Obwohl Megaloh bereits seit 2005 "im Game" ist – so der Titel seiner Debütplatte –, kann der Berliner noch nicht mit einer ellenlangen Diskografie glänzen. 2013 erschien mit "Endlich Unendlich" sein zweiter und bis dato letzter Longplayer. Mit dem gelang ihm allerdings nicht nur der Sprung aus der Geheimtipp-Ecke, sondern auch in die Top 10 der Albumcharts. Doch selbst, wenn sein Name anderes vermuten lässt: Der Größenwahn hat "Dr. Cooper" noch nicht befallen und so arbeitet Megaloh derzeit an seiner dritten Platte, die voraussichtlich im kommenden Jahr auf die Deutschrapszene losgelassen werden soll. Zu diesem Anlass trafen wir den Moabiter Rapper zum Gespräch über den vorherrschenden Druck, seine Bodenständigkeit und natürlich, um ihm ein paar Details zur neuen Platte zu entlocken. Viel Spaß mit einem weiteren MZEE.com Interview, "wo man das, was man sagt, auch verkörpern muss".
MZEE.com: Wenn man sich mal den Abstand zwischen deinem Debütalbum "Im Game" von 2005 und deinem zweiten Album "Endlich Unendlich" von 2013 anschaut, kann man schon ein wenig Angst bekommen, dass man auf die nächste Platte länger warten muss – kannst du Entwarnung geben?
Megaloh: Ich hab’ jetzt wieder etwas länger gebraucht – drei Jahre ist eigentlich das Maximum. 2013 kam das letzte Album, das nächste wird aber bald erscheinen. Wann genau, kann ich noch nicht sagen, aber es wird keine sieben Jahre dauern. Auf keinen Fall! (grinst)
MZEE.com: Fühlst du dich denn unter Druck gesetzt? Gerade dadurch, dass du dir eine recht große Fanbase aufgebaut hast …
Megaloh: Ich habe vorher schon die ganze Zeit Musik gemacht. Das Problem war allerdings, dass ich schlechtes Business gemacht habe beziehungsweise ein Management hatte, das mich nicht an den Mann bringen konnte. Ich wollte die Musik nicht komplett for free machen, die "Monster"-EP habe ich ja zwischen den beiden Alben gemacht. Wie ihr auch gesagt habt: Jetzt gerade ist ein Punkt, da wollen viele Leute, dass was Neues kommt und das macht mir dann natürlich auch mehr Spaß. Das heißt aber nicht, dass ich davor keine Musik gemacht habe. Ich habe von Anfang an kontinuierlich daran gearbeitet. Jetzt bin ich aber vielleicht an einem Punkt, an dem man das ernster nimmt, die Perspektive sieht und dann natürlich auch motivierter ist. Es ändert aber nichts – der kreative Output ist da oder ist es eben nicht. Für dieses kommende Album habe ich mir nicht unbedingt Druck gemacht, weil die Leute was hören wollen. Es war mir nur wichtig, beständig zu bleiben und die Chance zu nutzen, Musik machen zu können.
MZEE.com: Wir hatten das Gefühl, dass du dir mit "Endlich Unendlich" ziemlich schnell einige Türen in der Deutschrapszene geöffnet hast. Was denkst du persönlich, wieso die Platte vor zwei Jahren so eingeschlagen ist?
Megaloh: Max Herre, ne? (grinst) Max Herre hat alles klar gemacht. Er hat auf jeden Fall viel damit zu tun. Ab dem Moment, in dem ich bei ihm unter Vertrag gekommen bin und er irgendwann gesagt hat: "Checkt den aus, das ist ein guter Lyricist" – da haben die Leute plötzlich angefangen, mich anders wahrzunehmen. Natürlich habe ich auch damit begonnen, etwas andere Musik zu machen. Man wird ja älter, andere Themen werden wichtig. Mir selbst wurde es auch immer wichtiger, die Musik so ehrlich wie möglich zu machen und meine eigene Geschichte zu erzählen. Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass die Leute das akzeptiert haben – das hätten wir damals natürlich nicht gedacht. Wir haben geglaubt, dass alles besser wird als zuvor und wir mehr Aufmerksamkeit kriegen – aber dass es gleich so gut läuft, nicht. Ich toure und spiele jetzt schon seit fast drei Jahren mit dem gleichen Album und die Leute feiern das immernoch. Das ist einfach ein Traum! Vielen Dank an alle, die uns unterstützen.
MZEE.com: Kann man sagen, dass du dich soundtechnisch komplett gefunden hast? Oder hast du das Gefühl, dass du dich jetzt nochmal in eine andere Richtung entwickelst?
Megaloh: Ich denke, ich entwickle mich immer weiter. Ich bin selbst auch Rapfan. Manche neuen Sachen findet man gut und nimmt das mit auf ins Repertoire – egal, ob das mit dem Flow oder dem Sound zu tun hat. Und natürlich will man auch inhaltlich weitergehen – ich möchte weitere Facetten zeigen. Man wird sehen, wo die Reise hingeht. Ich würde das kommende Album als eine Weiterentwicklung vom letzten bezeichnen. Die Musik ist jetzt nicht komplett anders, aber es ist auf jeden Fall eine Weiterentwicklung.
MZEE.com: In diesem Jahr erschien ein Video von dir und dem französischsprachigen Rapper FONZ', das eine "straßenlastigere" Gangart einlegt, als man es von deinem Sound der letzten Jahre gewohnt ist. Ergab sich das bedingt durch die Musik von FONZ' oder versuchst du dich generell wieder an härterem Sound?
Megaloh: Wer meine Musik von Anfang an verfolgt, der weiß, dass ich so etwas schon immer gemacht habe. Als ich die Chance bekommen hab', "Endlich Unendlich" zu machen, war es wichtig, sich den Leuten richtig zu präsentieren. Gerade, dass man auch auf viele Sachen verzichtet, die einen in eine Klischee-Ecke drücken. Von mir wird sowieso immer gesagt: "Okay, er ist groß und schwarz". Wenn man dann noch Straßenrap macht, wird man gleich in eine Kiste gesteckt. Deshalb wollte ich den Leuten die Möglichkeit geben, den Menschen dahinter zu sehen. Das ist auf jeden Fall so geblieben – aber das heißt nicht, dass die Liebe zum Straßenrap verloren gegangen ist. Es wird immer wieder Projekte mit Leuten geben, die ich gut finde, aber grundsätzlich ist die Ausrichtung, ehrliche Musik zu machen. Auf dem Track mit FONZ’ war der Beat von ihm. Heute würde man das als Trap bezeichnen, was mir auch gut gefällt, aber das neue Album wird musikalischer und mit Instrumenten bleiben. Ich will aber nicht zu viel vorweg nehmen …
MZEE.com: Wird dein nächstes Album im kommenden Jahr erscheinen?
Megaloh: Das ist in Planung, genau kann ich das aber nicht sagen. Es gibt noch kein Releasedate – da muss sich das Label noch drum kümmern. Ich bin quasi fertig, die ersten Songs sind schon im Mix. Es dauert also nicht mehr lange.
MZEE.com: Auf dem Track mit FONZ' rappst du unter anderem: "Newcomer-Freshness, obwohl ich schon seit 'ner Epoche im Game bin". Denkst du, dass man mit der Zeit an "Newcomer-Freshness" einbüßt und durch wachsenden Erfolg auch an Biss verlieren kann?
Megaloh: Ich denke schon. Man kann ja immer wieder beobachten, dass Leute irgendwann zu viel verdienen und dann satt werden. Vielleicht ist es auch direkt am Anfang so, dass der Grund des Erfolgs an einem Hype, Trend oder der Zeit liegt und dass der Künstler später nicht dazu in der Lage ist, das zu halten, nachzuliefern oder sich weiterzuentwickeln. Gerade dadurch, dass der Trend dann vorbeigeht und nicht mehr so spannend ist. An mich selbst habe ich einen sehr hohen Anspruch – das geht viel weiter, als der Erfolg von diesem Album war. Ich bin total dankbar dafür, aber ich rappe seit fast 20 Jahren und hatte immer den Anspruch, so weit wie möglich nach oben zu kommen. Deshalb wird dieser Hunger bei mir, denke ich, nicht so schnell vorbeigehen.
MZEE.com: Gab es auch Phasen, in denen du überhaupt keinen Bock mehr auf Rap hattest?
Megaloh: Die gab es auf jeden Fall. Als ich zum Beispiel gemerkt habe, dass ich geschäftlich nicht auf einen grünen Zweig komme. Man investiert immer Zeit, Energie und Geld. Gleichzeitig muss man auch enorm viele Opfer bringen – wie zum Beispiel Freunde, die man verliert oder für die man keine Zeit mehr hat. Irgendwann war es mir das alles nicht mehr wert. Da dachte ich mir, dass es nicht sein kann, mein halbes Leben in die Musik reinzustecken und dann so wenig zurückzubekommen. Das war alles vor dem Album und mit der "Monster"-EP wollte ich eigentlich abschließen und dachte, dass da auch Familie am Start wäre. Da muss man sich kümmern und sein Leben anders angehen. Man muss sich auch überlegen, wie man die Familie versorgen kann – und wenn das mit Rap nicht klappt, muss man umdenken. Ich bin deshalb sehr glücklich, dass es doch geklappt hat.
MZEE.com: Das bedeutet, dass Rap seit deiner letzten Platte auch dein Beruf ist?
Megaloh: Auch. Ich habe noch immer meinen anderen Job im Lager, wie in dem Song "Loser" erzählt wird. Da hat sich nichts dran verändert. Dadurch, dass das Album so ein Erfolg war, bin ich natürlich total viel unterwegs gewesen. Wenn man viel spielt, kommt auch Geld rein. Es ist jetzt nicht so, dass ich komplett von diesem Job abhängig wäre, aber man muss ja auch an die Zukunft denken. Es wird wahrscheinlich noch eine Weile so bleiben, aber ich hoffe, dass ich meinen Lebensunterhalt irgendwann komplett mit der Musik bestreiten kann.
MZEE.com: Denkst du, dass man automatisch bodenständiger bleibt, wenn man nicht nur als Künstler unterwegs ist, sondern auch in einem anderen Job arbeitet – egal, in was für einem?
Megaloh: Ich habe dadurch enorm an Bodenständigkeit gewonnen, das stimmt schon. Letztendlich verliert man, glaube ich, auch nicht den Bezug zum normalen Leben. Für manche reicht es auch, Familie zu haben, was dann wie eine Art Grounding ist. Aber es kann nicht schaden, noch etwas anderes zu machen.
MZEE.com: Man hat halt immer eine Alternative und muss sich nicht komplett auf eine Sache verlassen …
Megaloh: Das stimmt schon – aber mein Job ist jetzt nichts für die Ewigkeit. Es ist körperliche Arbeit, bei der es auch keine Chance auf einen Aufstieg oder sowas gibt. Wenn ich keine Musik machen würde, müsste ich in eine andere Richtung überlegen, in der man mehr sozialen Aufstieg erreichen und mehr Geld verdienen kann.
MZEE.com: Wir haben gerade schon über das Thema "Newcomer-Freshness" geredet. Gibt es denn aktuell den ein oder anderen noch unbekannten Künstler, den man auf dem Schirm haben sollte und dem du diese "Newcomer-Freshness" auch anmerkst?
Megaloh: Chima Ede würde ich auf jeden Fall unbedingt auschecken. Das ist auch ein sehr talentierter Künstler aus Berlin-Moabit, der rappt und singt. Er ist noch total jung und hat in diesem Jahr eine kostenlose EP rausgebracht. Die heißt "Lebenslust" und man kann sie auf seiner Seite downloaden. Ich halte ihn für einen sehr guten Künstler und hoffe, dass wir da noch viel in der Zukunft sehen werden.
MZEE.com: Von den Newcomern zu den "alten Hasen" und deren Klassikern: Werden Fans auf ein drittes "Auf Ewig"-Mixtape hoffen dürfen oder siehst du die Reihe vorerst als abgeschlossen an?
Megaloh: Ich hatte eigentlich schon gesagt, dass ich eine Trilogie draus machen will. Ich denke, ein dritter Teil wird also auch noch kommen. Ich hab’ ein paar Schwierigkeiten damit, die Beats zu besorgen, weil es viele der Sachen, die ich haben will, gar nicht mehr als Instrumentals gibt. Teilweise sind die bei irgendjemandem auf der MPC und er muss die dann rausbouncen oder findet die Files nicht. Ich will da jetzt auch keine Namen nennen. Ich versuch' das noch zusammenzutragen und dann auch hoffentlich bald zu bringen.
MZEE.com: Bei deinem Rap werden immer wieder Skills und technische Versiertheit gelobt. Wie wichtig ist dir Technik als Konsument in Bezug auf Rap von anderen?
Megaloh: Skills sind mir enorm wichtig. Ich achte da schon drauf und bin auch ein bisschen ein Reimfanatiker – ich lege großen Wert auf die Länge und Reinheit von Reimen. Flow und Stimme sind natürlich auch total wichtig: Wie präsent ist der Künstler auf dem Beat und was hat er zu erzählen? Das ist, glaube ich, in erster Linie mein Problem mit vielen Rapsachen: Dass ich mir denke, inhaltlich gibt mir davon ganz vieles nichts mehr, weil es nur noch um Party und Frauen geht. Ich hab' das früher auch enorm gefeiert und selbst gemacht, aber wenn ich jetzt zum hunderttausendsten Mal höre, wie sich jemand darauf abfeiert, dass er viele Frauen hatte, langweilt mich das nur noch.
MZEE.com: Wie ist das bei einem neuen Track von einem Künstler, den du feierst? Hörst du den schon beim ersten Mal mit diesem kritischen Blick und achtest auf Reime und Flow?
Megaloh: Ich analysiere die Sachen jetzt nicht tot. Wenn es ein Rapper ist, den ich feier', dann höre ich rein und der Beat ist schon ausschlaggebend. Wenn mir der Beat überhaupt nicht gefällt, dann ist es schwer einzusteigen – da muss der Künstler flowtechnisch schon sehr überzeugen. Beat, Flow, Stimme, danach kommt der Inhalt und die genaue Technik.
MZEE.com: 2013 hast du auf "Rap ist" die folgende Line gerappt: "Einzige Mucke, wo man das, was man sagt, auch verkörpern muss". Inwieweit findest du, dass das heute in 2015 überhaupt passiert?
Megaloh: Das ist eine gute Frage. Ich denke, es gibt solche und solche MCs – wie auch früher schon. Die amerikanische und französische Szene ist zu weit weg, um das auch wirklich beurteilen zu können. In der deutschen Szene kennt man die Leute vielleicht ein bisschen und blickt mehr hinter die Kulissen. Man muss einfach mal sagen, dass es total viele Image-Rapper gibt. Das kann lustig sein, ist für mich aber eher was Kurzlebiges. Die Sachen, die wirklich Bestand haben, sind die, bei denen man merkt, dass der Künstler voll hinter dem steht, was er sagt, und das auch verkörpert. Davor habe ich auch mehr Respekt als vor jemandem, der in die Rolle des Übergangsters schlüpft, aber eigentlich weiß man: Wenn man an ihm privat vorbeiläuft, guckt er nur auf den Boden. Das gibt mir dann nichts.
MZEE.com: Das ist auch immer die Basis von Rap gewesen, oder? Dass die Leute das erzählen, was wirklich passiert, und sich nichts ausdenken. Kannst du die Musik trotzdem feiern, wenn es eine schöne Geschichte drumherum gibt, die eventuell nicht der Wahrheit entspricht?
Megaloh: Wenn es gut gemacht und eine Geschichte ist, die mich interessiert, dann kann ich mir das natürlich auch anhören. Es ist für mich nur relativ schwer, Fan von etwas zu sein – gerade, weil ich diese Musik so lange mache und da auch sehr kritisch bin. Ich bin ein Rapfan, aber so richtig Fan von einem Künstler schon lange nicht mehr. Der letzte, von dem ich Fan war, war Jay-Z. Und der hat so ein krasses Vermächtnis hinterlegt. Er hat auf einem Album nach dem anderen seine Geschichte erzählt und die ist so reich, musikalisch und inhaltlich … Er hat dieses Straßenbild zum Teil in Perfektion gezeichnet. Da kommen wenige nach, die mich in der Form so beeindrucken können. Es gibt immer wieder einzelne Lieder, von denen man sagt, dass sie richtig cool gemacht sind. Das kann man dann auch feiern und muss nicht die ganze Zeit drüber nachdenken. Wenn ein Lied gut gemacht ist, dann ist es halt gut.
MZEE.com: Bist du eigentlich so ein richtiger Deutschrap-Nerd?
Megaloh: (grinst) Überhaupt nicht! Mein Produzent Ghanaian Stallion ist aber anscheinend einer. Ich bin während den Diskussionen, die wir haben, immer wieder überrascht, wen er alles kennt und ich nicht. Das ist echt hart. Ich kenn' sozusagen die "Big Dogs": Robbe, Sam, Max … Leute, mit denen ich auch chille und zu tun hab'. Ansonsten kommt auch so viel neues Zeug raus, dass ich kaum alles mitkrieg'. Ab und zu, wenn mein Produzent mir was zeigt, gucke ich mir das auch an und merke mir vielleicht auch den Künstler. Aber ich habe die Tage über schon wieder so viele Namen gehört und Gesichter gesehen … Ich kenn' mich anscheinend nicht aus. (lacht)
MZEE.com: In deiner Biografie haben wir ein weiteres sehr interessantes Zitat von dir gefunden, über das wir gerne sprechen würden: "Ich weiß, dass Musik heilen kann". Kann sie denn in deinen Augen auch das Gegenteil bewirken?
Megaloh: Ja, ich denke schon. Man kann Musik jetzt nicht die Verantwortung geben, wie sie es bei Hafti versucht haben, weil der Schläger von Tugce seine Musik gehört hat, aber sie hat auf jeden Fall auch eine zerstörerische Kraft. Wenn die ganze Zeit Hass propagiert wird und jemand, der labil oder dauernd negativ drauf ist, sich das nur anhört. Das hat dann natürlich auch einen Einfluss auf die Menschen. Das ist jetzt nicht nur auf Hafti bezogen, sondern allgemein. Musik hat einen Einfluss, das ist klar. Aber man kann die Verantwortung nicht alleine den Künstlern geben, letztendlich ist das ja auch Kunst. Wenn sich jemand dazu berufen fühlt, negative Musik zu machen und das sein Ding ist, weil es sein Ventil ist, dann ist das halt so. Ich sehe das ein bisschen anders. Ich habe in dem Zusammenhang zum Beispiel auch eine Geschichte, die ich erzählen kann. Das soll jetzt nicht selbstbeweihräuchernd sein, aber ein Arbeitskollege von mir hat eine kleine Tochter, die neun oder zehn Jahre alt ist, und die hatte was an der Lunge, sodass sie jedes halbe Jahr zu einer OP musste, weil sie kaum atmen konnte. Er ist ein Fan von meiner Musik, hat ihr Sachen gezeigt und – woran das auch immer lag – sie hat daran einen Besen gefressen. Ich habe sie auch schonmal getroffen und sie hat einfach so ein wahnsinnig gutes Gefühl durch die Musik bekommen – gerade vom Song "Loser“ –, dass sie gesagt hat: "Ey, ich bin kein Loser!" Jetzt hat sie seit zweieinhalb Jahren keine OP mehr gebraucht. Ich will nicht sagen, dass es nur mit der Musik zu tun hat, aber mein Kollege ist davon überzeugt. Seit sie das hört, hat ihr das viel gegeben. Und das gibt mir wiederum wahnsinnig viel – wenn man tatsächlich sieht, dass Musik helfen kann.
MZEE.com: Du setzt dich auf deinen Internetpräsenzen regelmäßig mit Themen wie PEGIDA oder der Flüchtlingspolitik in Deutschland auseinander und regst damit Diskussionen und Gespräche unter deinen Fans an. Siehst du dich als Person, die in der Öffentlichkeit steht, dazu verpflichtet, solche Themen anzusprechen?
Megaloh: Ja, definitiv. Ich denke, jeder Künstler, der mehr Aufmerksamkeit hat als ein Mensch, der normal im Büro arbeitet und nicht so viele Leute erreichen kann, hat eine Verantwortung, auf Ungerechtigkeiten in der Welt oder vielleicht auch nur in Deutschland hinzuweisen. Ich kann nicht nur die ganze Zeit nehmen – ich finde, man muss auch was geben. Und das ist das Mindeste, das ich machen kann. Den Leuten einfach zu sagen, dass nicht immer alles nur schön ist und wir auf der Bühne feiern, sondern, dass es wirkliche Probleme gibt. Menschen, die echte Probleme haben, leiden oder denen Ungerechtigkeiten widerfahren. Vielleicht hilft es Leuten, die sonst keinen Zugang dazu haben in die Thematik reinzukommen, wenn ein Künstler, den sie feiern, so etwas postet. Damit ist auch schon ein bisschen was gewonnen.
MZEE.com: Findest du, dass Rap in Deutschland zu viel, gerade richtig oder zu wenig politisch engagiert ist?
Megaloh: Ich würde da nochmal zwischen der Musik, die man macht, und dem, was man als Künstler nach außen hin verkörpert, unterscheiden. Ich finde nicht, dass Rapper unbedingt politisch rappen müssen. Das muss man einfach können und ist eine schmale Gratwanderung, die auch nach hinten losgehen kann. Man kann schnell zu Preacher-mäßig wirken oder wie Lehrer Lämpel. Ich denke, es ist auf jeden Fall wichtig, außerhalb der Musik, die man macht, auch Statements abzugeben oder sich vielleicht sozial zu engagieren und mit der Aufmerksamkeit, die man als Person bekommt, auf solche Dinge hinzuweisen.
(Florence Bader & Laila Drewes)
(Fotos von Kai Bernstein)