SXTN, das beste Team!
Seien wir mal ehrlich: Den WM-Pokal und die Meisterschale in allen Ehren, aber der größte Wanderpokal ist und bleibt wohl weiterhin die sagenumwobene "Mutter" in Raptexten. Was wurde nicht schon alles mit ihr angestellt? In welche verqueren und undenkbaren Situationen wurde sie nicht schon alles gebracht? Und wenn man sich fragt, wie lange das ständige Mutterficken denn eigentlich noch unterhaltsam sein kann, kommen plötzlich zwei Frauen um die Ecke und "ficken deine Mutter ohne Schwanz". Und seien wir mal ehrlich: Das kam unerwartet.
Unterm Strich spiegelt das EP-Intro "Deine Mutter" bereits perfekt SXTNs "Asozialisierungsprogramm" wider. Solide, wenn auch nicht außergewöhnliche Parts treffen auf herausragende Hooks mit absolutem Ohrwurmcharakter. Untermalt wird das Ganze von modernem, Trap-lastigem Sound für den Sommer. Bereits nach einmaligem Hören verliert man sich ständig in Hooklines wie "Ich geh' heut' mit meinen Fotzen in' Club" oder "Ich bin so breit, total befreit, weil ich die Scheiße, die du quatschst, nicht mehr begreif'". Es ist offensichtlich, dass SXTN kein Blatt vor den Mund nehmen. Und damit tun sie ihrem "Asozialisierungsprogramm" einen riesigen Gefallen. Auf unverblümte Art und Weise sprechen Juju und Nura Inhalte an, die sich auf der einen Seite ums Representen drehen und auf der anderen doch irgendwie eine Form von Tiefgang haben. Das perfekte Beispiel dafür ist "Hass Frau". Ein Song, eingeleitet durch Alice Schwarzer, wie sie in der Talkshow "Menschen bei Maischberger" Texte von King Orgasmus One vorliest, nur um kurz darauf durch die Parts von Juju und Nura gänzlich in den Schatten gestellt zu werden. Zeilen wie "Wenn du hübsch bist, kann ich dich nicht ernst nehmen" oder "Dein Essen schmeckt so wack wie deine Fotze – mach' 'n Kochkurs. Aber Kopf hoch, was ich an dir liebe, ist dein Kopftuch" würden wohl selbst Orgi die Schamesröte ins Gesicht treiben. Zeitgleich zeigt die Wortwahl aber unweigerlich Missstände auf – ganz egal, ob das tatsächlich die Intention der Berlinerinnen war.
Das "Asozialisierungsprogramm" findet ein Ende, hält jedoch über die gesamte Laufzeit genau das, was der Name verspricht. Geringe Makel finden sich lediglich in einigen wenigen, teils noch ausbaufähigen Rappassagen. Welche aber bei Weitem nicht in einem Maße ins Gewicht fallen, als dass man sich durch die fehlende Routine gestört fühlen würde. Die Realität ist, dass SXTN ein mehr als hörenswertes Debüt darbieten, welches vor allem durch frischen Wind und die unverblümte Herangehensweise der Künstlerinnen zu begeistern weiß. Da macht sogar die "Mutter" in Raptexten Freudensprünge, da sie so eine Behandlung noch nicht erlebt hat.
(Lukas Maier)
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