Was für Angst vor den Berlinern? Ich kack' auf Sonny Black!
Wie heißt es so schön? "Totgesagte leben länger". Kay One will diesem Sprichwort wohl alle Ehre machen und meldet sich nach dem Begräbnis durch Bushido mit "J.G.U.D.Z.S." zurück: "Jung genug um drauf zu scheißen" – der Partyking vom Bodensee zeigt sich ignorant wie eh und je und streckt allen Zweiflern und "Erfolgsfans" ("Intro") den Mittelfinger entgegen. Mit allen Mitteln rappt er gegen den Shitstorm an, der seit "Leben und Tod des Kenneth Glöckler" gegen seine Person wütet. Raptechnisch hat Kay einiges auf dem Kasten, doch kann er auf Albumlänge überzeugen?
Wie gesagt: An der technischen Versiertheit Kays scheitert "J.G.U.D.Z.S." keineswegs. Beeindruckende Reimketten liefert der Rapper ebenso wie lupenreine Doubletimepassagen. Doch diese werden auf dem vierten Album des Ravensburgers schnell zum angenehmen Beiwerk eines sonst in allen Belangen schwächelnden Projekts. Inhaltlich hat die Platte, obwohl mit 19 Tracks vollgepackt bis oben hin, extrem wenig zu bieten. Die frechen Seitenhiebe gegen Ex-Mentor Bushido und Co. sorgen hier noch für die größte Unterhaltung. Ansonsten bewegt sich Kay zwischen schnöden Punchline-Tracks ohne große Überraschungen und anbiedernden Pop-Versuchen, die wohl explizit an seine RTL2-Hörerschaft gerichtet sind. Passend dazu wurde tief in der Plastikbeat-Kiste gekramt und möglichst unorganische Synthie-Schmonzetten an Land gezogen. Den Höhepunkt findet diese Herangehensweise auf "What happened last night" – einem erzwungenen Mainstream-Song par excellence. Beat und Struktur ganz eindeutig von Macklemores "Can't hold us" abgekupfert, bietet dieser Track mit simpelsten Party-Lyrics und einem stumpfen "Oh, oh, oh"-Chorus den Soundtrack für die anspruchslose Dorfdisco. Ernstzunehmende Rapmusik sieht definitiv anders aus.
Mit "J.G.U.D.Z.S." kehrt Kay One tatsächlich von den Toten zurück. Doch erscheint er nicht als geläuterter MC, der nun endlich sein wahres Können unter Beweis stellt. Stattdessen steigt Kay als Pop-Zombie mit ordentlich bedeutungsloser Plastikmusik im Gepäck aus dem Grabe. Als solcher beweist er, dass er sich weder verbessert noch weiterentwickelt hat. Kay One bleibt Kay One und so klingt auch seine Musik: technisch stark, aber ansonsten inhaltslos, platt und oberflächlich. Ob einem das reicht, bleibt jedem selbst überlassen. Zeitgemäßen oder innovativen Rap sucht man hier jedenfalls vergebens.
(Florian Peking)
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