: Ich arbei­te mit RAP1D zusam­men, da habe ich in letz­ter Zeit Inter­views gemacht. Dann arbei­te ich an sehr vie­len ver­schie­de­nen Pro­jek­ten. Ich schrei­be Arti­kel, hal­te Vor­trä­ge an Uni­ver­si­tä­ten und gebe Semi­na­re. Dann orga­ni­sie­re ich Par­tys und lege viel als DJ auf und so wei­ter. Ich mache das, was mir Spaß macht – und das war nie nur Jour­na­lis­mus. Natür­lich hat man das öffent­lich am ehes­ten wahr­ge­nom­men, aber ich hab' immer mehr gemacht als nur Journalismus.

MZEE​.com: Zu guter Letzt wür­de ich ger­ne mit euch in die Welt der Pod­casts ein­tau­chen. Hört ihr sie pri­vat und wel­che könnt ihr vor allem empfehlen?

Jule Wasa­bi: Also, ich höre ganz klas­sisch Schulz und Böh­mer­mann – auch schon, als sie bei radio­eins waren. Was ich in letz­ter Zeit viel höre und wirk­lich gut fin­de, das ist "Ein­fach machen". Das ist auch ein Pod­cast von PULS – und zwar über einen erfolg­rei­chen Typen, der alles hin­wirft und Schau­spie­ler in Ame­ri­ka wer­den will. Es geht qua­si dar­um, dass er eine posi­ti­ve Ein­stel­lung zum Leben hat und ein­fach macht, anstatt sich immer Gedan­ken zu machen. Ich fin­de es wahn­sin­nig moti­vie­rend und schön anzu­hö­ren, auch weil er regel­mä­ßig glor­reich schei­tert. Ich beschäf­ti­ge mich gera­de sehr gern mit dem Schei­tern. Ein wirk­lich guter Podcast.

Falk Schacht: Wenn ich mich mit Pod­casts beschäf­ti­ge, dann ehr­lich gesagt mit US-​Podcasts. Da gibt es "The Com­bat Jack Show", die ich sehr gut fin­de, und den "Micro­pho­ne Check" von NPR Music  da sind oft gute Sachen dabei. Das sind eigent­lich die Haupt­pod­casts. Es gibt hier und da ver­ein­zel­te Fol­gen von ande­ren, zum Bei­spiel "Final Level" von Ice-​T oder "The Cypher". Ich habe aber auch schon mal einen Snoop Dogg-​Podcast gehört, weil vie­le Künst­ler ja auch sel­ber Pod­casts machen. Aber das sind kei­ne, die ich regel­mä­ßig nutze.

(Fabi­an Thomas)
(Fotos von Lisa Hinder)