Ich muss nicht beweisen, wer ich bin.
Auch wenn Camukinyi einem auf den ersten Blick nicht verständlich ist, lässt sich der Name doch recht simpel übersetzen. Kombiniert man nämlich die Künstlernamen von Leila Akinyi und Camufingo, bekommt man das bantusprachige Äquivalent zum deutschen "Morgenkämpfer". Das geschickte Spiel zwischen afrikanischer und deutscher Sprache ist jedoch keineswegs nur ein Gimmick für den Titel – es zieht sich durch die gesamte EP der Künstler.
Die Jugend in Deutschland eint die beiden, doch sie sind jeweils auch eng mit dem afrikanischen Kontinent verbunden. Leila Akinyi verbrachte einen Teil ihrer Kindheit in Kenia, Camufingo lebt aktuell größtenteils in Luanda – und lässt die Einflüsse seiner angolanischen Heimat in die Produktionen für "Morgenkämpfer" deutlich einfließen. Die EP beeindruckt mit scheppernden Basslines und Samples verschiedenster afrikanischer Instrumente, was dem gesamten Werk einen unverbrauchten Vibe verleiht. Auch sonst geht das Konzept voll auf: Aus ausgefeilten Beats und Akinyis Stimmgewalt in den meisten Hooks ergeben sich Ohrwürmer wie am Fließband. Von seichter Radiomusik ist man dennoch weit entfernt, wird doch thematisch viel tiefer als in den meisten Pop-Hymnen gegangen. Ob nun Alltagsrassismus und Fernweh angesprochen werden oder Identitätsfragen zu klären sind: Camukinyi nehmen nie ein Blatt vor den Mund. Dabei überzeugen sie mit ehrlicher Authentizität und pointierten Lyrics.
Leicht verdaulich ist "Morgenkämpfer" allerdings nur, wenn man nicht genau hinhört. Die Ungerechtigkeiten, die Camukinyi lyrisch greifbar machen, stimmen eher nachdenklich. Vor allem Camufingos gerappter Weg "aus der Diaspora in die Diaspora" geht häufig unter die Haut – jedoch ohne dabei allzu schwerfällig zu wirken. Abschließend bleibt zu sagen: Durch die lockere Untermalung ergibt sich ein insgesamt stimmiges und gut hörbares Gesamtprodukt.
(Sven Aumiller)