"Was?! Du kennst das nicht? Sekunde, ich such' dir das mal raus." Und schon öffnet sich die Plattenkiste. Wer kennt diesen Moment nicht? Man redet über Musik und auf einmal fällt ein Name – egal ob von einem Song, einem Künstler oder einem Album – mit dem man nicht so recht etwas anzufangen weiß. Und plötzlich hagelt es Lobpreisungen, Hasstiraden oder Anekdoten. Gerade dann, wenn der Gesprächspartner ins Schwärmen verfällt und offen zeigt, dass ihm das Thema wichtig ist, bittet man nicht allzu selten um eine Kostprobe. Die Musik setzt ein und es beginnt, was der Person so sehr am Herzen zu liegen scheint. In diesem Fall – was uns so sehr am Herzen liegt: Ein Auszug aus der Musik, mit der wir etwas verbinden, die wir feiern, die uns berührt. Ein Griff in unsere Plattenkiste eben.
Augen langsam öffnen – Kopfweh. Kurz blinzeln – dann die Augen wieder schließen. Die flüchtig wahrgenommenen Momente sind ohnehin nur verschwommen und nichtssagend. Gerade bewegt sich die Welt zu schnell – zu hektisch ist alles, was um einen herum abläuft. Doch hier und jetzt finden sich noch wenige Momente der Ruhe: abgetaucht, versunken und "Asleep in the bread aisle". Vertieft in das Debüt des Künstlers Asher Paul Roth, der hierzulande vor allem mit seinem Song "I love college" auf offene Ohren stieß. Doch die Hit-Single bildet nur die Spitze eines Werks, das mehr zu bieten hat als die Geschichten letzter Nacht – und sich zeitgleich durch diese so gut zusammenzufassen weiß.
Der Abend beginnt. Man ist Feuer und Flamme für alles, was einen erwartet. Und ebendiese Energie zeichnet sich auch in den Anfängen von "Asleep in the bread aisle" ab. Mit leichtem Hang zum Narzissmus wird representet, ohne sich dabei jedoch auf irgendeiner Art und Weise allzu ernst zu nehmen. Mit lässiger Laid-back-Attitüde werden so zunächst Inhalte getreu dem Motto "Party & Bullshit" vermittelt. "Lark on my go-kart" ist das perfekte Beispiel dafür und beweist zeitgleich in beeindruckender Manier das Talent des Künstlers – sowohl am Textblatt als auch in der Booth: "Mario Kart skills are outrageous. Play me anyday and I'll be the best racist. Wait – no, erase it, meant to say racer". Aber jeder dieser Abende hat irgendwann einen Knackpunkt, an dem Launen plötzlich umschwingen und der dargebotene Tonfall ein ernsterer wird. Auch "Asleep in the bread aisle" bleibt davon nicht verschont. Dabei verliert Asher Roth zwar nicht seine geistreiche und originelle Art der Darbietung, allerdings legt er Facetten seiner selbst dar, die zunächst ungewohnt, aber nicht weniger sympathisch erscheinen. Ein Highlight dieser ernsteren Töne bildet "His dream", ein Song, in dem Ash die eigene Wertschätzung gegenüber seinem Vater thematisiert: "His only son is only 21 and focus as a poet has only just begun. Papa isn't dumb, he understands what this means: His dream is my dream, my dream is his dream". Die ganze Zeit über wirkt es dabei so, als spräche der Künstler direkt zum Hörer, ganz egal, welches thematische Spektrum letztendlich behandelt wird. Gänzlich mühelos und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen – fast so, als ob Asher bereits seit Jahren ein Teil des eigenen Freundeskreises wäre. Und das ist der wahre Höhepunkt des Albums: Diese natürliche Unbeschwertheit, die der Künstler ausstrahlt und die ebenfalls von den organischen Produktionen mit Hang zum Boom bap und Pop vermittelt wird. So gut wie nie wirkt auf dem Klangteppich des Albums etwas fehl am Platz – und trotzdem ist es weder makellos noch fehlerfrei oder dadurch gar langweilig.
"I don't feel like I'm fallin'" ("Fallin'") beendet das Debüt eines Künstlers, von dem man auf irgendeine Art und Weise den Eindruck hat, dass er durch das Werk gereift ist. Weil er das gesagt hat, was ihm auf dem Herzen liegt und dadurch am Ende im Reinen mit sich selbst ist. "Fallin'" beendet dabei auch den Abend. Doch nicht immer endet der Fall auf dem Boden der Tatsachen, der nüchternen Realität. Manchmal folgt auf ein "Fallin'" eben auch ein "Asleep in the bread aisle". Und das ist gut so.
(Lukas Maier)