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Interview

Marz

"Man kann kein Fan von RB Leip­zig sein. Da geht es um die Art und Wei­se." – Marz im Inter­view über die Kri­tik an RB Leip­zig, sei­nen Her­zens­ver­ein VfB Stutt­gart sowie das Album "I Love 2 Hate", gekauf­te Fea­tures und die aktu­el­le Battlerap-Szene.

Deut­scher Rap ist kom­mer­zi­ell bekannt­lich so erfolg­reich wie noch nie. Wäh­rend eini­ge Rap­per dabei für ihre Top 10-​Alben und Gol­de­nen Schall­plat­ten ihren Stil wech­seln und sich zeit­wei­se auch der Pop-​Musik annä­hern, fah­ren ande­re wei­ter­hin über­zeugt ihren Oldschool-​Film. Einer von ihnen ist der Stutt­gar­ter Marz, der nach eini­gen Mix­tapes mit "I Love 2 Hate" Ende Sep­tem­ber sein ers­tes Solo­al­bum ver­öf­fent­lich­te. Und nicht nur der Sound, son­dern auch die Stra­te­gie, die hin­ter dem Release steckt, hebt sich von gro­ßen Tei­len der Rap­sze­ne ab. So wur­de bei­spiels­wei­se auf den Ver­kauf von CDs ver­zich­tet, um das Album in digi­ta­ler Form und auf Vinyl aus­schließ­lich über das eige­ne Label wir­scheis­sen­gold zu ver­trei­ben. Im Inter­view woll­ten wir von Marz wis­sen, wie es zu die­ser Ent­schei­dung gekom­men ist, wel­che Risi­ken es zu berück­sich­ti­gen gab und ob ein mög­li­cher Miss­erfolg den Rap­per eben­falls zu einem Stil­wech­sel bewe­gen könn­te. Außer­dem stell­te sich uns bei dem pro­vo­kan­ten Album­ti­tel die Fra­ge, woher Marz' Lie­be zum Hass über­haupt her­rührt und wel­che Din­ge es in Deutsch­land sei­ner Mei­nung nach aktu­ell zu has­sen gibt. Dabei fiel das Gespräch auf eine wei­te­re Lei­den­schaft des WSG-​Signings: Fuß­ball. Neben dem neu­en Hass­ob­jekt der Bun­des­li­ga, dem RB Leip­zig, spra­chen wir dabei aber auch über lus­ti­ge Sportler-​Anekdoten sowie Marz' Lieb­lings­ver­ein, den VfB Stuttgart …

MZEE​.com: Mit "In einer Zeit, in der jeder Deutschrap­per sein' Stil switch­te, war ich der ein­zi­ge mit eige­nem Sound, wie wit­zig", kri­ti­sier­te Lan­ce But­ters kürz­lich die Stil­wech­sel eini­ger Rap­per. Nun hat dein Album viel Oldschool-​Charme. Gab es bei dir vor der Album­pro­duk­ti­on die Über­le­gung, den Stil zu wech­seln, um das Gan­ze mas­sen­taug­li­cher zu gestal­ten und kom­mer­zi­ell erfolg­rei­cher zu sein? 

Marz: Boah, ich glaub', davon kann man kom­mer­zi­el­len Erfolg nicht abhän­gig machen. Wenn man das Gan­ze eine Wei­le macht, hat man immer so sei­ne Zwei­fel, ob das jetzt cool ist, weil ande­re Leu­te das voll cool machen und krass erfolg­reich sind. Aber ich kann nur sagen: Macht das, was sich gut anfühlt. Und das mit den Bix­tie Boys und allem fühlt sich für mich sehr gut an. Vie­le machen sich dar­über gar nicht die Gedan­ken, wenn sie Mucke machen. Ich picke Beats und was ich gut fin­de, neh­me ich. Es ist mir egal, wie viel BPM das Gan­ze hat, auch wenn man da sei­ne Kom­fort­zo­ne hat – ähn­lich wie beim Sound. Aber das ist das Schö­ne. Ich fin­de es gut, wenn die Leu­te ihre Sounds fah­ren und für etwas stehen.

MZEE​.com: Neh­men wir mal an, es wür­de nicht so gut lau­fen – käme es für dich dann in Fra­ge, den Stil zu wech­seln? Zum Bei­spiel in eine pop­pi­ge­re Rich­tung zu gehen oder den Trap-​Film zu fahren? 

Marz: Mir ist am Ende wich­tig, dass es gut ist. Ich habe für das nächs­te Mix­tape zum Bei­spiel einen Trap-​Track geplant – ein­fach, weil es sich bei der The­ma­tik anbie­tet. Aber ich mache mir da ehr­lich gesagt kei­ne Gedan­ken drü­ber. Wenn mir jemand über den Weg stol­pert, der eine kras­se Pop-​Hook ein­singt, die ich feie­re, dann neh­men wir das. Wenn das nicht so ist, dann ist es eben nicht so. Ich gehe da rela­tiv prag­ma­tisch ran, echt unspektakulär.

MZEE​.com: Über die Arbei­ten an dei­nem Album hast du mal gesagt: "Das Grund­ge­rüst des Albums ist vor vier Jah­ren in Zusam­men­ar­beit mit dem Pro­du­zen­ten Kova aus Ber­lin ent­stan­den. Aller­dings habe ich nicht kon­stant nur dar­an gear­bei­tet. Es waren krea­ti­ve Schaf­fens­pau­sen dabei." – Gab es in die­sem Pro­zess ein Ereig­nis, das dir beson­ders posi­tiv oder nega­tiv in Erin­ne­rung geblie­ben ist?

Marz: Es gab so Pha­sen … Ich per­sön­lich hat­te immer Angst, ob ich das Ding dann noch gut fin­de, wenn ich es mal ruhen gelas­sen habe. Das war für mich der Test, ob es sich lohnt, an dem Album über Jah­re wei­ter­zu­ar­bei­ten und es irgend­wann raus­zu­brin­gen. Ich fand es aber immer echt krass und hab' mir gesagt: "Has­te rich­tig gemacht." – Auch an den größ­ten Zwei­fels­ta­gen. Wer mir vor allem in der Anfangs­pha­se wei­ter­ge­hol­fen hat, ist DJ Emi­lio von der Kol­cho­se. Er war mal bei mir – ich glau­be, zu einem Fuß­ball­spiel – und ich habe ihm vier Tracks gezeigt. Ich war gar nicht so über­zeugt, dar­aus etwas zu machen. Aber er hat mir hart ins Gewis­sen gere­det, das doch zu tun und wei­ter zu arbei­ten. Dar­an den­ke ich ger­ne zurück, denn er hat mir vie­le Din­ge gesagt. "Qua­li­tät setzt sich durch", war so der Tenor des Gesprächs.

MZEE​.com: Nun trägt dein neu­es Album den Titel "I Love 2 Hate". Steckt dahin­ter mehr oder willst du damit tat­säch­lich ein­fach dei­ne Lie­be zum Haten ausdrücken? 

Marz: Man stört sich natür­lich ger­ne an Sachen. Ich muss aller­dings sagen, dass der Titel in der Anfangs­pha­se der Tracks ent­stan­den ist. Also in einer Zeit, in der die poli­ti­sche Lage nicht so war, wie sie heu­te ist. Und Wor­te wie "Hass" häu­fi­ger auf­tau­chen als damals, als der Titel ent­stan­den ist. Das war aller­dings kein Grund für mich, den Titel zu ändern. Wer mich kennt oder sieht, weiß schon, in wel­che Rich­tung das geht und vor allem nicht geht. Und der Angli­zis­mus "haten" wird ja vor allem im Rap ver­wen­det. Des­we­gen "I Love 2 Hate", weil man eben ger­ne mal ein biss­chen hatet und rum­nör­gelt. Natür­lich auch auf Rap bezo­gen, aber auch auf ande­re Dinge.

MZEE​.com: Gibt es kon­kre­te Bei­spie­le, wor­an du dich in letz­ter Zeit beson­ders gestört hast? 

Marz: Na klar! Es ist nicht zu ver­leug­nen, dass wir einen Rechts­strom in Euro­pa und jetzt lei­der auch sehr hart in Deutsch­land haben. Was nicht sein kann, weil da Din­ge ganz ein­fach ver­all­ge­mei­nert wer­den. Das ist sowie­so eine gro­ße Spe­zia­li­tät der Mensch­heit … Alles über einen Kamm zu sche­ren und dann Schuld­zu­wei­sun­gen an eine Grup­pe von sich zu geben – das zieht sich ja so durch die Geschich­te. Das ist sehr bedenk­lich und scha­de. Man weiß nicht, wo das Gan­ze noch hin­ge­hen soll. Und die­ses stück­wei­se "Rum­ge­recht­le" in den Medi­en, sage ich mal, ani­miert vie­le Leu­te dazu, eine beschis­se­ne Mei­nung zu haben. Vor ein paar Jah­ren wur­de man viel här­ter kri­ti­siert, wenn man rech­te Din­ge von sich gege­ben hat. Je mehr sich die Leu­te aber dran gewöh­nen, des­to eher rutscht man in eine Grau­zo­ne rein und mehr Leu­te den­ken sich: "Das, was ich von mir gebe, ist ja legi­tim." Das stört mich an der heu­ti­gen Zeit … Und dass der VfB in der zwei­ten Liga spielt. (lacht)

MZEE​.com: In dei­nem Pres­se­text steht, dass du "ein reflek­tier­tes und den­noch kri­ti­sches Bild der gegen­wär­ti­gen Gesell­schaft" zeich­nen möch­test. Nun war dein gera­de genann­tes Bei­spiel ja sehr nega­tiv. Gibt es par­al­lel dazu auch etwas Posi­ti­ves, das du auf dem Album reflektierst? 

Marz: Das Sim­pels­te ist eigent­lich der Umkehr­schluss … Dass wir ein mul­ti­kul­tu­rel­les Land sind oder sein wol­len und des­we­gen unfass­bar vie­le Ein­flüs­se haben. Und man könn­te den Leu­ten, die das nicht gut fin­den, die guten Sei­ten zei­gen, die es mit sich bringt, wenn Leu­te hier­her­kom­men und das Leben berei­chern. Das ist für mich eine posi­ti­ve Sache der letz­ten Jah­re. Auch wenn es in Euro­pa nicht glatt­lief, wur­den Gren­zen abge­baut – das fin­de ich bei­spiels­wei­se gut. Ganz sim­pel auf die Mucke bezo­gen, fin­de ich es posi­tiv, was im deut­schen Rap so abgeht. Dass sich Nischen nicht nur gebil­det, son­dern auch gefes­tigt haben und dass Künst­ler dar­aus ent­stan­den sind, die qua­li­ta­tiv super sind und die Aner­ken­nung ver­die­nen. Zum Bei­spiel Fato­ni – der tourt mit Dex­ter und hat ein erfolg­rei­ches Album. Das fin­de ich sehr positiv.

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MZEE​.com: Uns ist auf­ge­fal­len, dass das neue Album in digi­ta­ler Form, als Tape und auf Vinyl, aber nicht auf CD erhält­lich ist. Was genau hat dich dazu bewegt? Es ist doch eigent­lich das üblichs­te Format … 

Marz: Fin­de ich gar nicht mal. Vor allem, weil Rap und Vinyl ja eigent­lich Hand in Hand gehen. Grund­le­gend war das schon in mei­nen Anfangs­ta­gen so. Damals hat­te ich eine EP und dach­te mir: Brin­gen wir das Gan­ze doch nur auf Vinyl und digi­tal raus. Da war es noch eine Wunsch­vor­stel­lung, weil der Markt noch nicht so krass war, wie er in den letz­ten zwei bis drei Jah­ren wie­der gewor­den ist. So, dass man wie­der pres­sen kann und wir Mix­tapes und sogar eine Maxi mit Lak­mann machen konn­ten. Die Sachen sind jetzt alle weg. Und dass sich das so ent­wi­ckelt hat, hängt sicher auch mit Kos­ten zusam­men. Ganz ehr­lich, wir fah­ren das sel­ber mit wir­scheis­sen­gold. Und da spielt man wochen- und mona­te­lang mit Kos­ten­ber­gen rum und über­legt sich: Was ist ren­ta­bel? Also, ist es ren­ta­bel, 8.000 Euro für ein Video aus­zu­ge­ben oder eher 3.000 für drei? Und am Ende sind wir zu dem Ent­schluss gekom­men, dass es nicht so ren­ta­bel ist, CDs zu machen, son­dern viel­leicht ein paar CD-​Käufer dazu zu bewe­gen, die Vinyl zu kau­fen, weil der Down­load­code dabei ist.

MZEE​.com: Hat man nicht Angst, des­we­gen Käu­fer zu verlieren? 

Marz: Sagen wir mal, wir hät­ten es ja auch dar­auf anle­gen kön­nen, zu char­ten. Wir hät­ten die Boxen an Ama­zon gege­ben und eine CD dazu­ge­packt. Was wir gemacht haben, ist die ande­re Rich­tung – im eige­nen Shop mit viel Hand­ar­beit. Hät­ten wir das anders gemacht, wäre das viel auf­wen­di­ger gewe­sen von der Pro­duk­ti­ons­zeit, wir hät­ten noch viel frü­her anfan­gen und es raus­ge­ben müs­sen, um zu char­ten. Ich glau­be, wenn wir das gemacht hät­ten, dann wäre die Angst da, weil man ande­re Erwar­tun­gen gehabt hät­te. Und jetzt fei­ern wir es, wenn die Auf­la­ge weg ist und wir nach­pres­sen kön­nen. Wenn die Nach­fra­ge mal so groß sein soll­te – aber da spre­chen wir von ande­ren Dimen­sio­nen –, dann kann man auch mal eine CD nach­pres­sen. Aber für das ers­te Release fin­de ich es eine sehr gute Herangehensweise.

MZEE​.com: Also kann man das als Start­schuss bezeich­nen? Der nächs­te Schritt wäre dann mit Boxen und Charts …

Marz: Ja, wir ler­nen natür­lich auch dar­aus. Das neu auf­zu­le­gen, wenn die Vinyls weg sind, ist ja ein nor­ma­ler Schritt. Wir haben nicht gesagt, dass wir wie bei den Colour-​Vinyls nur drei­hun­dert bis fünf­hun­dert Stück machen. Des­we­gen wird auf jeden Fall nach­pro­du­ziert, wenn die Nach­fra­ge da ist. Nur Boxen wer­den wir nicht mehr machen. Davon gibt es hun­dert Stück und die Leu­te sol­len sich wirk­lich dar­über freu­en, dass sie eine von ihnen bekom­men haben. Aber man weiß nie, was pas­siert. Als ich damals die Mix­tapes zum Down­load raus­ge­bracht hab', habe ich auch nicht gedacht, dass es die zwei Jah­re spä­ter als Colour-​Vinyl gibt. Wenn wir jetzt aber sehen, dass wir damit schief­ge­lau­fen sind, kann man bei Sick­less' nächs­tem Album oder mei­nem Mix­tape die rich­ti­gen Schlüs­se dar­aus zie­hen. Des­we­gen machen wir das mit WSG selbst.

MZEE​.com: Nun ist in der Box ja ein Tape dabei – hast du das mehr als Gim­mick gesehen? 

Marz: Ja, auf jeden Fall. Bei Tapes bist du ja auch viel ein­ge­schränk­ter und am Ende war die Pro­duk­ti­on nicht so teu­er. Es ist halt schön, ein ande­res Medi­um mitrein­zu­neh­men – vor allem für den Oldschool-Charme.

MZEE​.com: Hast du denn noch selbst ein Tapedeck? 

Marz: Ich bekom­me eins! Tapes waren ein The­ma im Freun­des­kreis und mir wur­de ges­tern ein Tape­deck von dem befreun­de­ten DJ Diver­si­on ange­bo­ten. Er hat noch zwei und frag­te mich, ob ich eins will. Will ich, will ich! Ich hab' noch Eimsbush-​Tapes und sol­che Sachen. Ich fin­de es schön, sich auch die Zeit neh­men zu müs­sen, nicht skip­pen zu kön­nen und mal sech­zig Minu­ten durchzuhören.

MZEE​.com: Mit Lak­mann und Kamp hast du dir in letz­ter Zeit bereits zwei Fea­tur­eträu­me erfül­len kön­nen. Gibt es wei­te­re Namen, mit denen du in den nächs­ten Jah­ren ger­ne zusam­men­ar­bei­ten würdest? 

Marz: Ja, klar. Aber die sind alle tot. (lacht) Nee, nee, Spaß bei­sei­te. Es gibt in Deutsch­land immer noch Leu­te, inter­na­tio­nal auch. Aber das ist unin­ter­es­sant – außer wir haben Geld. Den­de­mann ist ganz vor­ne dabei. Da habe ich ins­ge­heim gehofft, dass er noch mit aufs Album kommt, aber das hat lei­der nicht geklappt. Er hat aber genug mit Böh­mer­mann und der wie­der­um mit tür­ki­schen Ankla­gen zu tun. Daher glau­be ich, dass er nicht wirk­lich die Zeit hat. Und man kennt sich auch nicht so. Rake­te hat Kon­takt zu ihm, macht auch, glau­be ich, was mit ihm. Und ich viel­leicht auch irgendwann.

MZEE​.com: Bei sol­chen Fea­tures gibt es immer mal die Kri­tik, dass man sich an gro­ßen Namen hoch­zie­hen will. Wie wür­dest du einer sol­chen Kri­tik entgegnen? 

Marz: Boah … Kei­ne Ahnung, ehr­lich gesagt. Mich hat es gewun­dert, dass die Vor­wür­fe nicht so krass kamen. Ich hat­te frü­her schon mal eine Band, Black n Proud hieß die. Da haben wir mit Fran­ky Kubrick gear­bei­tet. Danach waren die Vor­wür­fe krass und es hieß: "Ihr zieht euch ja hoch." Aber man hat sich halt gekannt, gechillt – und dann ist es logisch, dass man mal einen Track zusam­men macht. Bei der "Hoes. Flows. Kollabos."-Platte aber gar nicht, weil da eben ein Kon­zept hin­ter war. Ich glau­be auch nicht, dass man sich anhö­ren muss, war­um das so gemacht wur­de, wenn man ein sol­ches Kon­zept­al­bum macht. Und gera­de auf die­sem Album sind die Fea­tures mit Bedacht gewählt. Wer Kamp kennt und das eine Lied … Da war klar, dass er die Hook machen muss und es ist ja – in Anfüh­rungs­zei­chen – nur eine Hook. Und bei Laki war die Her­an­ge­hens­wei­se so, dass wir nach "Wer Aaaahh sagt" einen live­taug­li­chen Track machen woll­ten, getrennt von­ein­an­der und mit Hook in der Mit­te. Und Rake­te ist so dazu­ge­stol­pert. Der war ein­fach mal da und ist dar­auf gelan­det. Er hat bei vor­he­ri­gen Tracks hier und da schon mal Adlibs oder mal eine Line gemacht. Und so war das dann … Die Leu­te sol­len schon Bock haben, denn ich habe kei­ne Lust, den Leu­ten hin­ter­her­zu­ren­nen und acht­und­zwan­zig E-​Mails zu schrei­ben – außer bei Kamp. Es ist nichts Ein­ge­kauf­tes – nicht umsonst heißt auf "Hoes. Flows. Kol­la­bos." der ers­te Track "Ich bezahl nie­man­den dafür". Wir haben ein­mal Geld aus­ge­ge­ben für Rise aus den USA – ein paar hun­dert Dol­lar. Wir haben ihn damals zu Black n Proud-​Zeiten gese­hen. Das war ein­fach so ein Fan-​Ding und ein paar hun­dert Dol­lar sind ja nicht viel, wenn man zusam­men­legt. Aber ansons­ten soll es auf gegen­sei­ti­gem Respekt und Feie­rei basie­ren, dass man wirk­lich Musik macht. Sonst hört man das viel­leicht auch.

MZEE​.com: Als "Team Pop­bi­zene­my" bist du 2008 gemein­sam mit Juse Ju und Bon­zi Stol­le bei "Feu­er über Deutsch­land" ange­tre­ten. Die Serie leg­te den Grund­stein für die heu­te flo­rie­ren­de Live Battle-​Szene in Deutsch­land. Hast du schon mal dar­an gedacht, wie­der bei einem die­ser For­ma­te teilzunehmen? 

Marz: Da muss das For­mat schon sehr reiz­voll sein. Sick­less hat vor zwei Jah­ren beim #MOT mit­ge­macht. Ich bin ein Jahr spä­ter gefragt wor­den, aber hat­te ein­fach nicht die Zeit. Ich weiß, wie viel Zeit das in Anspruch nimmt – das ist echt Hek­tik. Gut, bei "Feu­er über Deutsch­land" ist es ja so, dass du zwei bis drei Parts schreibst und einen Tag hin­gehst. Aber wenn das For­mat cool ist, dann bin ich jedem Schwach­sinn gegen­über offen.

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MZEE​.com: Gibt es in die­ser heu­ti­gen Sze­ne ein Batt­le, das dich beson­ders fas­zi­niert hat? 

Marz: Ja, ich fand Laas Unltd. ganz gut. Aber ich bin da nicht ganz so hin­ter­her. Es gibt bestimmt extrem vie­le Leu­te, die auch extrem gut abge­hen, die mir aber gar nichts sagen. Das ist mehr so ein Zeit-​Ding, kei­ne Igno­ranz. Aber was die Leu­te von DLTLLY machen, fin­de ich geil. Auch, dass sie über­all hin­ge­hen und jedem – von ganz neu­en Leu­ten, die noch nie auf einer Büh­ne gestan­den haben, bis hin zu eta­blier­ten – eine Platt­form geben. Aber wie gesagt: Laas ist für mich mit dem, was er gegen Drob Dyna­mic gemacht hat, raus­ge­sto­chen. Was ich aber sehr, sehr lus­tig fand – um auch den Bogen zu "Feu­er über Deutsch­land" zu span­nen –, war die­ses Team-​Battle von Greg­pi­pe, das er mit Basic zusam­men gemacht hat. Weil Greg­pi­pe dort aus sei­ner, ich sag' mal, aal­glat­ten Fas­sa­de aus­ge­bro­chen ist und mal ein biss­chen Humor gezeigt hat. Das war sehr lus­tig und ist mir posi­tiv in Erin­ne­rung geblie­ben. Und was ich ver­ges­sen habe: Die­ses Compliments-​Battle von John­ny Rake­te und Kex Kuhl bei DLTLLY fand' ich sehr, sehr unter­halt­sam. Das ist, glau­be ich, auch das neu­es­te von denen. Ist auf jeden Fall cool, mal jeman­dem zu schmei­cheln, statt zu fronten.

MZEE​.com: Wür­den wir mal davon aus­ge­hen, dass du mit­machst: Wer wäre dir als Geg­ner denn lie­ber – ein New­co­mer oder ein gestan­de­ner Künstler? 

Marz: Ganz klar lie­ber ein gestan­de­ner Künst­ler, weil ich mich selbst dazu­zähl', auch nach Jah­ren. Da wird ja sogar noch ein Fato­ni als New­co­mer bezeich­net. (lacht) Ich bin halt ein fau­ler Mensch, ich will nicht so viel recher­chie­ren. (lacht) Man hat nicht immer das Glück wie Emi­nem bei "8 Mile", dass man von einer Ollen mit­kriegt, dass der Cla­rence auf einer Pri­va­te School war.

MZEE​.com: Ver­folgt man dich bei Face­book, sieht man, dass du glü­hen­der Fußball-​Fan bist. Du hast dir zudem mit dem VfB Stutt­gart einen gro­ßen Tra­di­ti­ons­ver­ein aus­ge­sucht. Nun gibt es mit Rasen­ball­sport Leip­zig ein neu­es Feind­bild in der Sze­ne. Ein gro­ßer Inves­tor hat aus dem Nichts einen Ver­ein über­nom­men, vie­le Mil­lio­nen inves­tiert und schon in der zwei­ten Liga teu­re Spie­ler gekauft. Wie kri­tisch siehst du die­ses Konstrukt? 

Marz: Man kann kein Fan von RB Leip­zig sein. Da geht es um die Art und Wei­se. Wie ein­gei­gelt und lob­by­is­tisch ist so ein Ver­ein auf­ge­baut, der gefühlt zwan­zig Mit­glie­der hat … Ver­ar­schen las­sen muss ich mich nicht, das ist zu über­trie­ben. Aber das ist es in jeder ande­ren Form auch und Poli­tik ist auch immer ein biss­chen Ver­ar­sche. Zumal man ja nicht sagen kann, dass Leip­zig mit Bedacht aus­ge­wählt wur­de und er sich gesagt hat: "Hey, da pas­siert nichts. Wir mögen die Leip­zi­ger so arg und wir wol­len denen jetzt einen Fuß­ball­ver­ein geben." Son­dern da war halt nichts und er hat kau­fen kön­nen. Hät­te er in Bux­te­hu­de einen Fuß­ball­ver­ein kau­fen kön­nen, hät­te er es auch da gemacht. Und das in der Öffent­lich­keit umzu­dre­hen, ist Heu­che­lei – das erweckt kei­ne Sympathien.

MZEE​.com: Dazu pas­send steht in Deutsch­land immer wie­der die 50+1-Regel in der Kri­tik. Dem­nach dür­fen in Deutsch­land kei­ne Inves­to­ren einen Ver­ein kom­plett über­neh­men, die Mehr­heit muss dem Ver­ein selbst gehö­ren. Es heißt, dass deut­sche Ver­ei­ne dadurch nicht wett­be­werbs­fä­hig sei­en. Wür­dest du den Fall die­ser Rege­lung begrü­ßen, um den Weg für Inves­to­ren freizumachen? 

Marz: Das ist immer ein zwei­schnei­di­ges Schwert. Ein gro­ßer Fan wäre ich von der Auf­he­bung nicht, weil dann alles so wild durch­ge­mischt wird. Am Ende gibt es Leu­te, die nah am Geld­topf sind – und ande­re nicht. Und es tut dem Fuß­ball im All­ge­mei­nen nicht so gut, wenn weni­ger Tra­di­ti­ons­ver­ei­ne in den obe­ren Ligen spie­len, weil du dann ein­fach viel weni­ger Gift und Rei­bungs­flä­che in den Duel­len hast. Genau davon lebt aber der Fuß­ball. Weil das eben nicht vor­her­seh­ba­rer Sport ist. Ande­re Shows kann man sicher hoch­pu­shen, weil es eben auch Shows sind. Aber im Fuß­ball geht das nicht.

MZEE​.com: Ich fin­de, in Sachen Stim­mung ist Stutt­gart mit 30 000 Fans oder selbst Kai­sers­lau­tern mit einem halb­lee­ren Sta­di­on eine ganz ande­re Liga im Ver­gleich zu Ingol­stadt, Leip­zig oder Hof­fen­heim. Da steckt eine ganz ande­re Emo­ti­on drin. Nichts­des­to­trotz gibt es ja den Ver­gleich zum eng­li­schen Fuß­ball, wo man finan­zi­ell nicht hinterherkommt …

Marz: Fuß­ball­ver­ei­ne sind ja nur so groß gewor­den, weil sie eine gewis­se Regi­on ver­tre­ten und so ein gewis­ses Ein­zugs­ge­biet haben, in dem sie Leu­te begeis­tern kön­nen. Ver­ei­ne leben dadurch wei­ter, denn: Wie vie­le Ver­ei­ne sind durch Fan­in­itia­ti­ven in den letz­ten Jah­ren geret­tet wor­den … Bei einem Inves­tor ist das viel grund­le­gen­der. Wenn bei­spiels­wei­se Kai­sers­lau­tern über Jah­re schei­ße spielt, ist der Bet­ze (Anm. d. Red.: Bet­zen­berg, Heim­spiel­stät­te des 1. FC Kai­sers­lau­tern) trotz­dem voll und es kommt Geld rein, es gibt Arbeits­plät­ze und man hat etwas davon. Hat aber der Inves­tor irgend­wann kei­nen Bock mehr, dann ist bei­spiels­wei­se Ingol­stadt gefickt. Dann wer­den sie durch­ge­reicht, weil das Geld nicht mehr da ist. Das beschreibt es ganz gut. Sonst kön­nen wir auch auf­hö­ren, die Ver­ei­ne nach Städ­ten zu benen­nen und statt­des­sen Kon­zer­ne neh­men, wie es Red Bull macht. Dann wären wir bei der NBA. Wobei die Ver­ei­ne da einen Sala­ry Cap haben, an den sie sich hal­ten müs­sen. So hast du jedes Jahr einen neu­en Wett­be­werb, wor­an man hier auch mal den­ken könn­te – Stich­wort TV-​Geld und Eng­land. Was aber natür­lich nicht pas­siert, denn wenn die Leu­te mal in den Töp­fen sit­zen, gehen sie auch nicht mehr raus.

MZEE​.com: Wenn Fuß­bal­ler, Trai­ner oder Ver­ant­wort­li­che nach dem Spiel inter­viewt wer­den, kom­men am Ende oft lus­ti­ge Zita­te dabei her­aus. Ber­ti Vogts hat bei­spiels­wei­se mal etwas bezüg­lich Hass gesagt: "Hass gehört nicht ins Sta­di­on. Sol­che Gefüh­le soll man gemein­sam mit sei­ner Frau daheim im Wohn­zim­mer aus­le­ben." – Dein Ver­ein hat mitt­ler­wei­le Kevin Groß­kreutz im Team – ich kann mir vor­stel­len, dass es für dich auch ein Lieb­lings­zi­tat, eine Aus­sa­ge oder Anek­do­te rund um den Fuß­ball gibt … 

Marz: Boah, schwie­rig. Da greifst du in eine rie­si­ge Kis­te an Erin­ne­run­gen, die alle mit Alko­hol getränkt sind. (lacht) Nee, schwie­rig … Aber wenn du schon Groß­kreutz sagst: Wir haben die Wasen, also ein Okto­ber­fest in klein, aber nicht min­der eklig. Da gibt's nor­ma­ler­wei­se einen gro­ßen Mann­schafts­aus­flug und alle trin­ken Apfel­schor­le und grin­sen in die Kame­ras. Aber der Groß­kreutz muss in der Woche allein über die Wasen gelau­fen sein und hat sich mit Schau­stel­lern über das Schau­stel­ler­da­sein unter­hal­ten und dar­über, dass bei­de ja irgend­wie Enter­tai­ner sei­en. Das ist viel­leicht eine Anek­do­te, um zu sagen: Mehr Leu­te wie Kevin Groß­kreutz und weni­ger wie Mar­tin Kind.

MZEE​.com: In eine ähn­li­che Ker­be schlägt Zla­tan Ibra­hi­mo­vić. Er wird geliebt und gehasst, haut per­ma­nent gro­ße Sprü­che raus, ver­bie­tet sei­ner Mann­schaft, Inter­views zu geben – und sein Team sagt am Ende: "Zla­tan hat uns ver­bo­ten, mit euch zu sprechen." 

Marz: Ja, voll gut! Bes­ter Mann! Der hat auf jeden Fall ver­stan­den, wie das gan­ze Ding funk­tio­niert. Er hat ja auch einen aus­ge­präg­ten Humor. Bei ihm zu Hau­se wird es wahr­schein­lich ähn­lich zuge­hen. Da weiß ja auch jeder, wie er das meint. Für mich ganz per­sön­lich ein Rie­sen­typ. Er soll von mir aus noch zehn Jah­re spie­len. Wenn er irgend­wann Trai­ner wird, haben wir eine tol­le Fußball-​Zukunft vor uns. Boah, hof­fent­lich wird der Trai­ner … (lacht)

(Fabi­an Tho­mas & Lukas Rauer)
(Fotos von FOTONOID)